Hinrichtung in spätmittelalterlichen Städten
Öffentlichkeit, Ritual, Kritik
p. 661-687
Texte intégral
Einleitung
1Im Mai des Jahres 2001, als man in der Öffentlichkeit des Fußballstadions von Kabul noch verschleierte Frauen durch Genickschüsse hinrichtete – wovon im Fernsehen immer wieder schreckliche Aufnahmen gezeigt wurden –, diskutierte man in den USA lebhaft über die Todesstrafe: Weniger über die Frage, ob sie in den Vereinigten Staaten weiterhin vollstreckt werden sollte, worauf dort noch etwa 3.500 Verurteilte warten, als über die Frage, wer dabei zusehen darf.
2Die Diskussion hatte sich entzündet an dem Vorhaben der US-amerikanischen Firma Entertainment Network Incorporated, die die Exekution des Bombenattentäters von Oklahoma City, Timothy McVeighs, für 1,95 Dollar per Web-cam via Internet live in die ganze verkabelte Welt übertragen wollte. Am Ende entschied ein Bundesgericht, daß nur die obligatorischen Augenzeugen unmittelbar zuschauen durften; zu diesen 30 Personen traten dann am 11. Juni 2001 noch mehr als 200 Angehörige der Opfer, die gleichzeitig auf einer Großleinwand verfolgten, wie McVeigh die Giftspritzen injiziert wurden1.
3Nachdem es in einigen Staaten der USA längst Gesetz ist, daß Sexualverbrecher nach Verbüßung ihrer Haftstrafe «im Internet, in der Zeitung oder im Radio an den Pranger gestellt» werden2, um Nachbarn oder potentielle Arbeitgeber vor ihnen zu warnen, ist es gut möglich, daß wir nicht mehr lange darauf warten müssen, bis uns live-Exekutionen ins Wohnzimmer übertragen werden.
4Die Strafpraxis rückt also durch die Massenmedien wieder näher an die Öffentlichkeit heran und gewinnt dadurch eine gesteigerte Bedeutung, nachdem sie lange Zeit durch hohe Gefängnismauern von ihr getrennt war, wie Michel Foucault gezeigt hat3. Wird die Strafe für die Gesellschaft auf diese Art wieder zu einem sichtbaren Zeichen, das ihr zu lesen gegeben wird, wie es schon einmal vor der Geburt des Gefängnisses gewesen war? In der Zeit vor dieser Invention spielte die Öffentlichkeit im Ritual oder Zeremoniell4 des Strafens noch eine entscheidende Rolle neben dem Richter und dem Delinquenten.
5Mit der Anwendung des Inquisitionsprozesses fand in mittelalterlichen Städten bekanntlich ein Gutteil der gerichtlichen Praxis nicht mehr vor den Augen einer interessierten Öffentlichkeit5 statt, die sich hätte unmittelbar selbst davon überzeugen können, daß alles seine Ordnung hatte. Der Ort der Urteilsfindung wurde verlegt von unter freiem Himmel aufragenden Linden und offenstehenden Lauben in die Abgeschiedenheit gediegener Ratsstuben und finsterer Folterkeller. Erst mit dem Endlichen Rechtstag trat man wieder ans Tageslicht. Erst nun, während der feierlichen Urteilsverkündung und -vollstreckung, war der Delinquent den Blicken der Rechtsgemeinschaft ausgesetzt – aber auch der Richter.
6Was, wenn der Delinquent in diesem entscheidenden Moment vor großem Publikum sein Geständnis, die grundsätzliche Voraussetzung für eine Aburteilung, nicht einfach wiederholte, wie es sich gehörte, sondern vorgab, es nicht freiwillig abgegeben zu ha-ben. Wenn er sagte, er sei unter der Folter dazu gezwungen worden, es damit widerrief und also wertlos machte? Dieser häufiger vorkommende und allzu verständliche Rückzieher konnte zumindest das geplante Zeremoniell der Vollstreckung6 durcheinanderbringen oder – wenn der Delinquent halsstarrig blieb und sein Geständnis durchaus nicht erneuern wollte – gar eine erneute Urteilsfindung erforderlich machen (wenn man denn nicht bereit war, sich über diesen wesentlichen Formfehler hinwegzusetzen und trotz eines Widerrufs gleichwohl zu vollstrecken).
7Auf alle Fälle schädigte ein solch unverabredetes Verhalten des Delinquenten die Autorität der Gewalthaber, sei es allein schon dadurch, daß das eingespielte Ritual7 von Geständnis, Urteilsverkündung, Prozession zur Richtstätte und Hinrichtung durchbrochen wurde und es zu Diskussionen kam, sei es dadurch, daß das Publikum wieder nach Hause geschickt wurde, womit man sich lächerlich machte, oder sei es dadurch, daß der fatale Eindruck entstand, hinter den verschlossenen Türen des Rathauses sei etwa nicht alles mit rechten Dingen zugegangen.
8Der Endliche Rechtstag barg also Risiken für den Richter wie den zu Richtenden; für letzteren, daß nicht doch noch in letzter Minute Gnade vor Recht erging und er die Strafe tatsächlich erleiden mußte, für ersteren, daß er brüskiert wurde. Zudem bestand stets die Gefahr, daß die Stimmung der zusammengerufenen Menge umschlug und es zu Tumult oder Aufruhr kam, also die geplante bekräftigende Demonstration von Recht und Ordnung in ihr Gegenteil verkehrt wurde und im Chaos endete. Das konnte bei politisch heiklen Verurteilungen leicht passieren und ebenso, wenn nicht alles nach Plan verlief, zum Beispiel, wenn dem Henker ein Kunstfehler unterlief.
9Im Jahre 1498 mußte der Nachrichter von Nürnberg im Schutze einer Eskorte vom Richtplatz geführt werden, weil ihn die puben, wie es heißt, beschrien und steinigen wollten. Er hatte es an diesem Tag zunächst nicht geschafft, einem Pferdedieb das Haupt vom Rumpf zu trennen. Es gelang ihm erst, als er sein Richtschwert als Säge verwandte. Gleich im Anschluß hatte er zu allem Unglück auch bei einem zweiten Delinquenten, der an diesem Tag enthauptet werden sollte, den Hals verfehlt und zu hoch angesetzt. Der Kopf, oder jedenfalls ein Teil davon, fiel diesmal wenigstens von alleine herab8. Eine glücklichere Hand bewies der Scharfrichter drei Jahre später, als er zwei Weindiebe mit einem einzigen Streich köpfte9.
10Besonders riskant für beide Seiten, für den Richter wie den zu Richtenden, war es natürlich, wenn das Urteil auf Hinrichtung lautete, ging es in diesem Falle doch für den Delinquenten um Leben und Tod und für den Urteilsfinder darum, am Ende nicht noch persönliche Schuld auf sich zu laden, indem er trotz eines Widerrufs auf Vollstreckung bestand, was als Justizmord hätte angesehen werden können. – Die Regierenden einer Stadt waren also gut beraten, das Verfahren im Rahmen der Tradition so zu gestalten, daß ein möglichst reibungsloser Ablauf des Strafvollzugs gewährleistetet war.
11Im folgenden soll die Betrachtung des Zusammenspiels von Richter, Delinquent und Öffentlichkeit zu allgemeinen Überlegungen über die Hinrichtungspraxis in spätmittelalterlichen Städten führen. In einem ersten Schritt möchte ich ausgehend von einem Straßburger Ratsprotokoll die Vorbereitung des Delinquenten auf seinen schweren Gang zum Hochgericht in den Tagen vor und am Endlichen Rechtstag näher untersuchen. In einem zweiten Schritt soll die Reform der Straßburger Praktiken verfolgt werden, die durch die Kritik eines engagierten Seelsorgers erzwungen wurde. In einem dritten und letzten Schritt wird anhand einiger prominenter Fälle Augenmerk auf die Frage gelenkt, wo normgeleitete Hinrichtung aufhörte und politischer Mord anfing.
Praxis im Spätmittelalter
12Der Ablauf des Strafvollzugs konnte schon in der Nacht vor der öffentlichen Urteilsverkündung eine ungewollte Wendung nehmen, wie man in einem Straßburger Ratsprotokoll aus dem Jahre 1461 erfahren kann10. Der Rat hatte eine Dreierkommission eingesetzt, die sich Gedanken darüber machen sollte, wie der städtische Strafvollzug zu reformieren sei. Bislang hatte man den zum Tode Verurteilten am Abend vor der Hinrichtung das Urteil verkündet, wie es vielerorten üblich war. Mit dieser Praxis ließ man den Endlichen Rechtstag mit der Vigil beginnen, wie man es ja auch bei Feiertagen zu tun pflegte. Obwohl man den Verurteilten in der Nacht das Henkersmahl11 reichte (mit dessen Verzehr sie konkludent Urfehde leisteten) und ihnen einen bruder, also einen Mönch zum Trost beigab12, hatte sich manch einer von ihnen aus Verzweiflung im Turmgefängnis13 erhängt und damit, wie es heißt, libe und sele verdampt. Das wollte man in Zukunft zu verhindern suchen.
13Kam es den Straßburger Ratsherren wirklich darauf an, die Seelen der Armen Sünder14 vor der Verdammung zu retten? Wieso kam es ihnen nicht gerade recht, wenn ein Übeltäter sich selbst richtete und damit dem Henker die Arbeit und der Stadtkasse die Kosten für dessen Handwerk ersparte? Man brachte die Delinquenten in Straßburg ja auch zu Tode, ohne daß sie die Letztkommunion hätten einnehmen dürfen, und man verwehrte nicht nur den Selbstmördern, sondern grundsätzlich auch den Hingerichteten das christliche Begräbnis, womit ihrem Seelenfrieden keineswegs gedient war.
14Die Ratsherren wollten eher vermeiden, daß durch eine vorgezogene Tötung von eigner Hand ein entscheidender Akt im «Schauspiel des Todes» fehlte15: der zeremonielle Vollzug der Strafe kraft Autorität der Gewaltigen unter Anteilnahme der Öffentlichkeit.
15Es ging ja nicht allein und vielleicht nicht einmal in erster Linie darum, einen Übeltäter unschädlich zu machen oder Vergeltung zu üben. Nach einem Suizid und ohne das Ritual des Endlichen Rechtstags verblieb nicht nur die Urteilsfindung, sondern in gewissem Sinne auch die Vollstreckung und damit das gesamte peinliche Verfahren hinter dicken Mauern verborgen. Die Obrigkeit konnte nicht in die angestrebte symbolgeladene Kommunikation mit den Untertanen in Zeremoniell und Ritual treten, die sie auf andere Weise nicht führen konnte16. Deshalb konnte es zum einen leicht zu Gerüchten kommen, man habe den Gefangenen nicht recht beaufsichtigt, man habe ihn in den Tod getrieben oder schlimmer, man habe ihn klammheimlich umgebracht. Solche Nachrede, die mindestens zu Autoritätsverlust führte, wollten die Ratsherren auf alle Fälle vermeiden.
