Chapitre IX
Die Schwester potentiell einflussreicher Männer: Einige Exempla aus dem römischen Reich in der Kaiserzeit
p. 217-236
Résumé
La thèse de Ann-Cathrin Harders selon laquelle les mariages effectifs ou potentiels des sœurs constituaient la clé des relations entre frères et sœurs à Rome est confirmée par cette étude portant sur des témoignages d’époque impériale. Grâce à des mariages soigneusement calculés, les sœurs pouvaient accomplir des missions dans lesquelles d’autres membres de la famille auraient échoué ou n’auraient pas été adéquats. Elles remplissaient des rôles subsidiaires dans les devoirs funèbres, les représentations officielles, la perpétuation de la famille ou l’éducation des enfants. Octavia minor, la sœur d’Auguste, en offre l’exemple le plus frappant pour les familles de l’élite. De leur côté, les textes épigraphiques attestent la validité de cette thèse au sein des autres couches de la population.
Si le comportement d’un frère et d’une sœur ne correspondait pas au code moral imposé par la société ou éveillait simplement un soupçon en la matière, on risquait de se voir accusé d’inceste. Ce reproche fut certainement renforcé par la tendance de l’historiographie romaine à politiser le privé et à accentuer ce qui touchait au domaine de la sexualité. Les sources littéraires ont fait montre à ce sujet d’un intérêt tout particulier pour Caligula et ses sœurs. Pour le reste, l’historiographie examine sous un angle d’approche analogue les femmes en général et les tandems frère-sœur – spécialement lorsqu’une femme était mise en évidence en tant que sœur : les femmes (et les sœurs) étaient jugées compétentes pour la sauvegarde de la moralité et des normes, le maintien de la famille et de sa descendance. De ce fait, on pouvait mettre en lumière de façon exemplaire à travers elles la décadence à laquelle conduisait la rupture avec les valeurs stabilisatrices de la société.
Le cas de la reine de Judée Bérénice pourrait, en revanche, conduire à des considérations légèrement différentes, mais il convient d’étayer ce constat par une analyse plus approfondie.
Texte intégral
Einleitung
1Die Schwestern mächtiger Männer während der römischen Kaiserzeit zum Gegenstand eines Aufsatzes zu machen, mag vermessen erscheinen, liegt zur Thematik Schwestern in der römischen Gesellschaftdoch die ausgezeichnete, fundierte und in vieler Beziehung erschöpfende Dissertation von Ann-Cathrin Harders vor, in welcher die wichtigsten Aspekte der Bruder-Schwester-Beziehung in Rom behandelt werden – eine Neubearbeitung drängt sich gewiss (noch) nicht auf.1 Immerhin konzentriert sich Harders in ihrem Werk im wesentlichen auf die Republik, es bietet sich also die Möglichkeit, Harders’Geschichte in die Kaiserzeit hinein ein wenig fortzusetzen und das Publikum mit saftigen Hofintrigen, verwickelten Familiengeschichten oder edlen Frauenfiguren zu konfrontieren. Allein eine etwas gründlichere Durchsicht des Quellenmaterials zur iulisch-claudischen Epoche zeigt, dass es damals gar nicht besonders viele Bruder-Schwester-Verhältnisse gab oder jedenfalls nicht viele davon sichtbar werden, die für Verteilung, Lagerung und Einsatz politischer Macht eine bedeutende Rolle spielten: Ein Beziehung etwa ähnlich derjenigen, wie sie von Cesare und Lucretia Borgia erzählt wird, bietet Tacitus als wichtigster Historiograph der frühen Kaiserzeit nicht; auch andere Autoren bergen keine größeren oder gar unentdeckten Schätze, die sich für diese Thematik heben ließen.
2Unbestreitbar ist dabei, und Harders macht das ausreichend deutlich, dass das römische Geschwisterverhältnis viele Dimensionen aufwies: Rechtliche, emotionale, kulturelle, politische und wirtschaftliche zumindest, ihre Erforschung verlangt nach einem sorgfältigen und kritischen Umgang mit den literarischen und anderen Quellentexten und der Schreibmotivation ihrer Autoren, weil sich zeigt, dass das Auftreten von Schwestern meistens in Funktion zur Schilderung bestimmter Persönlichkeiten oder Ereignisse steht, diese selber in der Darstellung selten im Vordergrund stehen und kaum Eigengewicht bekommen – sie agieren nicht oder nur in Ausnahmefällen. Tacitus, Sueton und Cassius Dio oder auch Plutarch und Appian, um nur die wichtigsten Autoren zur Problematik zu nennen, verfolgen in ihren Geschichtswerken andere Interessen als Schwestern mächtiger Männer zu ihrem Recht kommen zu lassen.
3Ich werde im folgenden daher mehr oder weniger willkürlich einige wenige Bespiele herausgreifen, um mich der Thematik wenigstens anzunähern. Das ist ein eklektisches Vorgehen, das die Sache natürlich in keiner Weise auszuschöpfen und auch nicht zu einer These zu verdichten vermag, vielleicht aber ein paar Schlaglichter auf relevante Punkte zur Stellung von Schwestern nicht nur im engsten Zirkel der Macht werfen kann, sondern etwas allgemeiner die gegenseitige Beziehung von Schwestern zu Brüdern erhellen sollte. Zunächst möchte ich anhand zweier völlig zufällig ausgewählter Inschriften elementare Möglichkeiten des Verständnisses eines Geschwisterverhältnisses darlegen, danach auf eine Musterschwester im Kaiserhaus, nämlich Octavia, Schwester des Augustus, eingehen, ferner die eigenartige und wechselvolle Beziehung, die Caligula zu seinen Schwestern pflegte, diskutieren und schließlich auf den Inzest als eine mögliche Form eingehen, welche ein Schwester-Bruder-Verhältnis tatsächlich oder angeblich einnehmen konnte. Am Ende möchte ich Sie noch kurz in den Orient entführen, um einen kleinen Vergleich anzustellen.
Einige harmlose beispiele eines bruder-schwester-verhältnisses
4Die zuerst besprochene Inschriftist an sich relativ banal: Sie ist das Dokument einer Grablegung, die eine Schwester für ihren Bruder hat vornehmen lassen. Der Text sagt:
D(is) / M(anibus) / P(ublio) Aulio Memuso / Prittusa Liberi (coniunx) / fratri pientis / simo p(onendum) c(uravit) (auf deutsch nach Walsers Übersetzung): Den Manen. Dem Publius Aulius Memosus hat Prittusa, die Gattin des Liber, ihrem lieben Bruder [diesen Stein] setzen lassen).
