Einleitung
p. 19–30
Texte intégral
1Die Konferenz von Jalta im Februar 1945 besiegelte die Spaltung Europas in einen kapitalistischen West- und einen sozialistischen Ostblock, zwischen denen Zirkulationen nur sehr begrenzt stattfanden. Die Gegensätze zwischen den beiden konkurrierenden soziopolitischen Systemen waren so ausgeprägt und der Austausch so beschränkt, dass trotz vermehrter weltmaßstäblicher Beziehungsforschungen die künstlerischen Beziehungen zwischen damaligem Ost- und Westblock in der Zeit des Kalten Krieges ein erst noch zu erschließendes und zu erdenkendes Forschungsfeld bleiben.
2Diesem Anspruch Rechnung zu tragen, erscheint im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts umso dringlicher, als innerhalb der Europäischen Union die Spaltung zwischen den früheren Ländern des Ostens und des Westens zunimmt. Angesichts dieser Entzweiung gilt es, die Spaltung zu »denken«. Sie zu denken, ohne sie noch einmal ins Spiel zu bringen – vielmehr zu analysieren, wie die Gegensätze entstanden sind, zu klären, auf welchen Grundlagen sie aufbauen, und nach der Existenz etwaiger wechselseitiger Teilhaben zwischen künstlerischen Praktiken in Ost und West zu fragen, die nicht vorstellbar waren, solange Diskurse und Forschungsarbeiten die vorgefassten Meinungen beider Seiten wiederholten. Während nun aber die meisten Forschungen zu Austauschprozessen und zu den Beziehungen aller Art in der zeitgenössischen Welt Konzepte der Zirkulation und Vernetzung zugrunde legen, stellt sich für uns die Frage, was es bedeutet, künstlerische Beziehungen zwischen Räumen zu denken, wenn die Zirkulationen Zwängen und Begrenzungen unterliegen.
3Von welcher Art von künstlerischen Beziehungen kann dann die Rede sein? Können darin nur jene Konkurrenzen und Rivalitäten zutage treten, die das Spannungsverhältnis zwischen kapitalistischen und sozialistischen Regimen kennzeichnen, oder lassen sie auch Wechselwirkungen zwischen beiderseits des Eisernen Vorhangs entstandenen künstlerischen Schöpfungen ausmachen? Auf dem Weg zu einer Erkundung künstlerischer Wechselwirkungen zwischen Ost und West gilt es, sich noch einmal zu vergewissern, was unter »künstlerischen Beziehungen« zu verstehen ist respektive wie sie beschrieben werden, und zu fragen, welche Erwartungen sie erfüllen sollen.
1 – Forschungen zu den künstlerischen Beziehungen
4Dieses Buch untersucht somit den Umgang mit den künstlerischen Beziehungen in Europa während des Kalten Krieges, ohne diese auf karikaturhafte Gegensätze oder Engführungen einzugrenzen. Ob in Monografien, kritischen Studien, Ausstellungen oder Artikeln – die Kunstgeschichte befragt fortwährend die Beziehungen. Anhand ihrer werden Einflüsse, Inspirationen, Entlehnungen, Relikte, Analogien, Übergänge, Wiederaneignungen analysiert. Man untersucht sie in Zeit und Raum oder aus anthropologischem Blickwinkel, im Spannungsfeld zwischen dem, was dem Menschen eigen ist, und dem, was zu seiner Repräsentation zählt. Die Beziehungen laden ein, sich für die Prozesse zu interessieren, durch die sie möglich wurden, und für die verschiedenen Auffassungen, in die die Analyse eines inmitten rhizomatischer Zusammenhänge betrachteten Objekts münden kann. Die Methoden der Betrachtung richten sich dabei nach den schrägen Bahnen, auf denen solche Beziehungen greifbar werden, abhängig davon, ob das Augenmerk auf formalen Bezugnahmen liegt oder auf Phänomenen der Rezeption, auf Vergleichen zwischen bildnerischer und schriftlicher Äußerung oder auf der Kartografie räumlicher und gedanklicher Verlaufsbahnen. Durch das Erfassen der Beziehungen, in die Werke oder Künstler eingebunden sind, lassen sich diese verorten, je nachdem ob man einen methodisch eindeutigen Blickpunkt bevorzugt oder aber verschiedene epistemologische Perspektiven zu kombinieren anstrebt, um zu einer plurifokalen Ansicht zu gelangen.