16Vor allem wäre es ohne den Endlichen Rechtstag nicht zu dem in aller Öffentlichkeit wiederholten Geständnis gekommen, das die mangelnde Transparenz in der Urteilsfindung ausgleichen konnte, indem es die Begründung und das Ergebnis des Urteils auch für all jene, die nicht mit dem Fall befaßt waren, nachvollziehbar und akzeptabel machte. Das war gerade in einer Stadt wie Straßburg wichtig, die es für angemessen hielt, ihre die Leibesstrafen betreffenden Rechtsnormen17 noch um das Jahr 1500 nicht an die Öffentlichkeit kommen zu lassen18.
17Es wäre nicht zu einer möglichen Begnadigung in letzter Minute gekommen, die Rücksicht genommen hätte auf die Bitten von Verwandten, Freunden oder womöglich hochgestellten Persönlichkeiten, die sich für den Delinquenten einsetzten, und die man sich durch Nachgeben hätte verbinden können. Auch wäre es nicht zu der legitimierenden Inszenierung des Rechtsganges in einer Prozession zum Hinrichtungsort gekommen, die gleichzeitig eine kräftige Machtdemonstration der Regierenden sein konnte. Diese Inszenierung war aber besonders wichtig in Zeiten, in denen keine übergeordnete Autorität mehr – wie ein königlicher Schultheiß oder ein stadtherrlicher Vogt – die Blutgerichtsbarkeit ausübte, sondern dies vielerorts die Gemeinde selbst in die Hand genommen hatte.
18In Augsburg beispielsweise war der Vogt beim Endlichen Rechtstag nurmehr als Statist präsent, nachdem die peinliche Gerichtsbarkeit seit der Mitte des 14. Jahrhunderts beim Kleinen Rat konzentriert war19. In Nürnberg hatte der Kleinere Rat ebenfalls die Kompetenz zur Erteilung von Todesurteilen, seit das Amt des Reichsschultheißen im 14. Jahrhundert an die Kommune übergegangen war20. Nun mußten die Bürger selbst gegen das fünfte Gebot verstoßen und unter Umständen die Hand sogar gegen einen der ihren erheben und einen Genossen aus der gemeinsamen Schwureinung töten, mit dem man unter Umständen auch noch verwandtschaftlich verbunden war.
19Das warf Probleme auf, die man beispielsweise dadurch zu umgehen suchte, daß man Bürger weniger hart bestrafte als Fremde, oder dadurch, daß der Henker als derjenige, der im Namen des Gesetzes töten sollte, im allgemeinen nicht aus der Gemeinschaft stammen durfte. Zu der gehörte er auch in seiner Amtszeit nicht, denn durch sein Handwerk wurde er unehrlich und war im allgemeinen nur noch für Drecksarbeiten gut, wie Kloakenreinigen, Abdecken und Hundefang, oder für schmutzige Geschäfte, wie Prostitutionsaufsicht21. Wer ihm zu nahe kam, der setzte seine Ehre aufs Spiel.
20In Nürnberg beispielsweise wurde im Jahre 1463 ein hilfsbereiter Schmied von jedermann verspottet, nachdem er leichtsinnigerweise dem Scharfrichter zur Hand gegangen war. Er hatte geholfen, einen nicht aus der Stadt stammenden Juden, der Verrat begangen hatte, ganz nach oben an den äußeren Balken des Galgens, die sog. Judenspitze, zu ziehen. Man hatte dem Delinquenten zur Verschärfung eine Pechhaube aufgesetzt, das im das pech über die augen floß, allerdings darauf verzichtet, den obligaten Hund dazuzuhängen, was der Chronist ausdrücklich vermerkt22. Selbst wer nur beim Bau des Galgens mit Hand anlegte, hatte Ehrverlust zu befürchten; so mußten sich in Augsburg alle Handwerker an einer Neuerrichtung beteiligen, damit später keiner mit dem Finger auf einen anderen zeigen konnte23.
21Auch wenn man am Endlichen Rechtstag die vorgesehene Zeremonie mit dem Leichnam des Selbstmörders vollzogen hätte24, wäre es nicht zu der einmal festgesetzten, gegebenenfalls entehrenden oder besonders grausamen Art gekommen, in der der Delinquent vom Leben zum Tod zu befördern war, nicht zu den Schmerzen, die er erleiden sollte: alles wesentliche Bestandteile des Strafrituals, denen Reinigungsfunktion zugesprochen wurde. Es wäre nicht zu dem Opfergang des reumütigen Sünders gekommen, der so manches Mal seinen Richtern und sogar seinem Henker vor aller Augen verzieh25.
22Man war auf seine Mitwirkung angewiesen, um den gebrochenen Frieden und die gestörte Rechtsordnung wiederherzustellen26 oder die Gemeinde wieder mit Gott zu versöhnen27. Es wäre auch nicht zu dem abschreckenden Exempel gekommen, das man statuieren wollte, und es wäre nicht zu angestrebten oder unwillkürlich eintretenden Effekten einer Sozialdisziplinierung im Angesicht der strafenden Hand des Nachrichters gekommen28.
23Um das Risiko eines Selbstmordes möglichst gering zu halten, schlug die Mehrheit der Straßburger Kommission vor, dem Delinquenten das Todesurteil erst am Morgen des Hinrichtungstages mitzuteilen, nachdem die Ratsglocke zum erstenmal geläutet hatte29. Erst dann sollte ihm eine Henkersmahlzeit auf Stadtkosten serviert werden und in seiner letzten Nacht sollte ihm kein Seelsorger zur Seite stehen. (Das Auftreten eines Geistlichen hätte ihm ja auch ohne besondere Mitteilung nur allzu deutlich gezeigt, was ihm am nächsten Tag bevorstand).
24Ganz ähnlich wie der Straßburger entschied der Basler Rat im Jahre 1484, als er eine Neuerung zurücknahm, die es den zum Tode Verurteilten erlaubt hatte, drei oder vier Tage vor ihrer Hinrichtung zu kommunizieren und nicht mehr, wie noch zuvor, lediglich am Morgen dieses Tages30.
25Die Mindermeinung der Straßburger Ratskommission wollte es beim Herkommen belassen, also der Vorbereitung auf den Tod die übliche Zeit einräumen, allerdings wollte der Ratsherr ebenfalls Vorkehrungen dagegen treffen, daß der Todgeweihte sich selbst etwas antue: Man solle ihn die Nacht über sowohl mit Händen als auch Füßen in den Stock sperren. Dieser Vorschlag hätte aber eine Verschärfung der Haftbedingungen bedeutet und zudem die Einnahme der Henkersmahlzeit unnötig erschwert.
26Im Alten Recht war bei Hinrichtungen die Strafe mit dem To-de am Endlichen Rechtstag oft noch nicht vorbei, da auch der Leichnam im «Theater des Schreckens»31, noch seine Rolle spielen sollte. In Straßburg hatte es sich allerdings eingebürgert, die Körper der Gehenkten nach der Vollstreckung abzunehmen32, wodurch der galge allewegen lere gestanden ist, wie es in dem Ratsprotokoll lautet, als obe man keinen dieb hie zu Strasburg stroffete, also als ob die Strafjustiz hier nicht richtig funktioniere. Die ungewöhnliche Praxis war damit begründet worden, daß zu nahe bei der Richtstätte Nutzpflanzen stünden, daß die herabfallenden Gebeine von Hunden oder anderen Tieren davongetragen werden könnten und daß es für vorbeikommende oder in den umliegenden Gärten arbeitende Frauen sehr bedrückend sei, die Toten dort hängen zu sehen.
27In Nürnberg bekam im Jahre 1482 der Hundefänger (huntslaher) Lohn dafür, daß er den vom Strang gestohlenen Leichnam eines Diebes wieder in [den] galgen warf33; – in Florenz dagegen wurde es geduldet, daß Jugendbanden die Überreste der Hingerichteten zerstreuten34. Und in Zürich wurde im Jahre 1439 wie in Straßburg die Bestattung erlaubt, umb daz biderben lüten, so dann iro guot da umb hand stand, von dem gesmak [Gestank] nit schad kome35.
28Nun waren die Straßburger Ratsherren aber der Meinung, daß gerade der Anblick der neben der Landstraße vergehenden Leichen potentiellen Dieben einen forhtsam schreck einjagen würde, mithin sie vor einer möglichen Tat abschrecke. Schon eine Sachsenspiegelglosse lautete: «Darum henket man die diebe in die höhe und begräbet sie selten, auf daß sie jedermann sehe und dadurch geschrekket werde, dergleichen zu lassen»36. Außerdem wurde durch das Hängenlassen jedermann augenscheinlich, daß diesem Leichnam kein christliches Begräbnis vergönnt war.
29Ferner argumentierten die Räte, um die Richtstätte sei doch eine Mauer, die gerade verhindern würde, daß Tiere Knochen forttrügen. Überdies hätte bislang niemand Anstoß an denjenigen Toten genommen, die in der Nähe des Galgens auf den Rädern lägen. Also beschloß man, wie es heißt, nachdem es der statt erelicher und den myssedetigen erschröcklicher und besser sei, daß hinfort kein Gehenkter mehr abgenommen werden dürfe, es sei denn, es handele sich um einen Straßburger Bürger, für den seine Verwandten bäten, die bereit seien, die Kosten der Abnahme selber zu tragen. Mit der Abwälzung der Kosten wurde nicht nur die Stadtkasse entlastet, sondern auch deutlich gemacht, daß der offizielle Akt im Strafritual abgeschlossen war und nun eine Privatangelegenheit begann.
30Kommen wir nun wieder zurück zum entscheidenden Moment des Geständnisses am Endlichen Rechtstag und den diesbezüglichen Sorgen der Ratsherren: In dem Protokoll wurde beklagt, daß neuerdings manch ein Delinquent vor der pfaltzen vor menglich (also vor dem Rathaus vor jedermann) sein Geständnis relativiert oder widerrufen und dadurch den Rechtsfindern nachgesagt habe, sie hätten ihn mit Folter gezwungen, die Unwahrheit zu sagen.
31Was hatte nach Meinung der Ratsherren in letzter Zeit zu solch mißlichen Situationen geführt und wie wollten sie diesen in Zukunft begegnen? Erst vor wenigen Jahren habe man damit angefangen, den Verurteilten am Abend vor oder am Morgen des Hinrichtungstages im Gefängnisturm die Beichte abzunehmen, wodurch so manch einer vielleicht auf die Idee gekommen oder vom Beichtiger dazu gebracht worden sei37, sein Geständnis zu überdenken, das doch seine Funktion auch darin hatte, das spätere öffentliche Schuldeingeständnis leichter zu machen und den Tod anzunehmen.
32Nun empfahl die Mehrheit der Kommission, den neuen Usus abzustellen und diejenigen, die zum Richtplatz vor die Mauer zu führen waren, erst in dem heiligen hüssel beichten zu lassen, das man zu diesem Zweck extra dort errichtet habe38. Solche Andachtsräume gab es auch andernorts, wie beispielsweise in Zürich39; in Florenz gab es wie in vielen anderen italienischen Städten eine Bruderschaft, die sich den Nöten der Delinquenten annahm40; diese hatte bei der Richtstätte eine Kapelle nebst Friedhof gestiftet41.