5Der Stein wurde in Augst, also dem ehemaligen Augusta Raurica gefunden und befindet sich heute im Historischen Museum in Basel.2 Das Grab ist recht einfach gehalten: Schriftund Grabschmuck geben keinen soliden Anhaltspunkt für eine genauere Datierung als kaiserzeitlich. Die Namen Prittusa und Memusus sind gemäß Staehelin, dem Walser folgt, keltisch.3 Gerade die Schlichtheit des Grabes, die Fremdheit der Namen und die Parallelität zu anderen Gräbern zeigen aber doch wohl, dass man mit diesem Text in eine Normenwelt eintaucht, die für viele Bewohnerinnen und Bewohner von Augst und anderen römisch organisierten Städten selbstverständlich geworden war. Wir haben es mit Aufsteigern zu tun, die ihre keltische Herkunftzumindest zum Teil hinter sich gelassen und sich der römischen Welt angepasst und sich in diese mindestens partiell integriert haben. Für uns ist nun interessant, dass sich in diesem Fall eine Schwester verpflichtet fühlte, ihrem vielleicht unverheirateten, jedenfalls ohne Nachkommen verstorbenen Bruder die letzte Ehre zukommen zu lassen. Normalerweise besorgen dies je nach Umständen die Ehegatten, die Kinder oder andere Erben, die Freigelassenen oder die patroni, manchmal auch die Eltern. Dieses Dokument habe ich sehr zufällig ausgewählt, unter den Inschriften aus dem Schweizer Gebiet habe ich freilich keine weitere Schwester gefunden, die ihrem Bruder diesen Dienst erwiesen hätte. Dennoch wirkt der Text formelhaftund vertraut. Die Schwester springt in diesem Fall in die Lücke, die der Mangel an näher stehenden bzw. dem Toten stärker verpflichteten Verwandten hinterlassen hat. Die persönlichen Verhältnisse der Betroffenen sind uns natürlich unbekannt; ob die Prittusa ihrem Bruder in besonderer Weise angehangen hat, ist unklar, ob sich dieser ihr gegenüber besonders zuvorkommend verhalten hat, ebenfalls. Es ist aber zu vermuten, dass Prittusa als verheiratete Frau nicht oder nicht mehr unter der Tutel ihres Bruders stand und dass sie mithin auch versorgt, also wirtschaftlich nicht auf ihn angewiesen war. Die Charakterisierung des Toten als pientissimus ist gängig; sie kommt über das Reich hinweg sehr oftvor.
6Ich neige zu der Annahme, dass Prittusa hier – bewegt von welchen Gefühlen auch immer – einer familiären Pflicht nachkommt, die außer ihr offenbar niemand erfüllen kann, dass sie sich dabei einer in der römischen Welt gängigen Weise der Totenehrung befleißigt und sich keinerlei Originalität erlaubt. Die Schwester sorgt für die notwendigen Riten des Gedenkens an ihren vermutlich agnatischen Bruder und damit für die Überlieferung des Namens und die fortdauernde erinnernde Präsenz ihrer Herkunftsfamilie. Sie handelt zu Gunsten ihres Bruders als vielleicht letzte, einzige oder jedenfalls nächste Vertreterin ihrer Familie; sie übernimmt Aufgaben, die normalerweise Männern oblagen, ist aber als Schwester in diesem Fall voll handlungsberechtigt, handlungsfähig und auch handlungswillig. Ich vermute weiter, dass dies auf Akzeptanz stieß, dass die gesellschaftliche Umwelt der romanisierten Prittusa in dieser Grabsetzung nichts Anstößiges sah.
7Ich komme zu einem zweiten, ebenfalls völlig willkürlich gewählten Text, der das Bruder-Schwester-Verhältnis auch auf kaum verfängliche Weise beleuchtet. Der Text stammt aus Aquileia, ist wie der eben Besprochene sicher kaiserzeitlich, lässt sich chronologisch aber auch nicht weiter eingrenzen. Er lautet:4
Arkaia Tertia, Tochter des Gaius, die Gattin. Maxuma, die Tochter des Lucius, die Mutter. Statia Alfia, die Tochter des Lucius, die Schwester. Secunda Caesia, die Tochter des Marcus, die Schwester. Gallia Caesia, die Tochter des Marcus, die Schwester. Lucius Alfius Statius, der Sohn des Lucius, (hat dieses Grabmal) für sich, die Seinen und die Freigelassenen (errichtet), als er noch lebte. Der Ort hat in der Breite 16, in der Tiefe 20 Fuß. Dieses Grabmonument geht nicht an den Erben über.5
8Hier wird eine Großfamilie sichtbar, die wahrscheinlich von der Bautätigkeit des Lucius Statius Alfius lebte. Die abgebildeten Werkzeuge legen jedenfalls einen solchen Beruf nahe.6 Der Clanchef sorgt für das Begräbnis seiner gesamten Familie: Seine Mutter und seine Gattin werden mit ihm begraben, aber auch seine drei Schwestern kommen offensichtlich in dasselbe Grabmal. Bemerkenswert ist dabei, dass deren zwei – vermutlich die jüngeren7 – von einem anderen Vater abstammten als er selbst und auch als die erstgenannte Statia Alfia, die gemäß der Namensgebung denselben Vater hatte wie der Grabherr. Ihr Vater hieß vermutlich Lucius Statius Alfius, während die beiden anderen Schwestern die Mutter Maxuma zwar mit ihnen gemeinsam hatten, doch deren Vater war, mutmaßlich ein Marcus Caesius, wenn wir den Usancen römischer Namensgebung vertrauen dürfen. Wieso die Mutter zwei Ehemänner hatte, bleibt ganz unklar. Von weiteren Verwandten wissen wir nichts und können aus dem Text auch keine weiteren Rückschlüsse dazu ziehen: Wer die vom Grab ausgeschlossenen Erben waren, lässt sich nicht ermitteln; das können Kinder, Neffen, Nichten des Statius oder Nachkommen der im Text ebenfalls erwähnten Freigelassenen oder ganz andere Leute gewesen sein. Plausibel, wenngleich nicht zu beweisen ist immerhin, dass die Schwestern des Alfius ledig (célibataire) blieben; vielleicht war er ihr Tutor. Er fühlte sich durch seine familiale Nähe jedenfalls veranlasst, für ein angemessenes Begräbnis nicht nur seiner selbst sowie seiner Gattin und Mutter, wozu er ohnehin verpflichtet gewesen sein dürfte, sondern auch seiner nahen und möglicherweise sonst unbetreuten Schwestern zu sorgen. Dabei ist kaum ein Unterschied zwischen der Statia Alfia, seiner‚ vollen’Schwester und seinen Halbschwestern zu spüren. Allenfalls der Umstand, dass erstere vor den beiden anderen aufgeführt wird, zeigt eine leise Hierarchisierung, aber das kann auch mit Alter der Betroffenen zusammenhängen. Der Hauptverantwortliche für das Grab legt freilich ein gewisses Gewicht auf die Kennzeichnung des verwandtschaftlichen Verhältnisses, das die hier mit ihm Beerdigten zum ihm hatten: die sorores standen deutlich unter der uxor und der mater. Die Fürsorgepflicht, cura, erstreckte sich möglicherweise nicht nur auf die Grabbesorgung, sondern auch auf den Lebensunterhalt der drei Damen. Statius Alfius war wohlhabend, das kann zumindest der schönen Ausarbeitung und der Dimension des Grabsteins entnommen werden; als Bauunternehmer konnte man vermutlich schon in römischer Zeit gutes Geld verdienen.
9Was zeigen uns die beiden Inschriften, die durchaus durch weitere, wenn auch nicht sehr zahlreich, ergänzt werden könnten? Zunächst scheint es eine gegenseitige Erwartung gegeben zu haben, dass sich Brüder und Schwestern bei der Totenehrung unterstützten. Dies galt aber informell und subsidiär, also für den Fall, wenn näher stehende Erben ausfielen; man dient – drastisch gesagt – als Lückenbüsser. Man hält sich dabei wie selbstverständlich an die üblichen Rituale, Formen und Formeln, weist sich als frater bzw. soror aus. Inwieweit dabei affektive Bindungen im Spiel sind, lässt sich nicht sagen. Wir finden im Wesentlichen einen kulturellen Horizont und Werte bestätigt, die auch für Grablegungen unter anderen verwandtschaftlichen Voraussetzungen zum Tragen kommen. Im Ganzen bildet dieses normengeleitete Verhalten eine Folie für das, was ich im Folgenden zu historisch prominenteren Geschwisterpaaren sagen kann.