5Den jeweiligen Perspektiven entsprechend, konnte das Erkunden der Beziehungen dazu beitragen, Identitäten zu kennzeichnen oder räumliche Grenzen und chronologische Wendepunkte zu bestimmen,1 und sind Kunsthistoriker wie Aby Warburg dazu angeregt worden, über Zugehörigkeiten und Epochen hinweg durch Bilder Zugang zu den Lebensweisen und Kulturen der Menschen in aller Welt zu erlangen und so zwischen ihnen Gleichartiges und Analogien, miteinander Geteiltes wie Unterschiedliches zu erkennen.2
6Die Frage der künstlerischen Beziehungen und die je nach einschlägigem Vorverständnis unterschiedlichen Wendungen, diese zu deuten, sind für die Kunstgeschichte derart sinnfällig und entscheidend, dass sie im Kern der Forschungen stehen, die seit rund 50 Jahren ihrer fachlichen Grundlagenreflexion gewidmet sind. Aus der Geschichtswissenschaft, der Geografie oder Hans Robert Jauss’ literarischer Rezeptionsästhetik3 schöpfend, interessierte man sich in diesen Forschungen für die Erträge der Sprachwissenschaften etwa im Hinblick auf die von Michel Espagne und Michael Werner reflektierten Kulturtransfers4 und befasste sich, an philosophische, soziologische und anthropologische Ansätze anknüpfend, mit der Netzwerktheorie.5 In kritischer Auseinandersetzung mit Kategorien wie jener des Einflusses, und zwar sowohl regionaler als auch nationaler Schulen, und mittels Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen den in den Zentren und in den Peripherien geschaffenen Werken stellten Forschungen, die künstlerische Beziehungen aus kunstgeografischer6, transfertheoretischer7 oder anthropologischer8 Perspektive in den Blick nahmen, den bis dahin in der Kunstanalyse herrschenden Ethnozentrismus heraus. Sie hinterfragten die nationalen Kategorien, die Übermacht des Wortes über das Bild, die Hierarchisierungen zwischen höherer und niederer Kunst und zwischen Gattungen, die in der Wissenschaftskultur des 19. Jahrhunderts und der daraus hervorgegangenen Kunstgeschichte tief verankert waren. In ihrem Zusammenwirken vermochten diese Arbeiten zu zeigen, wie die Kunstgeschichte der Konstruktion der Nationen dienlich war, und die Analyse der Überschneidungen und Widersprüche zwischen wissenschaftlichen Bestrebungen und politischen Projekten zu verfeinern.9 Indem sie die Künstlerausbildung im Ausland untersuchten, haben sie den Begriff des Nationalstils schlechthin entkräftet.10 Studien zu künstlerischen Beziehungen trugen erheblich dazu bei, Identitätsformierungen infrage zu stellen, indem sie zeigten, welche Bedeutung bei der Konstituierung besagter Identitäten den verschiedenen Übernahmen aus sogenannten »fremden« Kulturen zukommt. So luden sie dank ihrer Analyse von Phänomenen der Hybridisierung und Mestizierung dazu ein, sich noch einmal mit den Methoden auseinanderzusetzen, die es erlauben, in unterschiedlichsten Produktionszusammenhängen entstandene Objekte zu untersuchen. Die Auswertung der Einflüsse nationaler Charakterisierungen auf die Diskurse hat deutlich gemacht, an welche Grenzen die maßgeblich in den Darstellungen der Kunstgeschichte wirksamen Normen und Kategorien stoßen.
7Mit dem Ende des Kalten Krieges wurden die Reflexionen über künstlerische Beziehungen weiter ausgedehnt. Globale und regionenübergreifende Ansätze entwickelten sich in beachtlichem Maße. In Übereinstimmung mit postkolonialen Forschungen hinterfragten sie die Normen, die von den Westmächten etabliert und dem Rest der Welt aufgezwungen worden waren.11 In diesem Zusammenhang einer kritischen Auseinandersetzung mit den diskursiven Normen der Kunstgeschichte hat Piotr Piotrowski Überlegungen zur Gegenwart angestellt.12 In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts seien, wie er hervorhebt, die nationalen Kategorien den universalistischen Bestrebungen einer modernistischen Lesart gewichen. Diese habe wiederum neue Normen aufgestellt, die das Verständnis der Besonderheiten von Kunstpraktiken ohne direkten Bezug zum modernistischen Diskurs erschwerten. Mit dem Ziel, »pluralistische geschichtlich-künstlerische Erzählungen« zu entwickeln, hat er das Projekt einer »horizontalen Kunstgeschichte« erarbeitet, das die Kunst »innerhalb eines dynamischen Prozesses, in Beziehung zu anderen Regionen und Thematiken, zu den lokalen Traditionen ebenso wie den äußeren Einflüssen« betrachtet.13
8Um die Inbezugsetzungen von westlichen und ethnografischen Werken zu befördern, sie von den aus der Kolonialzeit ererbten Denkordnungen zu lösen und auf diesem Weg den Diskurs zu entkolonisieren, hat der Anthropologe Alfred Gell den Begriff der agency (Agentivität) entwickelt. Die Intentionalität, die der Gestaltung der Werke zugrunde liegt, hinterlässt nach Gell Spuren in deren Agentivität, das heißt in der Beziehung, die sie zwischen dem Künstler und dem Adressaten herstellt. Indem er die Agentivität zum Untersuchungsgegenstand erhob, hat Gell die Intentionalitäten je nach ihrem Schaffenskontext differenziert, die Spezifität des Beziehungsgeflechts, in dem das Werk steht, beschrieben und dadurch neue Deutungsperspektiven eröffnet.14