33Denjenigen, die in Straßburg die Strafe des Ertränken zu erleiden hatten42, sollte auf Vorschlag der Kommission auf der schintbrucken, die ihren Namen vom nahegelegenen Schlachthaus hatte43, Gelegenheit zur confessio gegeben werden, wo es eine, teilweise auf Pfählen ruhende, Brückenkapelle gab44. Der direkte Weg des Zuges zu dem später Rabenbrücke und heute Pont du Corbeau genannten Übergang führte vom Rathaus im Zentrum nach Süden über den zwischen Kauf- und Schlachthaus gelegenen Fischmarkt45 zur Breusch, dem Hauptarm der die Stadt umfließenden Ill. Die Brücke trägt ihre frühere Funktion noch immer im Namen, heißt sie doch nach dem schwarzen, aasfressenden Vogel, der hier ebenso auf den Tod verweist wie an vielen Orten die Rabenstein genannte Richtstätte46.
34Zu dem Ort, wo in Straßburg der Galgen stand und die Räder aufgerichtet wurden, ging man in die entgegengesetzte Himmelsrichtung über den Weinmarkt durch das Kronenburger Tor. Die Richtstätte war wie überall außerhalb der Stadtmauer gelegen, rechts neben der nach Zabern (Saverne) führenden Landstraße47. In Nürnberg lag der Galgen vor dem Frauentor48. Die Wormser henkten und räderten an der wichtigen Straße vor dem Mainzer Tor49, die Lübecker vor dem Burgtor, die Konstanzer vor dem Kreuzlinger Tor an der in die Stadt führenden Reichsstraße; ertränkt wurde in der Stadt am Bodensee wie in Straßburg in der entgegengesetzten Himmelsrichtung, an der Rheinbrücke50.
35Schon die antike Jerusalemer Richtstätte war vor den Toren auf der schädelförmigen Anhöhe Golgatha gelegen, auf der Jesus dann gekreuzigt und begraben wurde. Der Straßburger Chronist Jakob Twinger von Königshofen stellt im 14. Jahrhundert bei seiner Erzählung der Legende des hl. Arbogast, der im 7. Jahrhundert lebte, eine Verbindung zwischen der Straßburger und Jerusalemer Richtstätte her. Der Lokalheilige habe Christus nachfolgen und auf dem Straßburger Galgenberg begraben werden wollen, wo man später über seinen Gebeinen die Michaelskapelle errichtet habe51. Über eine ähnliche imitatio Christi berichtet auch die Legende des hl. Franz von Assisi: Er habe sich die Richtstätte von Assisi zur Stelle seines Grabes gewünscht, worüber dann seine Grabeskirche entstanden sei52.
36Der Straßburger Rat beschloß weiter, daß der Priester sich auf alle Fälle schon vorab für seine Aufgabe bereithalten solle, damit es wegen seiner zu keiner Verzögerung komme. Mit dieser Ergänzung wurden die Einwände der konservativen Kommissionsminderheit berücksichtigt, die es lieber beim Herkommen hatte belassen wollen: Obwohl man kurz vor Sommeranfang beratschlagte, bedachte einer der Ratsherren nämlich bereits die kalte Jahreszeit, und hatten Sorge, daß die Pferde der die Hinrichtung begleitenden Amtsträger winters durch Kälte Schaden nehmen könnten, wenn man den Delinquenten am Richttag in aller Ausführlichkeit seine Sünden bekennen ließe.
37Eine solche Einstellung, die das Wohl des Reituntersatzes – und sicher auch die eigene Bequemlichkeit – vor die Seelennot eines Menschen setzte, der seinen nahen Tod vor Augen hatte, hätte einen Seelsorger gewiß in Rage versetzt, der sich zwei Jahrzehnte nach den eben besprochenen Kommissionsüberlegungen vehement dafür einsetzte, die Straßburger Hinrichtungspraxis zu reformieren und den peinlichen Strafvollzug menschlicher zu gestalten, was ihm gegen den Widerstand des Rates nach über zwei Jahren teilweise auch gelang. Hiermit sind wir beim zweiten Schritt unserer Überlegungen angelangt.
Kritik eines Seelsorgers
38Der Mann mußte dazu allerdings mehrere Eingaben an den Bürgermeister machen und auch den Bischof einschalten, welcher seinerseits Rechtsgelehrte befragen und Universitätsgutachten einholen ließ, bevor man im Rat ein Einsehen hatte und ein neues Statut verkündete53. Der Mann hatte gefordert, die in Straßburg übliche Praxis abzuschaffen, nach der den zum Tode Verurteilten die letzte Kommunion54 und ein christliches Begräbnis verwehrt wurden.
39Gegen die Todesstrafe an sich hatte er wie seine Zeitgenossen nichts einzuwenden: Der Körper durfte von menschlicher Hand bestraft werden, nicht aber die Seele. Dieser Strafakt sollte dem Herrn am Tag des Jüngsten Gerichts vorbehalten bleiben. Die Kirche hatte längst die grundsätzliche Ablehnung der Todesstrafe aufgegeben, die für die Inquisition eine Waffe gegen innerkirchliche Feinde geworden war. Nach dem Mann würden Menschen zu Kapitalverbrechen und, wie er sagt, anderem ubel geradezu verleitet, wenn ihnen dafür nicht der Strang oder das Schwert drohe, da Geldstrafen seiner Meinung nach nicht genügend abschreckten55. Auf die Frage, wie man mit einem ihm bekannten Laien verfahren solle, der sich als Priester verkleidet und die Beichte abgenommen hatte, antwortete er: Wan ich ein her wer, so welt ich in ertrencken lassen, so höret er keinen me beicht. Und ich hett im auch nit anderst gethon dem schalck56.
40Wer diese starken Worte sprach und sich in Straßburg für einen menschlicheren Strafvollzug einsetzte, ist der wortmächtige Priester und Doktor der Theologie Johannes Geiler von Kaysersberg (1445-1510), der damals in Straßburg überaus populär war57. Vier Jahre lang hatte er bereits von der Münsterkanzel herab als Stadtprediger seiner Gemeinde ins Gewissen geredet; in den bald drei Jahrzehnten, die noch folgten, sollte er geradezu zu einer moralischen Institution der Stadt werden. Auch bei anderen Gelegenheiten scheute der unerschrockene Redner den Konflikt mit den Regierenden nicht, wenn es darum ging, in seinen Augen anstößige Gewohnheiten abzustellen.
41Verschiedentlich arbeitete er bei Reformvorhaben mit seinen Freunden Jakob Wimpfeling (1450-1528)58 und Sebastian Brant (1457-1521), dem Syndikus der Stadt59, zusammen, mit denen er zeitweise im Zentrum einer humanistischen Sodalität am Oberrhein stand. Geiler war als Prediger weit über das Weichbild seiner Stadt hinaus bekannt, war Berater des Augsburger Bischofs Friedrich von Zollern (1451-1505) und sogar Hofkaplan und Beichtiger von Kaiser Maximilian I.
42Zu seiner Kritik der Straßburger Hinrichtungspraxis wurde Geiler wohl durch sein großes Vorbild Jean Gerson (1363-1429) angeregt60. Der Kanzler der Pariser Universität hatte (ein Dekret von Papst Clemens V. von 131261 aufgreifend) gefordert, den zum Tode Verurteilten die letzte Beichte nicht zu verwehren62. In diesem Sinne sollten später auch die Bambergensis und die Carolina festschreiben, daß dem Armen Sünder die Sakramente nicht zu verweigern seien63.
43Geiler war mit dieser Forderung spätestens im Zusammenhang mit der von ihm zusammen mit Peter Schott (1458-1490)64 und Jakob Wimpfeling veranstalteten Gesamtausgabe der Schriften Gersons bekannt geworden65. In gut humanistischer Manier hatte sich Geiler auch persönlich auf die Jagd nach Manuskripten für dieses Unternehmen gemacht: Sie führte ihn bis nach Südfankreich ins Coelestinerkloster von Avignon66, dem der Kanzler der Sorbonne seine Bibliothek vermacht hatte.
44Im Jahre 1482 setzte Geilers Kritik am Straßburger Strafvollzug ein. Er verlangte öffentlich auf der Kanzel67 und vor einer Diözesansynode68 eine Änderung, weil er davon überzeugt war, die Praxis widerspreche der Heiligen Schrift, was seiner Meinung nach gleichbedeutend damit war, daß das Heil der gesamten Gemeinde auf dem Spiel stand69. Galt doch «Gefangene besuchen» als eines der Werke der Barmherzigkeit und hatte Jesus doch selbst am Kreuz dem bußfertigen Schächer verkündet, daß er mit ihm ins Himmelreich komme70.
45Geiler fing bescheiden an und kritisierte in einem Schreiben an den Ammeister Jakob Wissebach zunächst nur die Haftbedingungen aus der Sicht eines Seelsorgers71. Er habe vernommen, daß man vielen Gefangenen nicht gestatte, zu beichten und daß diejenigen, die länger in Haft säßen, in manchen Jahren die Hostie nicht einmal empfangen hätten (was ja für einen guten Christen das Minimum war). Damit die cristenliche ordenunge iren gang gewinn und der selen heil gefürdret werde, wie er schreibt, bittet er den zünftischen Bürgermeister, die Gefängniswärter anzuweisen, dafür zu sorgen, daß den armen gefangnen nit an kristenlichen rechten und irer sel seligkeit geirret werdend. Am 28. November wurde zwar im Rat die Frage erörtert, ob die Abgeurteilten die Hostie empfangen dürften, doch blieb vorerst alles beim alten72.
46Im Jahr darauf wandte sich Geiler erneut an den Ammeister, der nun Maternus Drachenfels hieß, und bat um die Gewährung jener Gnade für die zum Tode Verurteilten und auch um ein christliches Begräbnis für sie73. Dies sei vor Gott sehr verdienstlich, den Armen Sündern ein besonderer Trost und vor der Welt ruhmvoll und löblich, ja der Bürgermeister könne sich ewigen Lohnes sicher sein, wenn er nur die Initiative ergreife.
47Die Bettelorden, die schon heftig gegen die Installation einer mit einem Weltgeistlichen zu besetzenden Prädikatur im Münster opponiert hatten, insbesondere die Dominikaner und Franziskaner, versuchten Geilers Vorstoß zu sabotieren und den Rat davon zu überzeugen, daß die gängige Praxis tolerabel sei74, wofür Geiler sie der Heuchelei und Lüge zieh75.
48Am 15. Dezember 1483 beriet man im Rat über Geilers weitergehenden Antrag, fünf Tage später beschloß man wiederum, es bei der alten Regelung zu belassen, was hieß, die Hostie in einem am Weg zur Hinrichtungsstätte liegenden Gotteshaus nur zu zeigen76, es also bei ihrer Elevation und einer gerade im 15. Jahrhundert oft als ausreichend angesehenen Augenkommunion zu belassen77, sie aber nicht zu verabreichen. Außerdem sollte grundsätzlich keine Friedhofsbestattung gestattet werden78.