Octavia, schwester eines triumvirn und des ersten kaisers: die musterschwester?
10In unserer Betrachtung von Schwestern mächtiger Herren darf Octavia, die Schwester Octavians bzw. des Augustus nicht fehlen, selbst wenn sie eine der meist betrachteten und bestbekannten Schwestern der römischen Geschichte überhaupt gewesen sein dürfte und deswegen viel Originelles zu ihr kaum zu Tage gefördert werden kann. Sie tritt in der historiographisches Literatur im Wesentlichen als Produkt der brüderlichen Propaganda in Erscheinung.8 Dabei sind zwei Phasen zu unterscheiden: zum einen die Zeit des Triumvirats bis zur Schlacht von Actium, als es für den jungen Caesar bzw. Octavian um die Durchsetzung gegen mehrere innere Rivalen ging, zum anderen die Zeit des beginnenden Prinzipats, als die militärisch errungene Macht politisch behauptet werden musste. In beiden Phasen wies die Politik des Caesarerben durchaus eine dynastische Komponente auf, in der seine Familie und von dieser gerade seine Schwester Octavia minor (die bei Sueton Aug., 3.4, erwähnte Halbschwester Octavia maior scheint später kaum eine Rolle gespielt zu haben) wichtige Funktionen zukamen. Die etwa um 69 v. Chr. geborene Octavia wurde zunächst, wohl 54 v. Chr., mit einem Mitglied der Nobilität, C. Claudius Marcellus, Cos. 50 und Pompeianer, verheiratet; für ihren Bruder war daran später hauptsächlich die der Ehe entsprossene Nachkommenschaftinteressant. Zwei Episoden während der Bürgerkriegszeit können bezeugen, dass Octavia für ihren Bruder wohl damals schon keine unwichtige Bezugperson war:9 Zunächst scheint der Senat im Sommer 43 angesichts der drohenden Haltung Octavians gegen die republikanischen Instanzen gedroht zu haben, Octavia zusammen mit ihrer Mutter als Geisel zu nehmen; dies misslang, veranlasste den Bruder laut Appian aber zu nοch rascherem Handeln als ohnehin vorgesehen. Octavian wollte und konnte nicht riskieren, dass die beiden Damen ihn erpressbar machten: Inwieweit allerdings mehr als politische Notwendigkeit hinter seinem Verhalten steckte, lässt sich nicht ermessen.
11Octavia wurde dann in der Proskriptionszeit gemäß Appian10 Ansprechsperson für Bittstellerinnen, die die exorbitante Steuerlast, welche die Triumvirn der Bevölkerung auferlegten, lindern wollten. Wenn wir Cassius Dio11 glauben wollen, verschaffte überdies sie einer gewissen Tanusia, deren Gatte Titus Vinius proskribiert war, Zugang zu Octavian, damit diese ihre Bitte um Begnadigung vorbringen konnte, womit sie schließlich Erfolg hatte. Die Schilderungen beider Episoden dienen, auch wenn sie von zwei verschiedenen Autoren stammten, dazu, Octavian von den beiden anderen Triumvirn als weniger grausam und fairer abzuheben. Sie dokumentieren freilich auch eine Überlieferung, welche Octavia Einfluss auf ihren Bruder zutraut: Octavia wird in diesen beiden Fällen als aktiv Handelnde, die mit ihrem Vorgehen etwas bewirkt, und nicht einfach als Funktionsträgerin im Interesse ihres Bruders dargestellt. Sie ist eine Person im engeren Umfeld eines Mächtigen, die diese Beziehung für einen, wie es sich für Frauen geziemt, schonungsvolleren, – wenn Sie wollen – weicheren Umgangs mit Menschen in Bedrängnis nutzte. Das Ziel ihres Tuns kann damit wohl als normengerecht bezeichnet werden.
12Im weiteren Verlauf der politischen Auseinandersetzung bis Actium diente Octavia ihrem zunächst noch sehr jungen und damit (zumindest bis 39 v. Chr.) kinderlosen Bruder als Bindeglied zum wichtigsten Partner oder Kontrahenten in den Machtkämpfen, die noch durchaus zwischen untereinander gleichzeitig verbandelten wie verfeindeten Häusern ausgetragen wurden. Auf, wie es scheint, vielfältigen Druck wurde Octavia im Jahre 40 mit Antonius verheiratet, nachdem ihr erster Mann Marcellus praktischerweise soeben verstorben war. Diese Ehe sollte die Aussöhnung der beiden Machthaber besiegeln und ihre immer etwas prekäre Beziehung stabilisieren. Die Verbindung wurde dementsprechend propagandistisch ausgewertet. Das beste Zeugnis hierfür sind die Münzserien, die Αntonius in den Jahren 39 und 38 im Ostteil des Reiches prägen ließ. Es seien nur ein paar wenige Beispiele dafür erwähnt. Ein besonders charakteristischer Aureus zeigt auf dem Avers jeweils Antonius mit Titulatur und auf der Rückseite ebenfalls im Profil seine Gattin Octavia, deren Name freilich nicht genannt wird. Es handelt sich um eines der frühesten Frauenporträts auf Münzen überhaupt, vermutlich verfolgte der Prägeherr Antonius damit durchaus auch dynastische Absichten; zweifellos aber wurde die Harmonie zwischen den Eheleuten und damit auch zwischen den Häusern unterstrichen, denen sie angehörten. Die politische Botschaftwar eindeutig und dürfte dem Zielpublikum, höheren Offizieren in den Heeren, Adligen, städtischen Eliten12 durchaus willkommen gewesen sein: Die wichtigsten Machthaber handelten nach dem eben beendeten Perusinischen Krieg im Einklang und waren bereit, etwaige Differenzen auf gewaltfreiem Weg zu lösen. Die öffentliche Darstellung reagierte vielleicht auch darauf, dass die Ehe laut Cassius Dio13 nicht einfach in privaten Rahmen ausgehandelt worden sei, sondern von breiten Kreisen, insbesondere der stadtrömischen Bevölkerung gefordert und begrüßt worden war. Man konnte folglich sozusagen die Erfüllung des Verlangten dokumentieren.14
13Diese Harmonie scheint eine Zeitlang in der Tat zwischen Antonius und Octavia geherrscht zu haben, jedenfalls wissen die Geschichtsschreiber, allerdings ohne auf viele Details einzugehen, von einem Leben in Eintracht, das in Athen geführt worden sei.15 Dennoch verhinderte dies nicht, dass neue Konflikte aufbrachen. Das Zustandekommen des Vertrags von Tarent zeigt Octavia aktiv in der Funktion der Brückenbauerin, die ihr durch die Eheschließung mindestens symbolisch zugedacht worden war. Laut der Überlieferung war sie maßgeblich an den Verhandlungen beteiligt und soll am Ende noch für Nachbesserungen, die den beiden Kontrahenten je dienlich waren, gesorgt haben.16 Sie wird als Dame gezeigt, die es fertig bringt, sowohl im Interesse des Bruders auch des Ehemannes zu handeln. Über Einzelheiten müssen wir hier nicht sprechen. Doch wie entscheidend ihre Rolle tatsächlich war, ist fraglich. Die Interessenlagen sowohl Octavians auch des Antonius legten ihnen nahe, sich noch einmal zu verbünden, hatten sie doch beide in ihren jeweiligen Machtbereichen dringende Aufgaben zu erledigen, die eine direkte Konfrontation verboten: Octavian hatte nach wie vor Sextus Pompeius im Nacken, Antonius suchte Ruhm im Krieg gegen die Parther. Octavia hat womöglich nur eine ohnehin in den Umständen angelegte Disposition verstärkt, quasi Geburtshelferin gespielt. Die außergewöhnliche Rolle einer Frau in wichtigen politischen Geschehnissen war hingegen für die Historiographie – und vielleicht vorgängig schon für die augusteische Propaganda – eine willkommene und attraktive Geschichte, die entsprechend gesteigert wurde.