9Solche Beziehungsforschungen, von denen hier lediglich einige Spielarten Erwähnung fanden, fragen nach den Grenzen von nationalen Charakterisierungen, stilistischen Einordnungen und Periodisierungen, wie sie den Diskurs der Kunstgeschichte prägten, und öffnen sich Deutungen, die die Aufmerksamkeit auf transregionale Perspektiven, Montagen und Fragmente richten. Die Strahlkraft des westlichen Universalismus infrage zu stellen und die Grenzen der aus dem 19. Jahrhundert ererbten fachlichen Spezialisierung zum Gegenstand der Betrachtung zu machen, mündet in methodologische Auseinandersetzungen, kritische Überlegungen hinsichtlich der Bestrebungen der Human- und Sozialwissenschaften und in Vorschläge, die Fachforscher in ein neues Verhältnis zu unterschiedlichsten Horizonten versetzen.15
2 – Die Spaltungen des Kalten Krieges und ihre Spuren in der Kunstgeschichte
10Dieser Überblick über die Erträge der Beziehungsforschungen für die Kunstgeschichtsschreibung möchte darüber nachzudenken anregen, aus welchen Gründen die Auswirkungen des Kalten Krieges auf die Entwicklung der Disziplin letztlich so selten thematisiert werden, legen doch die von der Kunstgeschichte eingeschlagenen Wege die Annahme nahe, diese habe sich von den nationalen Perspektiven gelöst, um sich transregionalen Perspektiven zu öffnen. Die Entwicklung von einer Betrachtungsweise zur anderen scheint dabei zwar nicht immer reibungslos, aber doch stetig verlaufen zu sein, ohne dass der Zeitpunkt genannt würde, ab dem die identitätsstiftenden Repräsentationen sich nicht mehr nur auf regionale oder nationale Zugehörigkeiten, sondern auch auf die Zugehörigkeit zum einen oder anderen ideologischen Block erstreckten. Dennoch: Gründen die Ausrichtungen der heutigen globalen Perspektiven auf einer Infragestellung der Grenzen sogenannter »nationaler« Räume, so beruhen sie ebenso sehr auf dem Verschwinden des Gleichgewichtsspiels zwischen zwei Mächten, die sich die Welt aufteilten. Die Kunstgeschichte hat indessen die Spuren noch nicht wirklich (an)erkannt, die das Konfliktgeschehen, das der Rivalität zwischen zwei Systemen und dem daraus erwachsenen Gleichgewichtsspiel innewohnt, in ihren Deutungen hinterlassen hat. Die Kenntnis des betreffenden Zeitraums bleibt stark geprägt von impliziten Voreingenommenheiten, die das Erbe binärer Lesarten sind. Themensetzungen, die die Aufspaltung lediglich nachzeichnen, ohne sie zu analysieren, Spannungen zwischen Ansätzen, die den Schwerpunkt auf soziale und politische Belange legen, und solchen, die diese zugunsten einer formalen Analyse ausschließen, wie auch die Debatten zwischen Vertretern einer »reaktionären« und denen einer »fortschrittlichen« Linie tragen schwer an einer Erblast des Kalten Krieges, die selten zur Sprache kommt.16 Selten sind auch die Schriften, die Kunstwerke aus dem früheren Osten und solche aus dem früheren Westen im selben Diskurs zueinander in Beziehung setzen und dabei auf die Besonderheiten der jeweiligen Kontexte eingehen, ohne die Praktiken des Ostens auf die Erwartungshorizonte der Kunstgeschichten in den vormals westlich des Eisernen Vorhangs gelegenen Ländern herunterzubrechen.17 Die Fortschreibung der Spaltung der Forschungsfelder und die Einebnung der Ostkunst durch die großen Erzählungen des Westens offenbaren vor allem eine wechselseitige Ignoranz, die Vorurteile kultivierte.
11Diese Fortschreibung der Spaltung rührt nicht nur aus mangelndem Interesse. Sie fußt auf der Begrenztheit methodologisch unterschiedlich verfahrender Fachgebiete, die einander für gewöhnlich nicht zur Kenntnis nehmen,18 sodass die künstlerischen Beziehungen in Europa während des Kalten Krieges weiterhin meist innerhalb der jeweiligen Blöcke ins Auge gefasst werden.19 Jede Forschung zu den künstlerischen Beziehungen zwischen Ost und West spornt also zu einer Befragung der Art und Weise an, wie die Geschichte der Kunst geschrieben wurde, dazu, sich für die Vorannahmen zu interessieren, auf denen die Methoden gründen, und sich für die Forschungen zu dem, was der Ostblock war, zu öffnen.20
3 – Wirklichkeit – ein miteinander geteilter Begriff in den künstlerischen Beziehungen im Europa des Kalten Krieges
12Um die von den Spaltungen und Gegensätzen des Kalten Krieges in den Diskursen und Deutungen hinterlassenen Spuren analytisch aufzuschließen, um zu erkennen, welch übermächtigen Schatten die Spaltung auf die Beurteilung der künstlerischen Beziehungen in Europa geworfen hat, und um sich künstlerische Beziehungen überhaupt vorstellen zu können, die nicht von vornherein der geopolitischen Ordnung unterworfen sind, kommen komparatistische Untersuchungen, die den Gegensatz längs der ideologischen Trennlinien des Kalten Krieges nur reproduzieren würden, nicht in Betracht. Zirkulationen zwischen unterschiedlichen geopolitischen Räumen ins Blickfeld zu rücken, wie es in den Forschungen zu den künstlerischen Beziehungen, zu denen wir einen Überblick vorgelegt haben, der Fall ist, reicht zudem nicht aus in einem Kontext, in dem diese Zirkulationen gerade sehr beschränkt sind. Die Erforschung der künstlerischen Beziehungen in Europa während des Kalten Krieges bedingt deshalb auch eine Reflexion darüber, was eine Beziehung überhaupt ausmacht.