49Auch nach diesem Rückschlag gab Geiler nicht auf: Er appellierte nun an den Straßburger Bischof Albrecht, in dieser Sache die Stimme zu erheben. Der Oberhirte ließ darauf die Meinung von Rechtsgelehrten der Diözese einholen, unter anderem auch die von Geilers Freund Peter Schott79. Da die Experten aber zu unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich dieser sowohl das Recht wie die Religion berührenden Frage kamen, ließ der Bischof Peter Schott in seinem Namen unter anderen die theologische und juristische Fakultät der Universität Heidelberg um eine Stellungnahme bitten80. Am Neckar ließ man sich mit einer Antwort zunächst einmal Zeit81, entschied aber schließlich, daß den Verurteilten das Letzte Sakrament nicht verwehrt werden dürfe. Nun forderte auch der Bischof, der längst entmachtete frühere Stadtherr, vom Rat, die Praxis zu ändern und die Kommunion zu gewähren.
50Nachdem nun die moralische Stimme der Stadt, auswärtige gelehrte Anstalten und das geistliche Oberhaupt der Diözese drängten, konnte sich der Rat einer Reform nicht mehr gut verwehren. Am 21. Februar 1485 wurde tatsächlich im Sinne der Kritik ein neues Statut erlassen82, welches das folgende festschrieb: Die Beichte dürfe fort-an im Anschluß an die nicht öffentliche Urteilsverkündung an den Delinquenten (nun regelmäßig dienstags83) gehört werden. Gewinne der Seelsorger84 dabei die Überzeugung, daß der Übeltäter die Eucharistie verdiene, also aufrichtig seine Sünden bekannt und bereut habe, dürfe er mittwochs die Kommunion empfangen, worauf er wie gewöhnlich freitags hingerichtet werde.
51Von diesem Tag als dem gewöhnlichen Richttag, der in typologischer Weise auf den Wochentag verweisen mag, an dem Jesus Christus ans Kreuz geschlagen wurde85, wollte man in Straßburg nicht abweichen. Von einem Begräbnis auf geweihter Erde war aber nicht die Rede. Eine Reintegration des gestraften Kriminellen nach seinem Tod in den mystischen Leib Christi wurde nicht gewährt.
52Der Ausschluß aus der christlichen communitas konnte also bis über den Tod hinaus gehen. Er konnte mit der Entkleidung, Verspottung und Scherung beginnen, was dem Delinquenten die ihn mit der Gesellschaft verbindende Ehre schmerzlos nahm. Schmerzhaft dagegen war das stigmatisierende Brennen mit heißen Zangen auf dem Weg zum Hochgericht oder das brutale Schleifen am Schwanz eines Vierhufers vor die Umfriedung der Kommune, was regelmäßig vor dem Rädern praktiziert wurde86. Bei Vierteilungen stellte man die Körperteile gewöhnlich vor den Stadttoren am Rand von in alle vier Himmelsrichtungen führenden Straßen aus87. Beim Versenken im Wasser oder Lebendigbegraben entzog man den Körper den Augen der Gemeinschaft. Beim Verbrennen und dem Zerstreuen der übrigbleibenden Asche schließlich sollte keine Spur mehr von den sterblichen Überresten des Delinquenten bleiben.
53Die Asche von Jan Hus, der im Jahre 1415 in Konstanz auf dem Scheiterhaufen endete, streute man in den Rhein88, die von Girolamo Savonarola, der im Jahre 1498 in Florenz zusammen mit zwei Mitbrüdern zunächst gehängt und dann verbrannt wurde, wurde vom Arno fortgetragen89. Auch in Nürnberg war Verbrennen die Konsequenz für bereits tote Körper, wie an Selbstmördern90 oder an bereits zuvor geköpften Delinquenten wie einem Falschmünzer91 und einem Brandstifter92 zu sehen ist.
54Die Kosten für den Geistlichen, der in Straßburg den Verurteilten bis zu ihrem Tod Beistand leistete, wurden auf die unter städtischer Aufsicht stehende Münsterbauhütte abgewälzt, wie die Rechnungen des Frauenwerks aus den 1490er und den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts ausweisen. Der Satz lag bei 5 ß d für den letzten Dienst, und zwar unabhängig davon, wieviele Personen an einem Tag dem Scharfrichter überstellt wurden – übrigens ist das die gleiche Summe, die dem Henker von Nürnberg pro Hinrichtung zustand93. Der Priester, der in Basel den Delinquenten beistand, erhielt im Jahre 1500 1 ß 8 d für die Verabreichung des letzten Sakraments und 1 ß für die Begleitung94.
55Wenn man davon ausgeht, daß in Straßburg keiner auf geistlichen Beistand verzichten wollte und sämtliche Fälle eingetragen wurden, erfährt man auf diese Weise nebenbei, wieviele Christen in diesen Jahren in der Stadt hingerichtet wurden, die Mitte des 15. Jahrhunderts etwa 18.000 Einwohner hatte. Im ersten Halbjahr 1492 waren das neun. Im Manual für das Rechnungsjahr 1500/01 und auch in den beiden folgenden erhaltenen Verzeichnissen sind lediglich Kosten für je eine Hinrichtung ausgewiesen. 1504/05 waren es derer drei, im folgenden Wirtschaftsjahr zwei, dann sieben, 1508/09 steht kein Eintrag in der Rubrik Ußgobe von den verurtheilten luoten den priestern. Im nächsten erhaltenen Buch für 1512/13 sind es dann sechs95.
56Mit diesen Zahlen läge Straßburg etwa im allgemeinen Durchschnitt, der für andere Städte berechnet wurde96. Allerdings muß generell vorsichtig mit Hochrechnungen verfahren werden, ist doch beispielsweise der vor einigen Jahren unternommene Versuch, anhand der ausführlichen Nürnberger Achtbücher97 eine differenzierte Statistik des städtischen Verbrechens von 1285 bis 1400 zu erstellen98, als gescheitert anzusehen99.
57Die Straßburger Ratsherren behielten sich in ihrer Entscheidung vor, die nun beschlossene Praxis bei Bedarf statutarisch wieder anders zu regeln, was jedoch offenbar bis zur Reformation nicht geschah100. Sollte es einmal notwendig werden, ilendes zu richten, dann sollte dies unbenommen nach altem Herkommen möglich sein. Für welche Anlässe ein solches Standgericht vorgesehen war, erfahren wir nicht. Vielleicht dachte man an politisch brisante Fälle, wo es darauf ankam, ohne Verzug Fakten zu schaffen, um einer inneren Opposition keine Gelegenheit zur Formierung zu geben oder um Eingriffen von außen zuvorzukommen. Hiermit sind wir beim dritten und letzten Schritt meiner Ausführungen angelangt.
Hinrichtung oder politischer Mord?
58Wenn solche Gefahr drohte, waren nicht nur die Stadtväter von Straßburg bereit, schnell zu handeln und sich dafür Kritik an ihrem Verfahren gefallen zu lassen. So war im Jahre 1469 der Kleinere Rat von Nürnberg in einem prominenten Fall sehr rasch bei der Hand gewesen, hart zu richten. Ein politisches Lied der Zeit legt nahe, es habe sich um einen politischen Mord gehandelt101, und noch einhundertfünfzig Jahre später nannte ein Chronist das Verfahren gegen Nikolaus Muffel (1410-69)102 ein unerhört und fast unglaublicher Handel103. Muffel endete zwölf Tage, nachdem man ihn am Aschermittwoch in seiner Amtsstube verhaftet hatte, und nur fünf Tage nach seinem Verhör wegen Unterschlagung und Geheimnisverrat am Galgen.
59Der Rat kannte keine Gnade mit dem reichen Patrizier, damals Vorderster Losunger, also das regierende Stadtoberhaupt, obwohl zahlreiche Bittgesuche104 vorlagen, nämlich des päpstlichen Nuntius und Bischofs von Ferrara Lorenzo Roverello, des Herzogs Ludwig des Reichen von Bayern, der Herzogin von Sachsen und Gattin von Albrecht Achilles Anna, die sogar in eigener Person vor dem Rat vorgesprochen hatte. Die Ratsherren handelten vielleicht so unerbittlich, weil sie ein Eingreifen des Königshofes befürchteten105 oder weil sie dem Gerede zuvorkommen wollten, es gebe eine Besserbehandlung für einen der ihren. In der Stadt hatte man bereits darauf gewettet, daß man Muffel nicht henken, sondern köpfen oder begnadigen würde106.
60Auch andernorts schonte man Honoratioren nicht und schickte sie aufs Schafott, so zu Beginn des 15. Jahrhunderts in Krakau den ersten unter den Ratsherren ebenfalls wegen Unterschlagung, 1489 in Zürich den Bürgermeister Hans Waldmann107 oder 1492 in Schaffhausen den Stadtrechner Konrad Heggenzi108 wegen geringfügiger Unterschlagung.
61Muffel war nach glänzender Karriere zu den höchsten Ämtern der Stadt gelangt, war jahrelang in diplomatischer Mission für Nürnberg unterwegs gewesen, hatte gar die Krönungsinsignien, die damals in der fränkischen Stadt verwahrt wurden, zur Krönung Friedrichs III. nach Rom geleitet, wo er zu denjenigen gehörte, die in St. Peter den Baldachin über Papst und Kaiser tragen durften. Er hatte ihnen auch das Handwasser über dem Altar reichen und sogar unmittelbar nach dem Kaiser kommunizieren dürfen, wenn man einem Nürnberger Chronisten trauen darf109.
62Diese Ehren und sein Drang, sich mit adliger Lebensweise vor seinen Standesgenossen auszuzeichnen, hatte sicherlich Neid bei seinen Kollegen geweckt, doch hatte er sich durch die Unterschlagung seinen politischen Gegnern selbst ausgeliefert110. Sein Geständnis hatte er zwar am Endlichen Rechtstag als unzutreffend und unter der Folter erzwungen widerrufen: Er habe es, wie es heißt, unter grosser marter nur gegeben, weil er sich besorgte, er stürb an der marter on unsern lieben herrn, also ohne das Viaticum111, doch mit seinem Testament bestätigte er indirekt die Unterschlagung, indem er darin festlegte, die aus der Stadtkasse entwendeten 1000 fl zu ersetzen112.
63Nachdem zwei Ratsherren beeidet hatten, Muffel habe seine Vergehen bereits vor Beginn der Folter bekannt, wurde er noch am gleichen Tag gehenkt, in einer schamloten Schauben, wie ein Chronist vermerkt113, also in einem Kamelhaar-Überwurf. Offenbar gewährte man ihm immerhin standesgemäße Kleidung, nachdem man schon nicht bereit gewesen war, auf das als besonders schändlich geltende Henken zu verzichten und es in die als ehrenvoller angesehene Enthauptung umzuwandeln. Henken war auch in Nürnberg die gängige Strafe für einen Dieb (Diebinnen vergrub man lebendig114), doch war das Enthaupten die mit Abstand am häufigsten angewandte Strafe115, die auf dem Begnadigungsweg gelegentlich auch für Diebe angewandt wurde116.
64Einem anderen, kleineren Dieb, dem Wächter (huter) Tanner, den man in der Fastenzeit des Jahres 1482 in Nürnberg henkte117, wurde für die Zeremonie sogar auf Stadtkosten ein scheublein gekauft118. Tanners Leiche stahl man am dritten Tag119 nach der Hinrichtung vom Galgen. Ebenfalls am dritten Tag geschah das gleiche mit dem Köper des reichen Kaufmanns Sebald Rem, den man im Jahre 1483 in der Karwoche auf frischer Tat beim Diebstahl ergriff und bald darauf henkte120. Auch die sterblichen Überreste von Muffel entwendete man am dritten Tag vom Galgen. Zu schauriger Stunde um Mitternacht führten zwölf Reiter seinen Leichnam auf einem Wagen davon121 und bestatteten ihn zunächst in der Dorfkirche des der Familie Muffel gehörenden Landgutes Eschenau, um ihn schließlich auf dem Kirchhof der dem Nürnberger Stadtpatron Sebald geweihten Kirche mitten in der Stadt zur letzten Ruhe zu legen122, woran dann offenbar niemand mehr Anstoß nahm.