14Spätestens jetzt wurde Octavia zum Gegenstand octavianischer oder augusteischer, jedenfalls brüderlicher Propaganda. Die von Plutarch bis Cassius Dio mehr oder weniger antoniuskritische Überlieferung zeigt nämlich einen Antonius, der Octavia in Italien zurückließ und sich Kleopatra in die Arme warf, obwohl jene, wie Plutarch in seiner Antonius Biographie17 betont, laut Augenzeugen der ägyptischen Königen an Jugend und Schönheit in nichts nachstand. Während sich also Roms höchster Beauftragter im Reichsosten in Ägypten unziemlich vergnügt haben soll, führte seine Gattin in Rom das Leben einer mustergültigen Ehefrau, die vorbildlich zu den gemeinsamen (und weiteren) Kindern schaut und den Hausstand in Ordnung hält. Das änderte sich auch nicht, als Octavia im Jahre 35 Antonius Truppen zuführte, die ihn in einem erneuten Partherkrieg zu Dienste sein sollten. Sie wurde nämlich geheißen, ihm die Truppen und sonstige Ressourcen zu schicken, selber aber in Athen zu bleiben.18 Ob Octavia in eigener Initiative und eigener Agenda, aber mit Billigung des Bruders handelte oder ob dieser sie mit einer eher bescheidenen Truppenzahl zu Antonius schickte, weil er dessen Reaktion voraussah oder gar provozieren wollte, ist in der Forschung umstritten; man zweifelt aber nicht an ihrer Bereitschaft, erneut eine Versöhnung zwischen Bruder und Gatten zu suchen. In Rom zurück wohnte sie weiterhin in Antonius’Haus und weigerte sich sogar, dort auszuziehen, als Octavian sie dazu aufforderte. Gemäß Plutarch nahm sie in Rom Interessen ihres Gatten wahr, empfing dessen Gäste und‚ “unterstützte sie bei Octavian”.19 Sie gab also nach wie vor die pflichtbewusste Ehefrau, selbst wenn sie dafür einen Konflikt mit ihrem Bruder riskierte. Das hinderte diesen freilich nicht daran, Octavia zusammen mit seiner Ehefrau Livia die sacrosancitas zu verleihen, ihnen Standbilder zu geben und sie für sui iuris zu erklären.20 Das ist Ausfluss einer dynastischen Politik, die die wichtigsten weiblichen Personen im Umfeld des Triumvirn mit für Frauen außergewöhnlichen, aber aus der römischen Tradition herauswachsenden Privilegien versieht, indessen – im Falle der Schwester – auch hervorheben kann, dass der Bruder Octavia wesentlich besser behandelte als der eigentlich verantwortliche Gatte. Nach Plutarch (Ant., 54) verlor letzterer wegen seines schnöden Verhaltens ihr gegenüber viel Popularität bei der römischen Bevölkerung.21
15Den Scheidebrief des Antonius, das ist von der Forschung hinreichend geklärt, erhielt Octavia aber erst, nachdem die Auseinandersetzung zwischen Gatten und Bruder unausweichlich schien. Weder sie noch Kleopatra waren der eigentliche Grund für den wieder aufflammenden Bürgerkrieg, sondern sie waren lediglich von der einseitig überlieferten Propaganda vereinnahmte Symbole der Auseinandersetzung, die für den selbst stilisierten Traditionalisten Octavian einem Gegensatz zwischen römischer Gradlinigkeit und orientalischer Dekadenz entsprang.
16Nach der Installierung des Prinzipats war Octavia für den kaiserlichen Bruder in zweierlei Hinsicht interessant. Sie war die Mutter des zunächst einzigen blutsverwandten und deswegen naheliegenden Nachfolgekandidaten Marcellus und sie konnte als Mitglied der führenden Familie zu deren Imagesteigerung Einiges beitragen. Die Quellen, die über Octavia nach 31 merklich weniger zu berichten wissen als bis zu diesem Zeitpunkt, insinuieren, dass sie das ruhige Leben einer gut gestellten Mutter geführt und sich der Kindererziehung und wohl auch den Künsten gewidmet hat. Mehrere Bauten soll sie gestiftet und damit zur Repräsentation des brüderlichen Regimes in der Stadt und im Reich beigetragen haben; auf Einzelheiten kann ich nicht eingehen. Nach ihrem Tod im Jahre 11 oder 10 v. Chr. hielt der Princeps persönlich die Leichenrede und nahm damit die gerade in der iulischen Familie gepflegte Praxis wieder auf, wonach auch bedeutende Frauen von ebensolchen Nachkommen im Leichenbegängnis gewürdigt wurden. Bestattet wurde sie im Mausoleum Augusti neben ihrem Sohn und erhielt eine einfache Grabinschrift, die sie als Schwester Augusti Caesaris kennzeichnet.22
17In der Tat ist von den Rollen, die Octavia in ihrem Leben einnahm, nämlich Großnichte (des alten Caesar), zweifache Ehefrau, fünffache Mutter, Stiefmutter, Vermittlerin in politicis und Schwester, die letzte diejenige, die in den Quellen bei weitem dominiert. Octavia wird in Literatur, aber auch in den Inschriften praktisch ausschließlich aus der Perspektive des Triumvirs und Princeps beleuchtet. Sie ist deswegen auch überwiegend in Funktion von dessen Interessen gesehen, zum Beispiel bei der Heirat mit Antonius, bei der Verleihung von Ehrungen, bei der Nachfolgeregelung, simpel gesagt, bei der triumviralen und imperialen Familienpropaganda. Wenn Augustus ein Leben lang ein Schauspiel bestritten hat,23 ist mit Octavia (fast mehr noch als mit der Livia) die Rolle der Mustermatrona besetzt worden. Dennoch scheint sie nicht bloßes Verschiebeobjekt ihres Bruders gewesen zu sein: Sie riskierte einen Konflikt mit ihrem Bruder, versuchte mehrfach – davon mindestens einmal erfolgreich – zwischen den beiden wichtigsten Männern in ihrem Leben zu vermitteln und hatte sich namentlich während der frühen Proskriptionszeit bei Octavian auch für Anliegen anderer Oberschichtsangehöriger eingesetzt. In diesen Fällen wird sie als selbständig handelnde Figur gezeigt, doch ihr Kontext zeigt, dass das Risiko, die politische Agenda des Bruders ernsthaftzu gefährden, gering war. Es ging darum ihre Ehe zu retten, wie es sich für eine standfeste Römerin gehörte, oder sie betrieb eine schonungsvollere Behandlung politischer Kontrahenten, wie es einer Frau eher zustand als einem Mann. Die Überlieferung präsentiert sie also als durchwegs positive Persönlichkeit, die im Wesentlichen im Interesse altrömischer Werte agiert; damit passt sie natürlich bruchlos in das Programm ihres kaiserlichen Bruders.