13Damit aber die künstlerischen Beziehungen nicht bloß die Kultur- und Politikgeschichte illustrieren, muss zugebilligt werden, dass neben einzelnen kontextbezogenen Interpretationen auch solche zugelassen werden, die das Miteinanderteilen von spezifischen Fragen der künstlerischen Praktiken würdigen. Um solche Teilhaben besser zu erkennen und den besonderen Beitrag einer Kunstreflexion in den Beziehungsforschungen zu unterstreichen, sollte sich dementsprechend das Interesse für die künstlerischen Beziehungen zwischen unterschiedlichen geopolitischen Räumen auf eine Fragestellung richten, die die künstlerischen Praktiken des Ostens und des Westens miteinander teilen. Ausgehend von den unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich dieser Fragestellung, ihrer Einschreibung in ein Erbe, ihren abweichenden Deutungen, gilt es zwischen diesen Kontexten Differenzierungen und Annäherungen vorzunehmen.
14Auf diesem beachtlichen Stellenwert, der in der Zeit des Kalten Krieges der Deutung der Wirklichkeit durch die Kunst beigemessen wurde, gründet nun eben diese miteinander geteilte Fragestellung, die es unter gekreuzten Blicken aufzuwerfen gilt, um den Wegen näher zu kommen, auf denen sich die künstlerischen Beziehungen erfassen lassen. Sie scheint durch in der diskursiven Verwendung des Begriffspaars »wirklich« und »Wirklichkeit« (réel und réalité)21 wie auch in diversen Thematiken, die um die Verbindung der Kunst zur Wirklichkeit kreisen. Die im Rahmen des Projekts »Jedem seine Wirklichkeit« vorgenommene Auswertung der Kunstpresse aus den Jahren 1960 bis 1989 in Frankreich, BRD, DDR und Polen hat die Relevanz der Fragestellung bestätigt.22 Der Projekttitel »Jedem seine Wirklichkeit« zielt nicht nur darauf, sich der Einzigartigkeit der jeweiligen Blickpunkte in ihrer Vielheit anzunehmen, sondern auch darauf, anhand der gekreuzten Blicke auf gleichlautende Begriffe die Möglichkeit des Miteinanderteilens ins Auge zu fassen. Die Verständnisweisen hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen der Kunst und dem fraglichen Begriffspaar eröffnen eine Perspektive auf die Frage ihrer Beziehung schlechthin ebenso wie auf die Modalitäten, nach denen sich die künstlerischen Praktiken in ihrer Befragung des Wirklichen und der Wirklichkeit hinsichtlich der Realitäten verhalten, die jede sozialistische und kapitalistische Gesellschaft als Wahrheit etabliert.
15Wenn die Forschung die Verbindung der Kunst zur Wirklichkeit, so wie Kunsthistoriker, Kunstkritiker und Künstler sie begreifen, ins Zentrum ihrer Analyse der künstlerischen Beziehungen zwischen Ost und West stellt, verfügt sie über ein Mittel, die Beschreibungsmerkmale einander anzunähern oder voneinander abzuheben. Sie kann das Augenmerk darauf richten, wie die Fragestellung in einem spezifischen Kontext verankert ist, und an ihr zugleich die grenzüberschreitenden Permanenzen erkennen. Der Begriff von einer fluiden und formbaren Wirklichkeit mündet in Unterscheidungen zwischen den Ideologien, zwischen Theorie und Praxis, Produktion und Rezeption. So kommen die Verständnisse des Begriffs in ihrer Pluralität zum Vorschein. Zwischen ihnen artikulieren sich Gegensätze, Widersprüche und Überschneidungen, die sich zu einem komplexen Prisma fügen, das sich nicht auf eine binäre Aufspaltung verkürzen lässt, wie sie der politisch-kulturelle Gesamtkontext des Kalten Krieges so nachhaltig genährt hat. Tatsächlich hat beiden Blöcken das Feld der Kultur dazu gedient, die für ihre jeweiligen Bestrebungen konstitutiven symbolischen Werte funkeln zu lassen, im Westen etwa Freiheit, Individualismus, Universalität und im Osten gleichfalls Freiheit, dazu antifaschistischer Kampf, Kollektivität, Internationalismus. Diese Werte prägten das in den Diskursen über die Kunst immer wieder anzutreffende Denken in binären Gegensätzen wie Figuration / Abstraktion, Autonomie / Engagement, Revolution / Friedensstiftung, Individuum / Kollektiv, politisch / unpolitisch, vorgeschriebene Formen / freie Formen usw.
16Zur Frage steht hier nicht, die Aufeinanderfolge der künstlerischen Beziehungen zwischen Ost und West zu ergründen, sondern eine Zugangsweise vermittels einer methodologischen Reflexion zu eröffnen, die sich auf zwei Ebenen erstreckt: die der künstlerischen Beziehungen auf der einen und die der Verbindungen zwischen Kunst und Wirklichkeit auf der anderen Seite. Beide kommen in einer Reihe von Fallstudien zum Tragen. Die Referenzen und Beispiele betreffen hauptsächlich Frankreich, die beiden Deutschlands und Polen, die im Zentrum des Forschungsprojekts »Jedem seine Wirklichkeit« standen.23
17Unsere Darstellung gliedert sich in zwei Teile und diese wiederum in fünf Abschnitte, und zwar in zwei methodologischer Art und drei, die Fallstudien gewidmet sind. Zum Auftakt ruft sie die Maßstäbe in Erinnerung, die in den Osteuropa-Forschungen unter Berücksichtigung der spezifisch sozialistischen Verhältnisse gesetzt worden sind. Diese für das Ergründen der künstlerischen Beziehungen in Europa in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts unerlässliche Vorarbeit lässt die Spuren hervortreten, die der Zeitraum des Kalten Krieges in den Methoden der Kunstgeschichte hinterlassen hat. Wer die binäre Analyse der künstlerischen Beziehungen während des Kalten Krieges entkräften will, muss ihre Grenzen erfassen und einen Weg ersinnen, sich diesen unter einem anderen Winkel anzunähern.