65In Augsburg wollte man sich neun Jahre später den Körper eines Gehenkten, dessen Schicksal viele Ähnlichkeiten mit dem Muffels aufweist, nicht so bald entwenden lassen und ließ den Galgen zwei Wochen lang bewachen123. Auch Ulrich Schwarz (1422-78)124 war gestattet worden, in kostbarer Kleidung zur Richtstätte zu treten. Er war ebenfalls mit einem Überrock aus Kamelhaar bekleidet, der zusätzlich noch mit einem Marderpelz gefüttert war, der diser zeyt nicht vil in Augspurg gewesen, den geschlechtern zuo layd, wie es in einer offiziellen Publikation heißt125. Eine andere Vergünstigung für den Spitalpfleger Schwarz war der Transport auf dem Spitalwagen zum Galgen.
66Die Patrizier der Stadt hatten auch schon vor Schwarzens letztem Tag Grund gehabt, mit Neid und Mißgunst auf den Zimmermannsmeister zu schauen, denn als Zunftbürgermeister war er so gewaltig, das kainer in Augspurg nie so gewaltig was gewesen, wie es der Chronist Hektor Mülich formulierte126. Im Jahre 1476 hatte Schwarz es geschafft, den Rat zugunsten der niederen Zünfte zu verändern, wodurch die Geschlechter mattgesetzt wurden. Nur zwei Jahre später verhaftete man ihn aus einer Ratssitzung heraus und hing ihn nach wenigen Tagen an den Galgen; nur kurze Zeit später wurde die Ratsveränderung wieder zurückgenommen127. Wie Muffel hielt man Schwarz Unterschlagung vor; er sollte zwar keine Geheimnisse verraten, dafür aber als Diplomat das Ansehen der Stadt Augsburg herabgesetzt und Ratsherren beleidigt haben.
67Das schlechte Gewissen, das in Nürnberg die Administratoren dazu gebracht hatte, erst post factum Akten vom Verhör anzulegen, als sich die Stadt vor Kaiser und Papst für ihr Handeln rechtfertigen mußte, trieb die Augsburger Kollegen offenbar zur Säuberung ihrer Papiere, denn just über diesen wichtigen casus, der sich nicht zuletzt dadurch als politischer Prozeß zu erkennen gibt, findet sich in der ansonsten dichten Überlieferung so gut wie nichts.
68Wie Muffel hatte auch Schwarz über seinen Standesgossen stehen wollen, was sich beispielsweise an seiner weit jenseits der Grenzen der Augsburger Luxusordnungen ausgerichteten Hochzeit zeigte. Während Muffel einmal König Friedrich Gast in seinem Hause nennen durfte, der ihm dafür eine Wappenverbesserung gewährte, nahm Schwarz den Reichslandvogt in seinem Hause auf. Auch für Schwarz intervenierten vergeblich Hochadlige: Herzog Ludwig und Georg von Bayern Landshut verwandten sich schriftlich und mittels Gesandter für ihn.
69Muffel hatte wohl am Ende nur zu tief in die von ihm verwahrte Stadtkasse gegriffen, die Aktivitäten Schwarzens dagegen hatten die bestehende Ordnung umgewälzt, was ihn zu dem Typus mächtiger Politiker macht, die den führenden Familien mehr zumuteten als die zu tolerieren bereit waren und die von Hartmut Boockmann als Stadt-Tyrannen bezeichnet wurden128.
70Mit diesen machte man auch in anderen deutschen Städten kurzen Prozeß, wenn es ihnen nicht wie Peter Egen (um 1414-52) aus Augsburg in letzter Minute noch gelang, zu emigrieren. Egen verband vieles mit Muffel und Schwarz. Er hatte eine glanzvolle Laufbahn beschritten, war Bürgermeister und Baumeister, also höchster Finanzbeamter, gewesen, hatte Friedrich III. auf dessen Krönungszug nach Aachen zu Gast gehabt. Schon sein Vater hatte Reichslehen besessen, er selbst war auf dem besten Weg zum Adel gewesen und ließ sich von Argun nennen129.
71Weniger glimpflich ging es aus für Heinrich Topler (1340/50-1408), einen Kaufmann, Gastwirt und Geldhändler aus Rothenburg ob der Tauber130. Der Aufsteiger, mehrfache Bürgermeister, Diplomat, Kriegshauptmann und Kirchenpfleger war im Jahre 1408 verhaftet worden und schon nach wenigen Tagen im Keller des Rathauses auf dubiose Weise getötet worden: Vermutlich wollte man auch hier einer Einmischung von außen zuvorkommen. Die Stadt Nürnberg, in der Topler familiäre Bande hatte, beabsichtigte nämlich alsbald nach der Verhaftung Verhandlungen über sein Schicksal zu beginnen.
72Weder das genaue Datum seines Todes, noch die Modalitäten, noch die genauen Gründe wurden je bekannt, nachdem seine Gegner die Spuren erfolgreich verwischt hatten. Es hieß, er habe mit König Wenzel konspiriert. Doch spielten sicherlich auch andere Gründe eine Rolle, die im Selbstverständnis der führenden Oligarchie zu suchen sind, die darauf achtete, daß keiner der Ihren sie zu weit überragte. Der mit Abstand reichste Mann der Stadt und Stifter einer Familienkapelle hatte sich eine Art Privatarmee gehalten, ausgedehnten Landbesitz besessen, sich vor den Toren der Stadt mit dem Toplerschlößchen gleichsam einen Adelssitz gebaut und war im Besitz eines Adelsbriefes gewesen.
73Während man im Falle Heinrich Toplers noch darüber spekulieren kann, ob es sich bei seinem gewaltsamen Ende um eine heimliche Hinrichtung oder einen politischen Mord handelte, liegen die Fakten beim Tode des Dr. utriusque iuris Heinrich Rubenow (um 1400-62) aus Greifswald klar zu Tage. Am letzten Tag des Jahres 1462 wurde der Bürgermeister auf dem Rathaus von zwei Bürgern mit einem Beil erschlagen. Zwei Ratsherren, die mit dem Landesherren im Bunde waren, war der reichste Mann der Stadt, Gründer, Finanzier und Professor der Greifswalder Universität zu mächtig geworden, so daß sie kurzerhand Mörder dingten131.
Schluß
74Mit einem Mord, auch wenn er aus politischen Motiven, in einem städtischen Amtsgebäude und aufgrund der Anstiftung von Mandatsträgern verübt wurde, haben wir die Sphäre der Hinrichtungen verlassen, die im Spätmittelalter verlangen, daß sie aufgrund eines von der öffentlichen Gewalt nach einem Prozeß gefällten Urteils vollstreckt werden, und zwar vor den Augen der Rechssubjekte in einer fest geregelten Form.
75Ich hoffe, im Voraufgegangenen gezeigt zu haben, wie wichtig diese in der Tradition gewachsene und sich in Ritual und Zeremoniell ausprägende Form für die Hinrichtungspraxis war. Kirchliche Kritik an der einmal gefunden Form hatte mit erheblichem Widerstand der grundsätzlich traditionsverbundenen Autorität zu rechnen. Vielleicht wären die Regierenden offener für Kritik gewesen, wenn öfter solch ein Wunder geschehen wäre, wie es uns der aus Köln stammende Zisterziensermönch Caesarius von Heisterbach (um 1180-nach 1240) in seinem um 1220 verfaßten Dialogus miraculorum berichtet, mit dem ich schließen möchte132.
76Ein Raubritter war auf Befehl Kaiser Friedrichs gehenkt worden. Als ein Verwandter ihn am dritten Tag nach der Hinrichtung mit seinem Knappen begraben wollte, rief ihnen der Gehenkte entgegen: «Nehmt mich ab, ich lebe noch!» Der auf wundersame Weise derart auferstandene Raubritter sagte, daß er Zeit seines Lebens täglich diverse Gebete verrichtet habe. Unter anderem habe er jeden Tag dem Leibe Christi ein Vaterunser gesagt, damit er am Ende seines Lebens mit dieser Wegzehrung versehen werde. Und nun gewähre ihm der Herr die Eucharistie durch seine Barmherzigkeit doch noch. Man rief einen Priester, der die Beichte abnahm und das Abendmahl reichte, worauf der Raubritter sogleich beglückt seinen Geist aushauchte. Sie begruben ihn auf dem Kirchhof und verkündeten überall dies große Wunder.
Notes de bas de page
1 A. Böhm, Hinrichtung live. Die Exekution des Oklahoma-Attentäters wird als Spektakel inszeniert. Unterdessen wächst in den USA die Kritik an der Todesstrafe, in Die Zeit, 19, 2001.
2 K. Hummel, Scham und Schande sollen Wunder wirken. In Amerika werden entlassene Sexualverbrecher im Internet, in der Zeitung und am Radio an den Pranger gestellt, in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.7.1999.
3 M. Foucault, Surveiller et punir. Naissance de la prison, Paris, 1995 (zuerst 1975).
4 Cf. C. Bell, Rituals. Perspectives and Dimensions, Oxford, 1997 und die Sammelrezension von Barbara Stollberg-Rilinger, Zeremoniell, Ritual, Symbol. Neuere Forschungen zur symbolischen Kommunikation in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in Zeitschrift für Historische Forschung, 27, 2000, S. 389-405.
5 Cf. L. Hölscher, Öffentlichkeit, in O. Brunner, W. Conze und R. Koselleck (Hg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, IV, Stuttgart, 1978, S. 417-419. Cf. allg. K. Imhof, «Öffentlichkeit» als historische Kategorie und als Kategorie der Historie, in Schweizer Zeitschrift für Geschichte 46, 1996, S. 3-25.
6 Cf. A. Zorzi, Le esecuzioni delle condanne a morte a Firenze nel tardo Medioevo tra repressione penale e cerimoniale pubblico, in G. Lombardi und M. Miglio (Hg.), Simolo e realtà della vita urbana nel tardo Medioevo. Convegno, Viterbo, 1988, Manziana, 1993, S. 153-253 und Id., Rituale e cerimoniali penali nelle città italiane (secc. xiii-xvi), in J. Chiffoleau, L. Martines und A. Parivicini Bagliani (Hg.), Riti e rituali nelle società medievali, Todi, 1994, S. 141-157.
7 Cf. E. Cohen, «To Die a Criminal for the Public Good»: the Execution Ritual in Late Medieval Paris, in B. S. Bachrach und D. Nicolas (Hg.), Law, Custom, and the Social Fabric in Medieval Europe: Essays in Honor of Bryce Lyon, Kalamazoo, 1990, S. 285-304 und Id., Symbols of culpability and the universal language of justice: the ritual of public executions in late medieval Europe, in History of Europe-an Ideas, 11, 1989, S. 407-416.