Caligula und seine schwestern
18Man kann schlicht deswegen nicht umhin von Octavia zu sprechen, weil sie nämlich eine der wenigen Kaiserschwestern war, die es in iulisch-claudischer Zeit überhaupt gab: Tiberius und Nero hatten keine agnatische Schwester, Claudius’Schwester Livilla wird lediglich erwähnt, um ihren Bruder schlecht zu machen24 und war während dessen Regierungszeit schon mehrere Jahre nicht mehr am Leben. Lediglich Caligula hatte Schwestern, die in der Öffentlichkeit als solche in Erscheinung traten. Davon ist jetzt kurz zu sprechen.25
19Gaius Caligula war der jüngste Sohn des Germanicus und der Agrippina maior. Seine beiden älteren Brüder, Nero und Drusus, kamen während der Regierungszeit des Tiberius ums Leben, seine Schwestern waren Drusilla, Iulia Livilla und Agrippina minor. Ich beschränke mich darauf, die Phase während seines kurzen Kaisertums zu betrachten, unter anderen weil aus der Zeit vorher kaum etwas über das Verhältnis Caligulas zu seinen Schwestern bekannt ist.26
20Bald nach Herrschaftsantritt erließ Caligula mehrere Ehrungen für Familienmitglieder, unter anderem erhielten die drei Schwestern die Rechte von Vestalinnen, durften zukünftig die Spiele aus der Loge des Kaisers verfolgen und wurden in Gebeten und Huldigungseiden an den Kaiser erwähnt.27 Die Vestalin war sui iuris und hatte Zeugnisrecht vor Gericht, war aber hauptsächlich ein Symbol für die Sittlichkeit; inwieweit Caligula mit dieser Auszeichnung der Großmutter Antonia und der Schwestern darauf abheben wollte, können wir nicht wissen, es ging wohl eher um eine generelle Hervorhebung und Sichtbarmachung der kaiserlichen Damen vor den übrigen Römerinnen. Ausdrucksstarkes Zeugnis der Bedeutung, die der junge Kaiser seinen Verwandten verlieh, sind einige Sesterzen aus den Jahren 37 oder 38, die neben Gaius selber auf der Vorderseite auch Agrippina minor, Drusilla und Iulia Livilla auf der Rückseite zeigt. Ihre Prägung erfolgte auf der Basis eines senatus consultum, wurde aber zweifelsohne nach dem Willen des Kaisers gestaltet. Die Schwestern werden namentlich genannt und sie haben göttliche Attribute: Die Agrippina verkörpert die securitas, Drusilla die concordia und Iulia Livilla schließlich die fortuna. Die Überhöhung der Schwestern dient hier politischer Programmatik, welche die Sorge des Kaisers für das Wohl seiner Untertanen betonen soll, und gleichzeitig der Verankerung der Angehörigen der Dynastie in deren Köpfen der Reichsbevölkerung. Frauen auf Münzen waren damals nichts Neues, wie gerade das eben besprochene Beispiel der Octavia zeigen kann. Bislang waren es allerdings neben Göttinnen vornehmlich Mütter oder Ehefrauen, die von den jeweiligen Prägeherren porträtiert wurden. Wenn Caligula seine Schwestern so prominent hervorhob, dürfte er damit auf den Umstand reagiert haben, dass er selbst unmittelbar nach Herrschaftsantritt noch keine Nachkommen hatte: Sie waren also seine nächsten und vertrautesten Verwandten, auf die er vorderhand zurückgreifen musste, wenn er die imperiale Macht in seiner cognatischen Verwandtschafthalten wollte. Ob er wirklich daran geglaubt hat, seine älteste und – wie gewisse Autoren meinen – liebste Schwester Drusilla zusammen mit ihrem Gatten Lepidus als seine Nachfolger beliebt machen zu können, lasse ich offen. In Caligulas Fall hatten jedenfalls die Schwestern eine überragende dynastische Bedeutung, schlicht weil sie – vorderhand jedenfalls – alternativlos waren. Nur mit ihnen konnte er Familienpolitik betreiben und Kontinuität versprechen. Dass er sich mit der anfangs pfleglichen Behandlung seiner Schwestern wie auch seiner übrigen Verwandten positiv von dem unzugänglichen, unbeliebten und als grausam verschrieenen Vorgänger Tiberius abgrenzen konnte, war gewiss nicht unerwünscht. Dieses Vorgehen, die Einspannung der Schwester in eine dynastische Politik, hatte durchaus rationale Gründe, wenn die Festigung der eigenen Herrschaftund der Kontinuität des iulisch-claudischen Hauses ein Ziel war; daran ist aus meiner Sicht (noch) nichts Überspanntes festzustellen.28
21Doch die Sache war ambivalent: Bis zum frühen Tode der Drusilla im Jahre 38 n. Chr. lief die Propagierung der Familie wie geplant. Nach Cassius Dio (59.11.1f.) wurde die Bestattung der Drusilla gar zu einem Höhepunkt der brüderlichen Exaltation: Die Verstorbene bekam ein Staatsbegräbnis, der Gatte Lepidus und der Kaiser selbst hielten Leichenreden, sie wurde unter die Göttinnen versetzt, wurde mit Tempel, Priesterschaft, Standbild und Festen gewürdigt, in der Kurie wurde eine goldene Statue von ihr aufgestellt und einiges mehr: Die Bedeutung dieser Schwester und damit der imperialen Familie wurde bis ins Unerträgliche zelebriert. Allein: der innerfamiliäre Friede hielt nicht lange an: Der Ehemann der Drusilla, M. Aemilius Lepidus, dessen Familie mit dem Kaiserhaus mehrfach matrimonial verbunden war, wurde 39 n. Chr. beschuldigt, sich gegen Caligula verschworen und mit beiden Schwägerinnen, also Iulia Livilla und Agrippina, verkehrt zu haben. Er wurde hingerichtet und die beiden Damen wurden auf die Pontianischen Inseln verbannt.29 Ich kann auch hier nicht auf die Einzelheiten eingehen. Wichtig ist, dass Lepidus zuvor eng mit Caligula befreundet gewesen war; ihm war anscheinend dessen Nachfolge versprochen worden. Er soll sogar – nicht anders als seine Gemahlin – Geliebter des Kaisers gewesen sein. Dass er sich mit beiden Kaiserschwestern eingelassen hat, war daher nicht nur für ihn selber, sondern auch für den Princeps äußerst gefährlich: Eine nicht autorisierte Beziehung seiner nächsten Verwandten mit einem potentiellen Prätendenten war für den Kaiser potentiell explosiv, konnten diese doch etwaige Ansprüche dynastisch legitimeren. Agrippina und Livilla waren so gesehen auch eine Gefahrenquelle für den Princeps, wie jede andere Kaiserschwester, die allzu selbständig zu handeln unternahm, auch. Der Kaiser musste sie also an die kurze Leine zu nehmen versuchen und sich jedenfalls ihrer Loyalität versichern. Ob er allerdings wirklich Grund gehabt hatte, seinen beiden überlebenden Schwestern zu misstrauen, oder ob er völlig willkürlich handelte, ist in unserem Zusammenhang zweitrangig. Die Geschichte zeigt, dass Schwestern auch zu einer Art Schwachstelle eines Régimes werden konnten, wenn die innerfamiliäre und die politische Autorität des Oberhaupts nicht mehr uneingeschränkt anerkannt und der Zusammenhalt der Familie gefährdet war. Es ist allerdings dazu auch zu sagen, dass von den Kaiserschwestern keine direkte Gefährdung des Imperators ausgehen konnte, weil sie ja selber nicht herrschen konnten: Sprengkraft gewann ihre Position, wenn sich mit einem plausiblen Kandidaten zusammentaten wie in es in diesem Fall von Agrippina und Lepidus gesagt wird. Trifft der Verschwörungsvorwurf historisch zu, hat Caligula im Übrigen auch in diesem Fall im Interesse seiner Herrschaftlogisch gehandelt: Der Prätendent wurde hingerichtet, die Schwestern isoliert, so dass sie keine Verbindungen mehr nach Rom knüpfen konnten und sie alsο keine Gefahr mehr bildeten.