18So ergibt sich im zweiten Schritt infolge des kritischen Blicks auf die Analyse der Beziehungen und die Forschungserträge der Verflechtungsgeschichte das Vorhaben, die Aufmerksamkeit auf einen in allen vier untersuchten Ländern miteinander geteilten Begriff zu richten. Das Begriffspaar wirklich und Wirklichkeit hat sich hierbei aufgrund seiner häufigen Wiederkehr in den damaligen künstlerischen Auseinandersetzungen und Praktiken, aber auch seines fluiden und formbaren Charakters wegen als besonders aussagekräftig erwiesen. Seine Verwendungen wurden erschlossen aus einem breiten, Äußerungen der Kritik in der Kunstpresse wie auch der Künstler selbst umfassenden Quellenspektrum, zusammengestellt anhand von veröffentlichten Schriften, Archivdokumenten und Berichten. Die drei im Weiteren behandelten Beispiele wollen der heterogenen Mischung und Komplementarität dieser Quellen Rechnung tragen. Sie veranschaulichen jeweils unterschiedliche Konzeptionen der Beziehungen zwischen Kunst und Wirklichkeit.
19Im dritten Abschnitt verweilt die Analyse bei dem, was als Erstes unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, nämlich bei einem Verständnis der Kunst als etwas der Wirklichkeit Anhaftendem, so als wäre sie eine Verdoppelung dessen, was dem Diskurs als wirklich gilt – sei es die Geschichte, die Gesellschaft oder die Gegenwart. Wirkliches und Wirklichkeit stehen dabei nicht notwendigerweise im Zentrum des Diskurses, sie unterliegen aber immer schon vorgefassten Ansichten, und die Kunst wird unter Bezugnahme auf sie verstanden. Unter diesem Blickwinkel tritt ein konstitutives Interdependenzverhältnis zwischen den Repräsentationen der Kunst des Ostens und des Westens zutage, wie die Untersuchung der Diskurse verdeutlicht, die in den Katalogen zweier vom Musée d’Art moderne de la Ville de Paris 1981 ausgerichteter Ausstellungen zur deutschen Kunst zur Entfaltung kamen. In diesem Zusammenhang gilt das Interesse der Fragilität der Affinitäten, die sich zwischen den aus ihrer Anhaftung an eine vorgefasste Wirklichkeit heraus verstandenen Praktiken etabliert hatten.
20Im vierten Kapitel erkunden wir, wie die Auffassungsunterschiede polnischer und französischer Kritiker bezüglich dieser Verbindung der Kunst zur Wirklichkeit abweichende Interpretationen derselben Kunstströmung hervorgebracht haben. Eine Analyse der Rezeption abstrakter Kunst beim 1960 in Warschau abgehaltenen »VII. Kongress der AICA« (die AICA ist die Internationale Vereinigung der Kunstkritiker) ergibt, dass zwischen den französischen und den polnischen Kritikern hinsichtlich dieser Tendenz grundlegende Auffassungsunterschiede bestanden.
21Im fünften Schritt schließlich befasst sich unsere Studie mit den Beziehungen, die sich einstellen können, wenn die Verbindung der Kunst zur Wirklichkeit als Schöpfung verstanden und der Schwerpunkt auf die kritische Natur der Kunst gelegt wird – auf das, was sie zu bewirken vermag, und zwar nicht als Erscheinungsform einer äußeren Wirklichkeit, sondern als Ertrag der Beziehung des Künstlers zur Welt. Hier zeichnen sich feine Unterschiede und geteilte Auffassungen in der Weise ab, wie die Verbindung zwischen Kunst und Wirklichkeit gedacht wurde, was etwa in der Begegnung der Galeristin Anka Ptaszkowska und des Künstlers Daniel Buren in den 1970er-Jahren zum Vorschein kommt.
22Unsere Fallstudien nehmen also die Diskurse über die Kunst zum Ausgangspunkt. Sie tun dies jedoch nicht, um deren Analyse als einziges Mittel der Werkerkenntnis zu etablieren, sondern vielmehr, um die Grenzen dieser Diskurse und der von ihnen implizierten Konditionierung in Anbetracht dessen auszuloten, dass sie Annäherungen zwischen künstlerischen Praktiken aus unterschiedlichen Kontexten verhindern. Das Studium von Ausstellungskatalogen, die Untersuchung der Rezeption einer künstlerischen Bewegung bei einem Kunstkritiker und die Fokussierung auf die Begegnung zwischen einem Künstler und einem Kunstkritiker erlauben es, das Interesse auf die Zusammenhänge zwischen künstlerischer Schöpfung und den von soziopolitischen Kontexten bestimmten Diskursen zu lenken und dabei doch die Unterscheidung zwischen beiden zu wahren.