8 Item den Stainhauser kont der henker gar nicht herab köpfen, segt in doch mit dem schwert gar herab. Item so köpft er den andern auch zu hoch, aber er viel herab. Da er herein gieng, da beschrirn in die puben, wolten in gestaint haben. Da ließen in die soldner und der rihter zwischen den pferden herein belaiten. Die Chroniken der fränkischen Städte. Nürnberg, V, Göttingen, 1874 (ND Stuttgart, 1961) (Die Chroniken der deutschen Städte, 11), S. 597 (Heinrich Deichsler).
9 Er stellet in die ruk genainander anderhalb clafter weit, er köpft den ersten, der kniet, und dreet sich umbhin und slug dem andern auf dem sessel den kopf im schwang auch ab: ibid., S. 637.
10 Straßburg, Archives municipales de Strasbourg (AMS), R 24, fol. 4r (9. 7. 1461). Gedruckt teilw. bei J. [C.] Brucker, Straßburger Zunft- und Polizei-Verordnungen des 14. und 15. Jahrhunderts, Straßburg, 1889, S. 20-22 und J. Wencker, Collecta archivi et cancellariae jura [...], Argentorati, 1715, S. 435 s.
11 Cf. H. von Hentig, Vom Ursprung der Henkersmahlzeit, Tübingen, 1958.
12 In Basel war es in der Regel ein Augustiner oder Dominikaner. K. Metzger, Die Verbrechen und ihre Straffolgen im Basler Recht des späteren Mittelalters, I. Die Verbrechen im allgemeinen, Basel, 1931, S. 56.
13 Cf. allg. zu Gefängnissen und ihren Funktionen F. Rexroth, Die Topographie des Strafens und die Erinnerung der sozialen Ordnung: Die Londoner Gefängnisse im späten Mittelalter, in H. Brand, P. Monnet und M. Staub (Hg.), Memoria, communitas, civitas. Formen und Funktionen des städtischen Gedächtnisses und Selbstbewußtseins in der spätmittelalterlichen Stadt, Ostfildern, 2001 (Beihefte der Francia, 55), S. 227-241.
14 Cf. allg. G. Radbruch, Ars moriendi – Scharfrichter – Seelsorger – Armersünder – Volk, in Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht, 59, 1945, S. 460-495.
15 R. van Dülmen, Das Schauspiel des Todes. Hinrichtungsritual in der Frühen Neuzeit, in id., Gesellschaft der Frühen Neuzeit. Kulturelles Handeln und sozialer Prozeß. Beiträge zur historischen Kulturforschung, Wien-Köln-Weimar, 1993 (Kulturstudien. Bibliothek der Kulturgeschichte, 28), S. 103-156 (zuerst 1984). Cf. auch M. B. I. Merback, The thief, the cross, and the wheel. Pain and the spectacle of punishment in Medieval and Renaissance Europe, London, 1999 (Picturing history)
16 Cf. A. Zorzi, Le esecuzioni... zit. Anm. 6, S. 177.
17 Cf. allg. W. Sellert, Studien- und Quellenbuch zur Geschichte der deutschen Strafrechtspflege, I, Aalen, 1989 und R. His, Das Strafrecht des deutschen Mittelalters, I, Leipzig 1920; cf. zur Todesstrafe D. Meurer, Todesstrafe, in Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte, V, 1998, Sp. 264-270.
18 U. Israel, Johannes Geiler... zit. Anm. 57, S. 264.
19 R. Schorer, Die Strafgerichtsbarkeit der Reichsstadt Augsburg 1156-1548, Köln, 2001 (Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas. Fallstudien, 3; zugl. Augsburg, Univ., Diss., 1999), S. 159 und 165.
20 Cf. W. Leiser, Nürnbergs Rechtsleben, in W. Pfeiffer (Hg.), Nürnberg. Geschichte einer europäischen Stadt, München 1971, S. 171-176 und H. Knapp, Das alte Nürnberger Kriminalrecht nach Rats-Urkunden erlautert (!), Berlin, 1896.
21 Cf. J. Nowosadtko, Scharfrichter und Abdecker. Der Alltag zweier «unehrlicher Berufe» in der frühen Neuzeit, Paderborn, 1994 (Univ., Essen, Diss., 1993).
22 1463 Nov. 17: Die Chroniken der fränkischen Städte. Nürnberg, IV, Göttingen, 1872 (ND Stuttgart, 1961) (Die Chroniken der deutschen Städte, 10), S. 285. Cf. H. Knapp, Das Lochgefängnis, Tortur und Richtung in Alt-Nürnberg, Nürnberg, 1907, S. 75.
23 R. Schorer, Die Strafgerichtsbarkeit... zit. Anm. 19, S. 123 s. J. Geiler von Kaysersberg sagt in einer Predigt, daß sich in einem Dorf ohne Henker das ganze Gericht an einer Hinrichtung beteiligt habe: «und müssen allesamt an dem seyl ziehen, uf daß keiner dem andren dörf verwisen, daß er den dieb erhenckt habe». Postille, Schlußpredigt, S. 30 nach J. A. Silbermann, Local-Geschichte... zit. Anm. 38, S. 176.
24 Cf. F. Sturm, Symbolische Todesstrafen, Hamburg, 1962 (Kriminologische Schriftenreihe, 5).
25 A. Zorzi, Le esecuzioni... zit. Anm. 6, S. 215.
26 R. van Dülmen, Theater des Schreckens... zit. Anm. 31, S. 7 s.
27 A. Zorzi, Le esecuzioni... zit. Anm. 6, S. 252.
28 «Instrumente der Sozialdisziplinierung wurden im späten Mittelalter auch und vor allem in den Städten entwickelt». W. Buchholz, Anfänge der Sozialdisziplinierung im Mittelalter. Die Reichsstadt Nürnberg als Beispiel, in Zeitschrift für historische Forschung, 18, 1991, S. 129-147, hier S. 147. Cf. auch P. Spierenburg, The spectacle of suffering. Execution and the evolution of repression: from a preindustrial metropolis to the European experience, Cambridge, 1984.
29 Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die sog. Mordglocke geläutet so man einen menschen wolt verderben mit urteil des rotes. Die Chroniken der oberrheinischen Städte. Straßburg, I, Leipzig 1870 (ND Göttingen, 1961) (Die Chroniken der deutschen Städte, 8), S. 126.
30 K. Metzger, Die Verbrechen... zit. Anm. 12, S. 55.
31 R. van Dülmen, Theater des Schreckens. Gerichtspraxis und Strafrituale in der Frühen Neuzeit, München, 3. Aufl. 1988 (zuerst 1985).
32 Cf. allg. C. Gauvard, Pendre et dépendre à la fin du Moyen Âge: les exigences d’un rituel judiciaire, in Riti e rituali... zit. Anm. 6, S. 191-211.
33 Chroniken..., 10, zit. Anm. 22, S. 366 und Anm. 2. Es handelt sich um den Leichnahm des Wächters Tanner. Cf. unten bei Anm. 117.
34 A. Zorzi, Le esecuzioni... zit. Anm. 6, S. 228-237.
35 E. Wettstein, Die Geschichte der Todesstrafe im Kanton Zürich, Zürich 1958 (Winterthur, Univ. Diss., 1958), S. 124.
36 Zu Sachsenspiegel 2, 13 nach R. His, Das Strafrecht... zit. Anm. 17, S. 374 Anm. 6.
37 In der aus dem Jahre 1507 stammenden Bambergischen Halsgerichtsordnung, Hg. J. Kohler und Willy Scheel, Halle a. d. S. 1902 (ND Aalen, 1968) (Die Carolina und ihre Vorgängerinnen. Texte, Erläuterung, Geschichte, 2), Art. 38, 5 und 124 sowie der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532 (Caroli-na), G. Radbruch und A. Kaufmann (Hg.), 5. Aufl., Stuttgart, 1980, Art. 31, 5 und 103 werden die Seelsorger ernstlich ermahnt, die Delinquenten nicht zur wahrheitswidrigen Zurücknahme ihres Geständnisses zu bewegen.
38 Cf. zu dem Beicht-Häuslein J. A. Silbermann, Local-Geschichte der Stadt Straßburg. Straßburg, 1775, S. 167.
39 E. Wettstein, Die Geschichte der Todesstrafe... zit. Anm. 35, S. 134.
40 Cf. A. Zorzi, Le esecuzioni... zit. Anm. 6, S. 237-249 und G. Radbruch, Ars moriendi... zit. Anm. 14, S. 474 s.
41 A. Zorzi, Le esecuzioni... zit. Anm. 6, S. 197.
42 Cf. C. B. Gorgoni, Die Strafe des Säckens, in Forschungen zur Rechtsarchäologie und rechtlichen Volkskunde, 2, 1979, S. 144-162.
43 Die Brücke führte zum schinthûs. Die Chroniken der oberrheinischen Städte. Straßburg, II, Leipzig 1871 (ND Göttingen, 1961) (Die Chroniken der deutschen Städte, 9), S. 1121 (Glossar). Cf. H. v. Hentig, Die Brücke im Strafrecht und Strafverfahren, in Id., Studien zur Kriminalgeschichte, Bern, 1962, S. 23-32 (zuerst 1946).
44 Cf. L. Dacheux, Geiler et la législation civile de Strasbourg au quinzième siècle, in Revue catholique d’Alsace, 6, 1864, S. 239 Anm. 4.
45 Cf. H. von Hentig, Fischmarkt und Strafstätte, in Id., Studien... zit. Anm. 43, S. 33-41 (zuerst 1938).
46 46 Id., Der Rabenstein. Eine kriminal-geographische Studie, ibid., S. 9-22 (zuerst 1940).
47 Der Galgen, der bis ins 8. Jahrhundert links neben der nach Königshofen führenden Verlängerung der Langen Straße stand, wurde zunächst nordöstlich in die «Schuchbus» verlegt, wohl 1297 wiederum nach Nordosten rechts neben die nach Zabern führende Straße (zum Schiltehtä ort); 1432 errichtete man drei steinerne Säulen. J. A. Silbermann, Local-Geschichte... zit. Anm. 38, S. 35, 48, 153 und 165-177. Cf. Anm. 51.
48 Cf. W. Schultheiß, Altnürnberger Rechtspflege und ihre Stätten, in Mitteilungen des Vereins für Geschichte Nürnbergs, 61, 1974, S. 188-203 und H. Knapp, Das Lochgefängnis... zit. Anm. 22, S. 69.
49 Cf. H. G. Gengler, Strafrechts-Alterthümer, Erlangen, 1882, 132 und F. Keutgen, Urkunden zur städtischen Verfassungsgeschichte, Berlin, 1901 (ND Aalen, 1965) (Ausgewählte Quellen zur deutschen Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte, 1), S. 111. A. Graßmann (Hg.), Lübeckische Geschichte, Lübeck, 1988,S. 238.