22Der Ende der Beziehung Caligulas zu seinen überlebenden Schwestern ist von Sueton (Cal., 59) dann merkwürdig versöhnlich dargestellt: Nach dem Tode des Caligula übernahmen sie – zurückgekehrt in Rom – die Pflicht, die Überreste ihres Bruders ordnungsgemäß zu bestatten. Sie handeln damit pflichttreu und traditionskonform und bestätigen den römischen Wertehaushalt, wie es gerade Frauen häufig obliegt.
Der inzestvorwurf
23Bemerkenswert an der Beziehung Caligulas zu seinen Schwestern ist freilich noch etwas Weiteres: er wird nämlich in der Geschichtsschreibung, etwa von Sueton (Cal., 24) oder Cassius Dio (59.3-4), bezichtigt, mit allen drei Schwestern Geschlechtsverkehr gehabt, also inzestuöse Beziehungen aufgenommen zu haben. Natürlich dient dieser Vorwurf zunächst der Betonung der hemmungslosen sexuellen Gier, der Caligula nachgelebt habe, und damit auch der Bestätigung der grenzenlosen Normenverletzungen, die er sich hat zuschulden kommen lassen. Er ist in gewissem Sinne topisch, wie mehrere weitere Vorfälle in der Überlieferung zeigen.
24Es gibt, wie gesagt, nicht allzu viele Geschwisterpaare, die in der historiographischen Literatur zur frühen Kaiserzeit erwähnt werden. Inzest ist freilich bei einem nicht zu vernachlässigenden Anteil davon ein Thema.30 Neben Caligula werden Iunius Silanus und seiner Schwester Iunia Calvina blutschänderische Beziehungen nachgesagt,31 ebenso Domitius, dem Vater des Kaisers Nero, mit seiner Schwester Lepida.32 Neben tabuisierten Geschwisterbindungen kommen angebliche weitere unerlaubte Beziehungen zwischen Verwandten in den Fokus, darunter diejenige Kaiser Claudius’mit seiner Nichte Agrippina der Jüngeren oder Lepidas mit ihrem Neffen Silanus, den Nero vernichten wollte.33 Außer im Falle des Claudius geht es bei den Anschuldigungen, die in den Werken verschiedener Autoren greifbar sind, nicht um die juristische Übertretung eines Eheverbots, sondern um Blutschande, also die Missachtung eines sexuellen Tabus, was natürlich eng zusammenhängt, aber dennoch nicht ganz dasselbe ist. Sie werden auch kaum je isoliert vorgebracht, sondern stehen im Kontext weiterer recht unterschiedlicher Anklagen, die nach dem Bericht der diversen hier einschlägigen Historiker laut wurden, um die betroffenen Menschen zu diskreditieren und zu vernichten.
25Bei der Analyse dieser hier nur sehr knapp angetönten Inzestbeziehungen ist zwischen drei Ebenen zu unterscheiden: zunächst der Überlieferungsebene, also dem, was die Geschichtsschreibung darüber erzählt, dann dem, was in der berichteten Zeit an Gerüchten, Verleumdungen und Behauptungen in einem mehr oder weniger großen Kreis der Gesellschaftkursierte, und schließlich dem, was allenfalls tatsächlich vorgefallen ist. Ich kann hier nur kurze Andeutungen der Interpretation geben.
26Ich behaupte, dass wir zur letztgenannten Ebene so gut wie nichts sagen können. Es mag allenfalls sein, dass sich Caligula und Drusilla sehr nahe kamen, jedenfalls soll der kaiserliche Bruder sich laut Cassius Dio34 zum Iuppiter stilisiert und daraus das Recht abgeleitet haben, mit seinen Schwestern zu schlafen, sich also selbst der Sache gerühmt haben. Dieser Text ist aber spät und, soweit ich sehe, ohne Parallele und verdächtig, zu den Abrechnungen zu gehören, denen Caligula nach seiner Ermordung und damnatio memoriae unterworfen war. Ιn den übrigen Fällen haben wir keine Möglichkeit, die Inzestvorwürfe konkret zu überprüfen, da die betreffenden Äußerungen meist nur von einem Autor stammen, damit vereinzelt dastehen (die Ausnahme ist wiederum Caligula) und also keine unabhängige Überlieferung vorhanden ist.
27Dass es aber solche Bezichtigungen gegeben hat, diese also nicht einfach eine Erfindung oder Konstruktion der Geschichtsschreibung sind, scheint mir freilich plausibel. Im kaiserzeitlichen Rom war es schwierig und riskant, eine offene politische Debatte zu führen, Gegner wurden eher mittels Verleumdungen, Andeutungen, Gerüchten oder Intrigen bekämpft. Vermeintlich deviantes sexuelles Verhalten, das leicht anzuschwärzen, aber schwer zu belegen war, konnte durchaus eines der Mittel sein, einen Kontrahenten in Misskredit zu bringen. Die Politik war personalisiert, die Trennung zwischen privatem und politischem Bereich war im aristokratisch geprägten Rom ohnehin nicht sehr ausgeprägt. Für den Fall, dass sich Verwandte, in unserem Zusammenhang also Schwester und Bruder, erkennbar zugeneigt waren, lag es also nicht fern, ihnen, wenn man sie denn angreifen wollte, unerlaubte sexuelle Beziehungen nachzusagen. Das hatte den Vorteil, auf allgemeine Neugier stoßen zu können, auf Abweichungen von Moralvorstellungen zu zielen, wogegen eine Verteidigung anspruchsvoll war, und in einen Bereich vorzudringen, der für die öffentliche Einschätzung einer Person zwar als enorm relevant betrachtet wurde, der aber schwer einsehbar und gerade deswegen offen für allerlei “böse” Vermutungen war. Im Verein mit weiteren Anschuldigungen wurde Persönlichkeiten mit Hinweis auf ungebührliches privates und hier speziell sexuelles Benehmen angreifbar gemacht. Enge Schwester-Bruder-Beziehungen, gleichgültig welcher Art sie waren, konnten also vor diesem Hintergrund für hochgestellte Persönlichkeiten ein Risiko enthalten; wie groß dieses war, lässt sich schwer abschätzen, da, wie eingangs gesagt, Schwestern historiographisch nur selten erscheinen, die Datenbasis folglich nur schmal ist. Die antiken Historiker werden primär spektakuläre Fälle und solche, die Kaiser betreffen, aufgegriffen haben; repräsentativ sind sie auch in diesem Punkt gewiss nicht.
28Die römische Geschichtsschreibung moralisiert bekanntlich: Für sie ist deswegen eine Sexualisierung ihres Gegenstands von Interesse, weil sie daran, wie es besonders Tacitus anstrebt, die Verkommenheit der Verhältnisse, d. h. für unser Thema: der Monarchie bzw. einzelner Herrscher zeigen kann. Inzestuöse Beziehungen sind, wenn sich aus der Überlieferung eine entsprechende Konstellation ergibt, dafür gewiss besonders ergiebig. Die Schwestern, die wir bisher großenteils als familienstützend und normenwahrend vorgestellt bekommen haben, sind in solchen Fällen als familienzersetzend und normentransgredierend dargestellt.