23Die hier zu diesem Begriff vorgelegte Reflexion führt Fachbereiche zusammen, die sonst oft in ideologische, nationale oder disziplinäre Räume aufgeteilt sind; auf keinen davon berufen wir uns im Besonderen. Diese Annäherungen sollen eine Reihe von Unterscheidungen hervortreten lassen, die in ihrem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis verstanden werden, um die Kunstpraktiken des Kalten Krieges neu zu denken, ohne dabei die Gegensätze zu reaktivieren, die die politische Trennlinie noch verstärkt haben. Mit Augenmerk auf die spezifischen Auswirkungen dieser Aufteilung auf das Kunstverständnis und auf Grundlage der Anerkennung dieser Pluralität ist es unser Ziel, die Beziehungen nicht nur transnational oder transideologisch zu befragen, sondern in ihren Mittelpunkt die Frage des Verhältnisses zum schöpferischen Akt zu stellen.
Notes de fin
1 Siehe Michela Passini, La fabrique de l’art national. Le nationalisme et les origines de l’histoire de l’art en France et en Allemagne 1870–1933 (Passages / Passagen, 43), Paris 2012; Éric Michaud, Les invasions barbares. Une généalogie de l’histoire de l’art, Paris 2015; Michela Passini, L’œil et l’archive. Une histoire de l’histoire de l’art, Paris 2017.
2 Im Zuge seiner ikonologischen Arbeiten namentlich zu den Figuren des Pathos und anhand dessen, was er als »Bilderfahrzeuge« beschrieb, schenkte Aby Warburg den Bildern Aufmerksamkeit, in denen er Relikte aus anderen Zeiten erkannte. Er interessierte sich für die Möglichkeitsbedingungen ihres Auftretens wie auch für die gewandelten Bedeutungen, mit denen sich diese Formen im Verlauf neuer Belegungen aufluden. Zu den »Pathosformeln« siehe Aby Warburgs Studien zur Bedeutung der Antike in der italienischen Kunst der Renaissance in seinen Gesammelten Schriften, 2 Bde., Berlin und Leipzig 1932; online: https://0-gallica-bnf-fr.catalogue.libraries.london.ac.uk/ark:/12148/bpt6k922852 (Bd. 1) und https://0-gallica-bnf-fr.catalogue.libraries.london.ac.uk/ark:/12148/bpt6k92284q (Bd. 2) [letzter Zugriff: November 2020, wie auch für alle nachfolgenden URL]). Vgl. ders., Der Bilderatlas MNEMOSYNE, hg. von Martin Warnke unter Mitarbeit von Claudia Brink, Berlin 2000. Zum Thema des Vermächtnisses Aby Warburgs in der Kunstgeschichte siehe insbesondere das Projekt »Bilderfahrzeuge. Aby Warburg’s Legacy and the Future of Iconology«, Wissenschaftsblog, https://bilderfahrzeuge.hypotheses.org.
3 Siehe Hans Robert Jauß, Literaturgeschichte als Provokation, Frankfurt am Main 1970; ders., Ästhetische Erfahrung und literarische Hermeneutik, Frankfurt am Main 1991.
4 Siehe Michel Espagne und Michael Werner (Hg.), Transferts. Les relations interculturelles dans l’espace franco-allemand (XVIIIe–XIXe siècle), Paris 1988; dies. (Hg.), Philologiques I. Contribution à l’histoire des disciplines littéraires en France et en Allemagne, Paris 1990; Michel Espagne, Françoise Lagier und Michael Werner (Hg.), Philologiques II. Le maître de langues. Les premiers enseignants d’allemand en France (1830–1850), Paris 1991; Michel Espagne und Michael Werner (Hg.), Philologiques III. Qu’est-ce qu’une littérature nationale?, Paris 1994; Katia Dmitrieva und Michel Espagne (Hg.), Philologiques IV. Transferts culturels triangulaires. France–Allemagne–Russie, Paris 1996; Michel Espagne, Les transferts culturels franco-allemands, Paris 1999; ders., L’histoire de l’art comme transfert culturel. L’itinéraire d’Anton Springer, Paris 2009.
5 Siehe Julia Gelshorn und Tristan Weddingen, »Das Netzwerk: zu einem Denkbild in Kunst und Wissenschaft«, in: Hubert Locher und Peter J. Schneemann (Hg.), Grammatik der Kunstgeschichte, Zürich 2008, S. 54–77.
6 Vgl. Enrico Castelnuovo und Carlo Ginzburg, »Domination symbolique et géographie artistique [dans l’histoire de l’art italien]«, in: Actes de la recherche en sciences sociales, 40, November 1981, S. 51–72; Andrzej Turowski, Existe-t-il un art de l’Europe de l’Est? Utopie et idéologie, Paris 1986; Katarzyna Murawska-Muthesius (Hg.), Borders in Art. Revisiting Kunstgeographie, Warschau 2002; Thomas DaCosta Kaufmann, Toward a Geography of Arts, Chicago und London 2004; Marina Vanci-Perahim und Catherine Wermester (Hg.), Atlas et les territoires du regard. Le géographique de l’histoire de l’art, XIXe–XXe siècle, Paris 2006; Kantuta Quirós und Aliocha Imhoff (Hg.), Géoesthétique, Dijon 2014.