50 P. Schuster, Eine Stadt vor Gericht. Recht und Alltag im spätmittelalterlichen Konstanz, Paderborn, 2000, S. 267.
51 Als sein Tod nahte, habe er gesagt: Unser herre Jhesus Cristus were gemartelt, erstorben und begraben worden ussewendig Jerusalem an der stat do men boese lüte verderbete. Nu wolte er unserm herren nochvolgen und sprach: wenn er verfuere, so solte men in ouch ussewendig Strosburg begraben bi dem galgen [...], begraben uf sant Michels bühel, das was dozuomole der henkebühel und stunt der galge do [...]. Donoch det men den galgen dennen [von dannen. Cf. Anm. 47] sant Arbogaste zuo eren und buwete über sin grap eine cappelle in sant Michels ere. Chroniken..., 9, zit. Anm. 43, S. 630. Zur Michaelskapelle cf. M. Barth, Handbuch der elsässischen Kirchen im Mittelalter, Straßburg, 1960 (Études générales. Forschungen zur Kirchengeschichte des Mittelalters, NS, 4); zugl. Archives de l’Église d’Alsace, 11, 1960, 12, 1961 und 13, 1962-1963), S. 1412-1414.
52 G. Radbruch, Ars moriendi... zit. Anm. 14, S. 472.
53 Cf. J. Wimpfeling, Argentinensium Episcoporum Cathalogus [...], Argentine (J. Grüninger), 1508, S. 633-639, D. Specklin, Collectanea in usum chronici argentinensis [von 1587], Hg. R. Reuss, in Bulletin de la Société pour la conservation des monuments historiques d’Alsace, 2e série, 13, 1887-1888, S. 157-360; 14, 1889, S. 1-178 und 201-405; 15, 1890 und 17, 1895, S. 57-80 (Supplément), hier Nr. 2153; O. Schad, Summum Argentoratensium Templum [...], Straßburg (L. Zeßner), 1617, S. 85 s.
54 In einigen älteren Bibliographien wird ein spezielles diesbezügliches Werk aufgeführt, das sich offenbar nicht erhalten hat: De communicandis his, qui ultimo supplicio plectuntur, lib. So zuerst als Werk Geilers angeführt von J. Trithemius, Cathalogus illustrium virorum [...], [Mainz (P. v. Friedberg), 1495], fol. 60r.
55 J. Geiler von Kaysersberg, Sämtliche Werke, Hg. Gerhard Bauer, T. 1, Abt. 1, I, Berlin-New York, 1989 (Ausgaben deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts, 129), S. 193 (sog. Einundzwanzig Artikel).
56 J. Geiler von Kaysersberg, Das buch der sünden des munds [...], Straßburg (J. Grüninger), 1518, Hg. [J. Pauli], fol. 71v-72r.
57 Cf. zu ihm U. Israel, Johannes Geiler von Kaysersberg (1445-1510). Der Straßburger Münsterprediger als Rechtsreformer, Berlin, 1997 (Berliner Historische Studien, 27; zugl. Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 1995) und L. Dacheux, Un réformateur catholique a la fin du XVe siècle. Jean Geiler de Kaysersberg. Prédicateur a la cathédrale de Strasbourg. 1478-1510. Étude sur sa vie et son temps, Paris-Strasbourg, 1876.
58 Cf. zu ihm D. Mertens in P. G. Schmidt (Hg.), Humanismus im deutschen Südwesten. Biographische Profile, Stuttgart, 1993, S. 35-57.
59 Cf. zu ihm H. Wiegand, ibid., S. 77-104.
60 Cf. zu ihm C. Burger, Aedificatio, Fructus, Utilitas. Johannes Gerson als Professor der Universität Paris, Tübingen, 1986 (Beiträge zur historischen Theologie, 70).
61 F. Delome (Hg.), Acta Clementis Papae V (1303-14), Roma, 1955, S. 95 Nr. 62: 1312 Mai 6.
62 J. Gerson, Œuvres complètes, Hg. Glorieux, VII, Paris, 1966, S. 341-343 Nr. 323.
63 Bambergischen Halsgerichtsordnung... zit. Anm. 37, Art. 92 und 124; Carolina... zit. Anm. 37, Art. 79 und 102. Cf. auch das Beispiel aus einer Lübecker Kirchenordnung von 1531 bei G. Radbruch, Ars moriendi... zit. Anm. 14, S. 478.
64 Cf. zu ihm U. Israel, Der Straßburger Peter Schott d. J. (1458-1490). Zu einem humanistischen Lebensentwurf, in Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, 144, 1996, S. 241-258.
65 J. Gerson, Opera, I-III [Hg. J. Geiler von Kaysersberg und P. Schott], Straßburg (J. Prüss), 1488, IV [Hg. J. Wimpfeling], Straßburg (M. Flach d. J.), 1502.
66 Die Reise fand wohl im Jahre 1483 statt. U. Israel, Johannes Geiler... zit. Anm. 57, S. 128 s.
67 AMS, Archives du Chapitre de Saint Thomas (AST), 176 zu fol. 545r-v (1131a-b).
68 Am 18. 4. 1482. Cf. J. Geiler von Kaysersberg, Oratio habita in Sinodo argentinensis [...], [Straßburg (H. Knoblochtzer), 1482] und C. Schmidt, Histoire littéraire de l’Alsace a la fin du XVe et au commencement du XVIe siècle, I, Paris, 1879, S. 351.
69 Cf. P. Schott, The Works of Peter Schott (1460-1490), Hg. M. A. und M. L. Cowie, I. Introduction and Text, Assen (Niederlande), [1963] und II. Commentary [Assen (Niederlande)] 1971] (University of North Carolina Studies in the German Languages and Literatures, 41), hier I, S. 219 Nr. 210.
70 Cf. G. Radbruch, Ars moriendi... zit. Anm. 14, S. 471 s. nach Matth. 25, 36 und 43 und Luk. 23, 43.
71 [Straßburg 1482, vor dem 28. November]. T. W. Röhrich, Testament Doctor Johann Geiler’s von Kaisersberg, in Zeitschrift für historische Theologie, 1848, S. 572-586, hier S. 577 Anm. 13.
72 Cf. Protokollzitat bei J. Wencker, Collecta archivi... zit. Anm. 10, S. 433 (ND in: P. Schott, The Works... zit. Anm. 69, II, S. 806).
73 [Straßburg, 1483, vor dem 15. Dezember]. J. Ficker und O. Winckelmann, Handschriftenproben des sechzehnten Jahrhunderts nach Straßburger Originalen. II. Zur Geistigen Geschichte, Straßburg, 1905, Taf. 49 B.
74 Von Wimpfeling gerühmte Ausnahme: der Prior der Karmeliten, Johannes Freitag von Düsseldorf. Cf. Argentinensium Episcoporum Cathalogus... zit. Anm. 53, S. 633-639.
75 D. Specklin, Collectanea... zit. Anm. 53, Nr. 2153.
76 Beim Zug zum Wasser in St. Martin; beim Zug zum Rabenstein in der vor dem Kronenburger Tor gelegenen Kapelle zum Elenden Kreuz im Grünen Bruch, cf. M. Barth, Handbuch... zit. Anm. 51, S. 1414.
77 Cf. C. Zika, Hosts, Processions and Pilgrimages: Controlling the Sacred in Fifteenth-Century Germany, in Past and Present, 118, 1989, S. 25-64, hier S. 33.
78 AMS, AST 176 zu fol. 545r-v (1131a-b).
79 P. Schott, The Works... zit. Anm. 69, I, S. 219 Nr. 210; auch mit dem damals in Straßburg weilenden päpstlichen Nuntius Emerich Kemel wurde darüber gesprochen: ibid., S. 205-207 Nr. 187. Cf. ibid., S. 220-225 Nr. 212.
80 Ibid., S. 218 s. Nr. 210. Wimpfeling spricht von mehreren Universitäten: Consilium petitur a praeclaris universitatibus, a theologis et iureconsultis. Argentinensium Episcoporum Cathalogus... zit. Anm. 53, S. 639; hohe schulen. M. Berler, Chronik, in A. G. Strobel und L. Schneegans (Hg.), Code historique et diplomatique de la ville de Strasbourg, II, Strasbourg, 1848, S. 1-130, hier S. 120; D. Specklin, Collectanea... zit. Anm. 53 spricht von drei Universitäten; ebenso O. Schad, Summum Argentoratensium Templum... zit. Anm. 53.
81 Cf. den nach einigen Monaten geschickten Brief P. Schotts an die Universität Heidelberg, in dem er die Antwort anmahnt. The Works... zit. Anm. 69, S. 219 s. Nr. 211.
82 AMS R 29, fol. 254r; Druck in J. Wencker, Collecta archivi... zit. Anm. 10, S. 434 (ND in: P. Schott, The Works... II, zit. Anm. 69, S. 807).
83 Nach G. Radbruch ist der Dienstag der vorchristlich-germanische Gerichtstag. Ars moriendi... zit. Anm. 14, S. 473. In Bern vollzog man meist an Dienstagen, wohl vor allem weil dann Markt war und man mehr Menschen erreichte. H. F. von Tscharner, Die Todesstrafe im alten Staate Bern, Bern, 1936 (Univ. Bern, Diss., 1936), S. 101.
84 In dem Protokoll werden die Leutpriester der Münsterpfarrei und der Pfarr- und Kollegiatkirchen St. Thomas und Alt St. Peter genannt.
85 Cf. G. Radbruch, Ars moriendi... zit. Anm. 14, S. 473.
86 Ein Beispiel aus Straßburg von 1337 Jun. 10: der jude wart geschleufet uf einre swinin hut und geradebrechet (wegen Mordes an einer Jungfrau; Chroniken..., 8, zit. Anm. 29, S. 138). Beispiele aus Nürnberg von 1401 Mai 18: maister Herman und waz von Wien pürtig [...] flaist und radprecht (wegen Vergiftungsversuch an König Ruprecht). Die Chroniken der fränkischen Städte. Nürnberg, I, Leipzig, 1862 (ND Göttingen, 1961) (Die Chroniken der deutschen Städte, 1), S. 54 (Ul-man Stromer); cf. dazu: außfuren und slaiffen und man radprecht in. Ibid., S. 365. 1476 Mai 2: slaift man hie einen paurnkneht auß [...] und man ließ in enpor tragen und radprecht in, gab im 5 stöß auf füß und hend und 4 stoß hinten auf den hals oder das genick, und er petet iemer untz zu dem letzten stoß dem münch nach. Was Jobs Hallers paukneht (wegen Mordes). Ibid., 10, S. 348. 1493 [Mai 17]: Antoni Schetzel [...] man slaist in und hielt im den kopf ein zwerh hant vom pflaster und die schultern auf dem pflaster, das die schultern plutent. [...] man radprecht in und setzt in aufs rad (wegen Mordes an einer Schwangeren). Ibid., 11, zit. Anm. 8, S. 573 s.
87 Ein Beispiel aus Nürnberg vom 1504 Jan. 11: Herman Reichenawer, ein messrer von Wendelstain [...]. Man kopft in vor von großer pet wegen, darnach viertailt [man] in also tod und hieng die viertail für die tor auf die wegschaid. Ibid., S. 669.
88 Ulrich Richental, Chronik des Constanzer Concils. 1414 bis 1418, Hg. M. R. Buck, Tübingen, 1882 (Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart, 158), 81.