Ein orientalisches gegenbild? Berenike, schwester von Herodes Agrippa II
29Auf eine weitere angeblich inzestuöse Beziehung macht uns von römischer Seite her die 6. Satire Iuvenals aufmerksam. Er nennt in Vs. 158 eine gewisse Berenike (bei ihm Beronice) die incesta soror des barbarus Agrippa.35 Diese Berenike war den Römern als Geliebte des späteren Kaisers Titus bekannt;36 sie war Jüdin, Tochter des Agrippa I., Sohn des Aristobulos, der seinerseits von Herodes und Mariamme entstammte, und damit war sie eine Urenkelin des Herodes d. Gr. Sie scheint zunächst Marcus, den Bruder von Tiberius Alexander, und dann ihren Onkel Herodes, König von Chalkis, geheiratet zu haben. Nach dessen Tod im Jahre 50 trat ihr Bruder seine Nachfolge an, wurde aber später König von Gebieten in Syrien, dem Libanon und Galiläa. Ihm oblag es auch, den Hohepriester in Jerusalem zu ernennen. Bei mehreren Gelegenheiten sehen wir das Geschwisterpaar gemeinsam auftreten, unter anderem beim Verhör des Apostels Paulus in Jerusalem vor dem römischen Statthalter.37 Überdies bemühten sich beide im Vorfeld des jüdischen Aufstandes von 66-70 n. Chr. mäßigend auf den römischen Statthalter Florus38 und beschwichtigend auf die jüdische Bevölkerung in Jerusalem einzuwirken.39 Dort besaßen sie gemeinsam ein Haus oder einen Palast, und auch in Galiläa hatten sie zusammen Eigentum, das von einem gewissen Ptolemaios als Verwalter betreut wurde.40 Sie sind auf einer Dankinschrift der Kolonie Berytus als Nachfahren des Herodes hervorgehoben,41 ferner ist eine Weihung für Agrippa II. (Μάρκου Ἰουλίου Ἀγρίππας κυρίου βασιλέως) und seine Schwester (κυρίας βασιλίσσης Βερενίκης) aus dem heutigen Qalaat Farqa nordöstlich von Berytus bezeugt,42 schließlich existiert nach Vasta eine Weihinschriftfür Berenike aus Athen.43 Sie trat offenbar so prominent an der Seite ihres königlichen Bruders in Erscheinung, dass dem Paar gegenüber schon zu Lebzeiten Inzestvorwürfe laut wurden.44 Nach längerer Witwenschaft heiratete sie zu einem nicht genau datierbaren Zeitpunkt Polemon, der von Josephus als König von Kilikien bezeichnet wird;45 gemäß Josephus ging sie diese Verbindung ein, um besagten Vorwürfen zu entgehen. Die Ehe hielt allerdings nicht lange; Berenike war 67 jedenfalls frei, eine Liebschaftmit Titus einzugehen.46 Sie soll im Übrigen Vespasian neben vielen anderen Herrschern aus dem Orient bei seiner Usurpation tatkräftig unterstützt haben.47
30Nach den Quellen glänzte Berenike durch Schönheit, Reichtum und Einfluss. Auch wenn sie oftgemeinsam mit ihrem Bruder in Erscheinung trat, wirkt sie gerade bei Josephus mehrfach auch als aktiv Handelnde, die – besonders nach dem Tod ihres zweiten Ehemanns – durchaus eine eigene Agenda verfolgte; zumindest im Umgang mit den Flaviern hat sie in der Literatur den prominenteren Platz als ihr Bruder. Ohne das genauer verfolgt zu haben, fühlte ich mich zunächst ein wenig an die Machtentfaltung hellenistischer Herrscherinnen erinnert. Ein zweiter Blick zeigt aber, dass auch sie politische Anliegen nur in Abhängigkeit von Männern, hauptsächlich ihrem Bruder, durchsetzen konnte. Das Beispiel der Begnadigung des Justus von Tiberias48 ist dafür besonders charakteristisch: Nur durch eindringliches Bitten bei Agrippa konnte sie das Leben dieses schon verurteilten Gegners von Josephus retten, in eigener Person hatte sie die Kompetenz dafür nicht. Darin ist sie römischen adeligen Damen ganz ähnlich, obschon ich ihr im übrigen im Vergleich zu Rom eher größere Handlungsfreiheit und Einflussmöglichkeiten zumessen möchte.
31Aus welchen Gründen Herodes Agrippa II. und Berenike so auffällig als Paar erscheinen und auch so wahrgenommen werden, wird nirgends direkt gesagt und kann nur erschlossen werden. Die jüdische Tradition scheint einer selbständigen politischen Rolle von Frauen eher entgegenzustehen, selbst wenn wir mit Salome Alexandra zwischen 76 und 67 v. Chr. eine Königin auf dem Hasmonäerthron finden. Zu vermuten ist, dass die stark hellenisierten Herodes Abkömmlinge gemeinsame politische und finanzielle Interessen hatten, die besser verfolgt und gewahrt werden konnten, wenn man sich innerfamiliär nicht aufspaltete. Berenike war – spätestens wohl nach dem Tode ihres zweiten Gatten Herodes, des Königs von Chalkis – äußerst begütert und nur schon deswegen dem Bruder eine potentielle Hilfe im Ringen um Machterhalt und Einfluss. Ob eine besondere emotionale Bindung dazukam, lässt sich den Quellen nicht entnehmen.
Sehr provisorische schlussfolgerungen
32Ich komme zu ein paar wenigen knappen Schlussfolgerungen: Ann-Cathrin Harders nennt die Ehen oder Heiratsmöglichkeiten der Schwester das Schlüsselfeld der gegenseitigen Beziehungen der Geschwister in Rom. Das ist durch die hier betrachteten Fälle gewiss bestätigt. Es zeigt sich aber auch, dass von Schwestern mehr erwartet werden konnte, als dass sie die Interessen ihrer Familie durch angemessene Eheschließungen förderten. Insbesondere übernahmen sie dort Pflichten, wo andere Famillienangehörige fehlten oder ausfielen. Sie hatten subsidiäre Rollen bei Grablegungen, öffentlicher Repräsentation, in der Reproduktion der Familie sowie bei der Kindererziehung.
33Eine zu enge Beziehung der Geschwister konnte freilich auch ambivalent sein: Sie lief Gefahr, als normenverletzend ausgelegt zu werden. Entsprach das Verhalten von Bruder und Schwester nicht den gesellschaftlichen Moralvorstellungen oder erweckte es auch nur einen solchen Anschein, riskierte man, des Inzests bezichtigt zu werden. Dieser Vorwurf wurde freilich durch die Neigung der Historiographie, Privates zu politisieren und Sexuelles zu betonen, verstärkt. Im Übrigen scheint mir die Geschichtsschreibung bei der Betrachtung von Geschwisterverhältnissen und speziell, wenn eine Frau als Schwester in den Fokus kommt, ähnliche Gegenstände abzuhandeln wie bei den Frauen sonst. Diese sind zuständig für den die Wahrung von Moral und Normen und den Erhalt der Familie sowie deren Reproduktion. Gerade deswegen kann an ihnen besonders drastisch die Dekadenz gezeigt werden, der man durch den Bruch von gesellschaftstabilisierenden Werten verfallen konnte.
34Der Blick auf Berenike zeigt ferner, dass in der hellenistischen Welt die Akzente vielleicht ein wenig anders gesetzt sein konnten. Ob dies wirklich so war, kann allerdings nur eine vertiefte Diskussion zeigen.