7 Seit etwa 20 Jahren mehren sich Studien zu künstlerischen Beziehungen und Transfers, wobei das französisch-deutsche Verhältnis an wichtiger Stelle steht. Die Forschungen von France Nerlich und Bénédicte Savoy (im Rahmen des Forschungsprogramms »ArtTransForm«, online: https://atf.dfkg.org sowie Anm. 10) oder Jean-Louis Cohen und Hartmut Frank (siehe Interférences / Interferenzen. Architecture Allemagne-France 1800–2000, Ausst.-Kat. Straßburg, Musée d’Art moderne et contemporain, Straßburg 2013) sind hierfür repräsentative Beispiele. In dieser Wissenschaftslandschaft nimmt das Deutsche Forum für Kunstgeschichte (DFK Paris) durch seine Forschungsprojekte und Publikationen zu künstlerischen Beziehungen, aber auch aufgrund seiner Förderung der Beziehungen zwischen Forschenden aus unterschiedlichen Wissenschaftskulturen einen besonderen Platz ein; siehe hierzu das Gesamtverzeichnis seiner Veröffentlichungen, online: https://dfk-paris.org/fr/page/publications-5.html.
8 Vgl. Hans Belting, Bild-Anthropologie. Entwürfe für eine Bildwissenschaft, München 2001; Thierry Dufrêne und Anne Christine Taylor (Hg.), Cannibalismes disciplinaires. Quand l’histoire de l’art et l’anthropologie se rencontrent, Paris 2009; Histoire de l’art et anthropologie, Paris 2009, online: http://actesbranly.revues.org/60; Forschungsprojekt »Bilderfahrzeuge. Aby Warburg’s Legacy and the Future of Iconology« (Anm. 2).
9 Z. B. Passini 2012 (Anm. 1).
10 Siehe die aus dem Forschungsprogramm »ArtTransForm: Transnationale Künstlerausbildung zwischen Frankreich und Deutschland 1793–1870« hervorgegangenen Bände: France Nerlich und Bénédicte Savoy (Hg.), Pariser Lehrjahre. Ein Lexikon zur Ausbildung deutscher Maler in der französischen Hauptstadt, Bd. 1: 1793–1843, Bd. 2: 1844–1870, Berlin und München 2013, 2015.
11 Siehe hierzu insbes. die Aufsätze in: James Elkins (Hg.), Is Art History Global?, New York 2006; sowie die Forschungen im Rahmen des Projekts »Artl@s« unter der Leitung von Béatrice Joyeux-Prunel und Catherine Dossin (online: https://artlas.huma-num.fr); vgl. Béatrice Joyeux-Prunel, Les avant-gardes artistiques (1848–1918). Une histoire transnationale, Paris 2016. Siehe auch die Forschungen auf dem Gebiet der Kunsthistoriografie und der ästhetischen Praktiken von Hannah Baader und Gerhard Wolf im Rahmen des Forums Transregionale Forschung in Berlin, online: www.forum-transregionale-studien.de, insbes. das Forschungsprogramm »Art Histories and Aesthetic Practices«, online: www.art-histories.de.
12 Piotr Piotrowski, »On the Spatial Turn, or Horizontal Art History«, in: Umění. Časopis Ústavu dějin umění Akademie věd České Republiky, 5, 2008, S. 378–383; online: http://www.digitalniknihovna.cz/knav/uuid/uuid:88c6c2cc-9117-6813-7d83-ee4126e34535.
13 Ebd., S. 380.
14 Alfred Gell, Art and Agency. An Anthropological Theory, Oxford 1998.
15 Vgl. Monica Juneja, »Kunstgeschichte und kulturelle Differenz. Eine Einleitung«, in: Kritische Berichte, 40, 2: Universalität der Kunstgeschichte?, 2012, online: http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/kb/issue/view/1324; und die Arbeiten von Bénédicte Savoy, insbes. ihre Inauguralvorlesung am Collège de France am 30. März 2017, online: www.college-de-france.fr/site/benedicte-savoy/inaugural-lecture-2017-03-30-18h00.htm; Bénédicte Savoy, Objets du désir, désir d’objets, Paris 2017, online: http://0-books-openedition-org.catalogue.libraries.london.ac.uk/cdf/5021.
16 Wir denken beispielsweise an die sehr gegensätzlichen Arten des Umgangs mit der kinetischen Kunst, je nachdem, ob sie unter politischer Perspektive in den Blick genommen wird wie bei Jacopo Galimberti in seinem Artikel »Les premières années du GRAV: mieux vaut Marx que Malraux« (auf der Website des Projekts »OwnReality«, hg. von Mathilde Arnoux und Clément Layet, 2017, https://dfk-paris.org/de/page/ownrealityfallstudien-1361.html#/resolve/articles/23258, Erstveröffentlichung 2015, online: http://www.perspectivia.net/publikationen/ownreality/13) oder umgekehrt aus einem formalen Blickwinkel betrachtet wird wie in der 2013 im Pariser Grand Palais ausgerichteten Ausstellung Dynamo. Un siècle de lumière et de mouvement dans l’art, 1913–2013.