89 Luca Landucci, Diario fiorentino dal 1450 al 1516, Hg. I. Del Badia, Firenze, 1883, zu 1498 Apr.
90 1469 März 4 wurde die Küsterin des neuen Spitals verbrannt, die sich erhängt hatte: und man sprach, sie het dem Niclas Muffel zwai hundert gulden gelihen, het sich villeicht vor laid erhangen. 1477 nach Apr. 5 wurde ein Gänsedieb verbrannt, der sich erhängt hatte. Ibid., 10, S. 310 und 350. Eine andere Nürnberger Verfahrensweise mit Selbstmördern war das Spunden in ein Faß und in einen Fluß werfen. Cf. H. Knapp, Das Lochgefängnis... zit. Anm. 22, S. 73. Diese Verfahrensweise wurde auch in Straßburg praktiziert. Cf. J. A. Silbermann, Local-Geschichte... zit. Anm. 38, S. 177.
91 1482 Apr. 4: da köpft man den Kornreich, meßrer, und verprent in also tot, het gulden besniten, und man het davor es keim in Nürnberg getan. Chroniken..., 10, zit. Anm. 22, S. 366.
92 1487 Jul. 10: ein man, het eim sein eeweib hin gefürt und sein haus an zündt, und prunen darvon sunst darneben 5 heuser ab; und nach dem köpfen da verprent man in; het große pit. Ibid., S. 385.
93 R. Schorer, Die Strafgerichtsbarkeit... zit. Anm. 19, S. 120.
94 K. Metzger, Die Verbrechen... zit. Anm. 12, S. 56 Anm. 49.
95 Item einn priester, der by vier verurtteillten menschen ab denen gericht unn bitz an ire endt by inen gewesen ist, geben 5 ß d (AMS Œuvre Notre Dame 43 (1492) fol. 88v (Rechnung 1. Quartal 1492)); 1 weitere Hinrichtung (1. Quartal) 5 ß d, 4 weitere (2. Quartal) 5 ß d; im Rechnungsbuch 1500/01 für eine Hinrichtung 5 ß d (fol. 67r); 1501/02 dito (fol. 62r); 1502/03 dito (fol. 54v); 1504/05 für 3 Hinrichtungen 10 ß d (fol. 54r); 1505/06 für 2 Hinrichtungen 10 ß d (fol. 56v); 1506/07 für 2 Hinrichtungen 5 ß d, dito 5 ß d, dito 5 ß d, für 1 Hinrichtung 5 ß d (fol. 82r); 1508/ 09 kein Eintrag in der Rubrik Ußgobe von den verurtheilten luoten den priestern (fol. 74r); 1512/13 für 1 Hinrichtung 5 ß d, für 2 Hinrichtungen 5 ß d, dito 5 ß d, für 1 Hinrichtung 5 ß d (fol. 95r). Zusätzlich wurden die Geistlichen noch gespeist: Den priestern gab man auf Unserm frauenhauss zu essen. D. Specklin, Collectanea... zit. Anm. 53, Nr. 2153.
96 Jahresdurchschnitte für deutsche Städte im 15. Jahrhundert bei G. Schwerhoff, Köln im Kreuzverhör. Kriminalität, Herrschaft und Gesellschaft in einer frühneuzeitlichen Stadt, Bonn-Berlin, 1991 (zugl. Bielefeld, Univ., Diss., 1989), S. 468: Basel 4 – Breslau 6, 5/5, 7 – Frankfurt 3, 2 – Hamburg 2, 3 – Hildesheim 0, 9 – Lübeck 3, 1 – Mecheln 2, 0 – Speyer 0, 6 – Zürich 3, 8; europäischer Durchschnitt 5-14: A. Zorzi, Le esecuzioni... zit. Anm. 6, S. 172.
97 W. Schultheiß (Hg.), Die Acht-, Verbots- und Fehdebücher Nürnbergs von 1285-1400, Nürnberg, 1960 (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Nürnberg).
98 M. Schüßler, Statistische Untersuchungen des Verbrechens in Nürnberg im Zeitraum von 1285 bis 1400, in Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung, 108, 1991, S. 117-193.
99 G. Schwerhoff, Falsches Spiel. Zur kriminalhistorischen Auswertung der spätmittelalterlichen Nürnberger Achtbücher, in Mitteilungen des Vereins für Geschichte Nürnbergs, 82, 1995, S. 23-35 spricht von einem «Fehlschlag auf der gan-zen Linie» (S. 26).
100 D. Specklin, Collectanea... zit. Anm. 53, Nr. 2153.
101 [...] die warheit wil ich jehen / von den im rat zu Nuremberg unt, / wie es sich hat verlofen, / mit posheit sein sie gar geswind, / das clagen ser des Muffels kind, / die hat die falschheit trofen [...] es schuf in nicht dann haß und neid, / daß sie in legten gefangen [...] falschheit du hast dich geregt, / daß du sie darzu hast bewegt, / si wolten sein nit schonen. Heinz Ubertwerch, Von Niclas Muffels Tod, in R. von Liliencron (Hg.), Die historischen Volkslieder vom 13. bis 16. Jahrhundert, I, Leipzig, 1865, S. 561-566 Nr. 123 b, hier S. 563 s.
102 Cf. G. Fouquet, Die Affäre Niklas Muffel. Die Hinrichtung eines Nürnberger Patriziers im Jahre 1469, in Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 83, 1996, S. 459-500, G. Hirschmann, Nikolaus Muffel, in Fränkische Lebensbilder, 3, 1969, S. 50-68, Die Chroniken..., 10, zit. Anm. 22, S. 307-310 und ibid., 11, zit. Anm. 8, S. 753-777.
103 Es ist eine strenge, geschwinde Execution gewest, nit allein in Ansehen des Muffelischen Geschlechts, sollches der ältisten und vornehmbsten nürmbergischen Geschlecht eines ist, sonder auch der Justificirten Person, der durch ordenliche Grad zu den höchsten Ämbtern bei dem nürmbergischen Stadtregiment erhebt worden. J. Müllner, Die Annalen der Reichsstadt Nürnberg von 1623, Hg. G. Hirschmann, II, Nürnberg, 1984 (Quellen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg, 11), S. 578-581.
104 Cf. allg. A. Bauer, Das Gnadenbitten in der Strafrechtspflege des 15. und 16. Jahrhunderts, Frankfurt a. M. 1996 (Rechtshistorische Reihe, 143).
105 G. Fouquet, Die Affäre... zit. Anm. 102, S. 493.
106 Item es wurd vil verwett, man wurd in nit hohen, man wurd in köpfen oder man wurd in abpiten. Chroniken..., 10, zit. Anm. 22, 309.
107 G. Fouquet, Die Affäre... zit. Anm. 102, S. 465.
108 O. Landolt, Ein Finanzskandal im spätmittelalterlichen Schaffhausen. Die Hinrichtung des Stadtrechners Cuonrat Heggenzi, in Schaffhauser Mappe, 61, 1993, S. 59-61.
109 J. Müllner, Die Annalen... zit. Anm. 103.
110 G. Fouquet, Die Affäre... zit. Anm. 102, S. 492 sieht einen politischen Mord.
111 Chroniken... 10, zit. Anm. 22, S. 308; der Kirchenpfleger, Stifter und große Reliquiensammler Muffel war nach allem, was wir wissen, ein frommer Mann. G. Hirschmann, Nikolaus Muffel... zit. Anm. 102.
112 Chroniken..., 11, zit. Anm. 8, S. 777. Cf. auch die Stelle aus dem Achtbuch I, 2 a: durch Adam Becken, den löwen [sc. Gehilfen des Henkers] als ein dieb zu recht angesprochen. H. Knapp, Das Lochgefängnis... zit. Anm. 22, S. 66.
113 J. Müllner, Die Annalen... zit. Anm. 103.
114 1487 Jul. 12: ein grosse diebin [...], het neur ein or. Chroniken..., 10, zit. Anm. 22, S. 385. 1500 März 17: ein frawen bei virtzig jarn, het vil gestoln, und man het sie vor etlicher zeit in den Rein geworfen und sie kam wider lebendig auß. Ibid., 11, zit. Anm. 8, S. 614. 1503 März 21: ein frawen [...], het vil gestoln. Sie was bei 30 jaren. Ibid., S. 661.
115 Cf. die Auszählungen bei H. Martin, Verbrechen und Strafen in der europäischen Chronistik Nürnbergs, Köln, 1996 (Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas. Fallstudien, 1; zugl. Würzburg, Univ., Diss., 1996).
116 1468 Okt. 28: der creutzer einen, des gulden schreibers sun, und einen paurnknecht mit im. Chroniken..., 10, zit. Anm. 22, S. 306. 1498 Jun. 5: den Stainhauser. Ibid., 11, zit. Anm. 8, S. 597. 1501 Mai 11: Zwei Diebe. man solt sie gehangen haben, erpat man sie zum schwert. Ibid., S. 637. 1504 März 12: Kunhofer (Michel Konhover), het große pet. Ibid., S. 669. 1504 Apr. 15: ein paurnkneht namens Cuntz Ramstocken von Sweig. Man hat keinen frolichern diep nie hie außgefürt, sprach: es muß doch sein. Ibid., S. 689.
117 Ibid., 10, zit. Anm. 22, S. 366. Cf. Anm. 33.
118 Im Jahre 1482 weist eine Nürnberger Stadtrechnung aus: 15 ß fur eine scheublein der Ochsenfelderin, darinn man den Tanner erhangen hatt. Ibid., S. 366 Anm. 1.
119 Cf. zum dritten Tag Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, VIII, Berlin-Leipzig, 1936-1937, Sp. 642-644.
120 Chroniken..., 10, zit. Anm. 22, S. 369.
121 Darnach als man in am eritag [Dienstag] erhangen het, da stal man in am pfintztag [Donnerstag] zu mitternacht und hielten dapei mit zwelf pferden. Ibid., S. 310. Nach dreien Tagen aber umb Mitternacht, vom Hochgericht bei dem 12. Pferd gehalten. J. Müllner, Die Annalen... zit. Anm. 103.
122 G. Fouquet, Die Affäre... zit. Anm. 102, S. 478.
123 Die Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, III, Leipzig, 1892 (ND Göttingen, 1965) (Die Chroniken der deutschen Städte, 22), S. 436.
124 Cf. zu ihm E. Deuerlein, Ulrich Schwarz, in Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben, 2, 1953, S. 94-121.
125 Chroniken..., 22, zit. Anm. 123, S. 437.
126 Ibid., S. 260.
127 K. Schnith in G. Gottlieb und al. (Hg.), Geschichte der Stadt Augsburg von der Römerzeit bis zur Gegenwart, Stuttgart, 1984, S. 162 s.
128 H. Boockmann, Spätmittelalterliche deutsche Stadt-Tyrannen, in Id., Wege ins Mittealter. Historische Aufsätze, Hg. D. Neitzert, U. Israel und E. Schubert, München, 2000 (zuerst 1983), S. 37-54.
129 Ibid., S. 39-50.
130 Cf. zu ihm L. Schnurrer, Heinrich Toppler, in Fränkische Lebensbilder, 2, 1968.
131 H. Boockmann, Stadt-Tyrannen... zit. Anm. 128.
132 Caesarii Heisterbacensis monachi ordinis cisterciensis Dialogus miraculorum, Hg. J. Strange, I, Köln, 1851 (ND Ridgewood, New Jersey, 1966), S. 204 s. (distinctio 9, capitulum 49).
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