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10.1525/9780520943148 :Notes de bas de page
1 Harders, 2008.
2 CIL XIII, 5280; Walser, Bd. 2, Nr. 215.
3 Staehelin, 1948, s. 496.
4 Brusin I, 732: “Col. 1: Arkaia C. f. /Tertia uxor; Col. 2: Maxuma L. f. / mater; Col. 3: L. Alfius L. f. /Statius v (ivus)/sibi et suis lib(ertis) libertabus; Col. 1 & 2: Statia Alfia L. f. soror/Secunda Caesia M. f. soror/Gallia Caesia M. f. soror; Auf der Basis: Loc(us) in fr(onte) p(edes) XVI, in agr(o) p(edes) XX. H(oc) m(onumentum) h(eredem) n(on)s (equetur)”.
5 Vgl. noch Brusin I, 913a. Die auf der Inschriftgezeigten Instrumente: Zirkel (circinnus), Waage (libra), Maßstab (regula), Meißel (scalprum), Lot (perpendicula), Hammer (malleus).
6 Donderer, 1996, nimmt Alfius Statius korrekterweise nicht unter seine Zusammenstellung von Architekten der späten Republik und der Kaiserzeit auf, da eine explizite Berufsbezeichnung fehlt, doch lassen es die Werkzeuge zumindest als möglich erscheinen, dass er zu dieser Berufsgattung zählte.
7 Brusin, I, 732, meint zwar, dass Maxuma Statius Alfius erst nach der Ehe mit einem anderen Mann geheiratet habe.
8 Eine Literaturauswahl: Fischer, 1999; Fischer, 2000; Barrett, 2002, s. 30-35; Harders, 2008, s. 269-311; Burckhardt, 2010, s. 76-77.
9 Harders, 2008, s. 273-274 mit den Quellen.
10 App., BC, 4.29.
11 Dio Cass., 47.7.4.
12 Nur besser gestellte Kreise hatten Zugang zu Aurei, den Goldmünzen.
13 Dio Cass., 48.31.3.
14 Zu dieser Ehe auch: Liv., perioch., 172.2; App., BC, 5.64; Plu., Ant., 31, mit Harders, 2008, s. 275-280.
15 App., BC, 5.76; Plu., Ant., 33.
16 Bes. Plu., Ant., 35; Dio Cass., 48.54; vgl. auch App., BC, 5.93.
17 Plu., Ant., 57.
18 Dio Cass., 49.33; vgl. App., BC, 5.95.
19 Plu., Ant., 54.
20 Dio Cass., 49.38.1.
21 Vgl. Liv., perioch., 132.2.
22 AE 1928, Nr. 88 = Fischer, 1999, 124: “Marcellus C. f./gener/ [Augu]sti Caesaris/Octacvia/soror / Aug[usti Caesaris]”. Vgl. zum Tod der Octavia Liv., perioch., 140.2.
23 Suet., Aug., 99.
24 Suet., Claud., 3.2.
25 Es mag kein Zufall sein, dass die Beziehungen zwischen Brüdern und Schwestern im bezüglich geschlechtergeschichtlichen Fragen im Werk des Tacitus nach wie vor maßgeblichen Buch von Späth (1994) kaum zum Thema werden: Zwar spricht Tacitus an einigen Stellen von Brüdern und Schwestern (zB. Tac., ann., 3.22; 3.69.6; 4.31; 12.7), quantitativ tritt dies in den Annalen aber hinter anderen inner-und intergeschlechtlichen Relationen (Ehen, Väter-Söhne, Väter-Töchter, Brüder untereinander und weiteren) deutlich zurück.
26 Zu Caligula: Barrett, 1990; Eck, 2002, s. 106-116; Winterling, 2003, zu Agrippina auch Barrett, 1996, s. 40-70, zu Drusilla und der Vergöttlichung nach ihrem Tod Herz, 1981.
27 Dio Cass., 59.3.3; Suet., Cal., 15.3: Zusatz zu Eidesformeln: “quid bonum felixque sit C. Caesaris sororisque suis”, vgl. Suet., Iul., 80.2; Aug., 58.2; Tib., 51.1; Dio Cass., 58.2.8.
28 Zu weiteren Ehrungen von Drusilla und Agrippina minor s. Hahn, 1994, s. 151-168; 186-187.
29 Dio Cass., 59.22.6.
30 Allgemein zum Inzest in römischer Zeit: Ebner, 1998; Kaser, 1971, s. 75; 316; Guarino, 1943; Schumacher, 1982, s. 13-39; 175-180. Harders, 2008, s. 18-20; 23 zum Inzestverbot. Als Inzest galt ursprünglich die “Verletzung des Keuschheitsgebots durch eine Vestalin” (Ebner, 963) s. Liv., 22.57.3; Plin., epist., 4.11. Zur rechtlichen Situation in der frühen Kaiserzeit: Paul. dig., 23.2.39.1; Gaius, inst., 1.59.64; Marcian., dig., 48.18.5; Bonte, 1994, für einen allgemeinen interkulturellen Hintergrund.
31 Unter Claudius: Tac., hist., 12.4; 12.8.
32 Suet., Nero, 5.2.
33 Tac., ann., 16.8.
34 Dio Cass., 59.26.5 (= Xiphilinos, 168.6).
35 “[…] deinde adamas notissimus et Beronices/in digito factus pretiosior. Hunc dedit olim/barbarus incestae gestare Agrippa sorori” (Iuv., sat., 6.156-158).
36 Castritius, 2002, s. 166-168.
37 Act. Ap., 25.13-15.; 26.30-31.
38 Jos., BJ, 2.309-310.
39 Jos., BJ, 2.344-346.
40 Jos., BJ, 2.595.
41 AE 1928, Nr. 82; Michel & Bauernfeind, 1, s. 445, Anm. 163 zu Berenike. Zur Inschrift bes. Haensch, 2006: Er schlägt überzeugend eine Neulesung der Inschriftvor, die den königlichen Bruder vor seiner Schwester genannt sieht. Bislang ging man aufgrund der frühen Publikation Cagnats (1928) davon aus, dass die Schwester dem Bruder in dem aus sechs Bronzetafeln zusammengesetzten, nur fragmentarisch erhaltenenen Text voranging, was ohnehin unwahrscheinlich und epigraphisch laut Haensch auch gar nicht geboten ist.
42 SEG 49, 2011, dort allerdings irrtümlich dem Agrippa I. zugeschrieben, s. SEG 50, 1398; 52, 1585.
43 OGIS 428 = IG III, 556 = CIG 361.
44 Vgl. zum Inzestvorwurf Jos., AJ, 20.145f.; Iuv., sat., 6.156-158.; Michel & Bauernfeind, 1, s. 445, Anm. 163. Vgl. Suet., Tit., 7.1: Berenike als Geliebte des Titus, der sie als Kaiser allerdings aus Rom verbannte. Weiter zu Berenike, insbesondere auch an der Seite ihres Bruders Herodes Agrippa II.: Act. Ap., 25.23; 26.30; Jos., BJ, 2.310-314; (Tac., hist., 2.2; 2.81: B. als Geliebte des Titus). Lit. zu Berenike: Wilcken, 1897; Macurdy, 1935; Castritius, 2002, s. 166-169; Wesch-Klein, 2005, s. 163-173; Haensch, 2006 mit weiterer Literatur; Vasta, 2007; Strothmann, 2014.
45 Jos., AJ, 20.145-146.
46 Diese bei mehreren Autoren bezeugt: Tac., hist., 2.2; Suet., Tit., 7.1f.; Dio Cass., 66.15.4; 66.18.1 (= Xiphilinos, 211.12).
47 Tac., hist., 2.81.
48 Jos., Vita, 343; 355.
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La collection Ad usum Delphini. Volume I
L'Antiquité au miroir du Grand Siècle
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Devenir roi
Essais sur la littérature adressée au Prince
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De l’Antiquité au temps des Lumières
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2021