17 Unter den Texten, die innerhalb ihres Narrativs darauf achten, nach Einmaligkeit der Kontexte und deren Folgen für die Bedeutung der künstlerischen Praktiken zu unterscheiden, seien beispielsweise genannt: Iritt Rogoff, The Divided Heritage. Themes and Problems in German Modernism, Cambridge 1991; Claudia Mesch, Modern Art at the Berlin Wall. Demarcating Culture in the Cold War Germanys, London 2008; Cold War Modern, hg. von David Crowley, Ausst.-Kat. London, Victoria and Albert Museum, London 2008; Eckhart Gillen, Feindliche Brüder? Der Kalte Krieg und die deutsche Kunst 1945–1990, Berlin 2009; Claire Bishop und Marta Dziewańska (Hg.), 1968–1989. Political Upheaval and Artistic Change, Warschau 2010; Sigrid Hofer (Hg.), Grenzgänge zwischen Ost und West, Dresden 2012; Jérôme Bazin, Pascal Dubourg-Glatigny und Piotr Piotrowski (Hg.), Art beyond Borders. Artistic Exchanges in Communist Europe (1945–1989), Budapest 2016.
18 Hierzu siehe Maria Orišková, Zweistimmige Kunstgeschichte [2002], Wien 2008. Sie analysiert die Inhalte der Ostkunst unter geografischen, chronologischen und politischen Gesichtspunkten und die Auswirkungen dieser Verständnisordnungen auf die Unterscheidungen zwischen offizieller Kunst bzw. Staatskunst und inoffizieller bzw. alternativer Kunst. Darüber hinaus befasst sie sich mit dem Platz der Kunst des Ostblocks in der Geschichte der Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
19 Zu den Ländern westlich des Eisernen Vorhangs siehe z. B. Serge Guilbaut, Comment New York vola l’idée d’art moderne. Expressionnisme abstrait, liberté et guerre froide, Nîmes 1988, Neuausgabe, Paris 2006; Steffen Dengler, Die Kunst der Freiheit? Die westdeutsche Malerei im Kalten Krieg und im wiedervereinigten Deutschland, München 2010; Antje Kramer, L’aventure allemande du Nouveau Réalisme. Réalités et fantasmes d’une néo-avant-garde européenne (1957–1963), Dijon 2012; Hélène Trespeuch, La crise de l’art abstrait? Récits et critiques en France et aux États-Unis dans les années 1980, Rennes 2013. Die Forschungen zu vormals östlich des Eisernen Vorhangs gelegenen Ländern interessierten sich auch für die Beziehungen zwischen den Kunstpraktiken aus der beschränkten Perspektive eines Blocks, seien es das Standardwerk von Piotr Piotrowski, In the Shadow of Yalta. Art and the Avant-garde in Eastern Europe, 1945–1989, London 2009 (polnische Originalausgabe 2005); die Atlas East Art Map, hg. von der Gruppe IRWIN (Miran Mohar, Andrej Savski, Borut Voglenik), 2006, online: www.eastartmap.org; das 2006 von Reuben und Maja Fowkes an der Manchester Metropolitan University initiierte SocialEast Forum, fortgeführt seit 2013 durch das Translocal Institute, online: http://translocal.org; oder die Forschungen von Klara Kemp-Welch im Rahmen des Projekts »Networking the Bloc«, siehe ihr Buch: Antipolitics in Central European Art. Reticence as Dissidence under Post-Totalitarian Rule 1956–1989, London und New York 2014.
20 Mit Lena Bader, Clément Layet und Matylda Taszycka habe ich in Zusammenarbeit mit dem Polnischen Institut in Paris und der Universität Paris Nanterre 2016/17 im Deutschen Forum für Kunstgeschichte eine Reihe von Gesprächsrunden zum Thema »Autoritäten der Kunstgeschichte« ins Leben gerufen. Europäische Persönlichkeiten aus verschiedenen Räumen und Traditionen, die für ihren Beitrag innerhalb der Kunstgeschichte und im musealen Bereich hohe Anerkennung genießen, sollten einander begegnen und die Bedeutungen, Verankerungen und Institutionalisierungsformen, die ihren Tätigkeitsbereich am entscheidendsten geprägt haben, aus ihrem jeweiligen Kontext heraus erörtern, um den Hinterlassenschaften des Kalten Krieges in den Erzählungen von heute nachzugehen; online: https://dfk-paris.org/de/page/autoritäten-der-kunstgeschichte-1457.html.
21 Z. B. in den Titeln folgender Publikationen: L’art du réel USA 1948–1968, Ausst.-Kat. Paris, Grand Palais, Paris 1968; Peter Sager, Neue Formen des Realismus – Kunst zwischen Illusion und Wirklichkeit, Köln 1973; Polish Realities. New Art from Poland, hg. von Christopher Carrell u. a., Ausst.-Kat. Glasgow, Third Eye Center, Glasgow u. a., 1988; L’ivresse du réel. L’objet dans l’art du XXe siècle, hg. von Guy Tosato, Ausst.-Kat. Nîmes, Carré d’art, Paris 1993; Hal Foster, The Return of the Real. The Avant-Garde at the End of the Century, Cambridge, Mass., 1996; sowie in den folgenden Kapitelüberschriften: »Die Inszenierung des Wirklichen oder die Macht der Fotografie«, in: Klaus Honnef, Kunst der Gegenwart, Köln 1988; »The Real and Its Objects«, in: Michael Archer, Art since 1960, London 1997; »L’art adhère au réel« und »Un retour dans la réalité des choses«, in: Catherine Millet, L’art contemporain en France, Paris 2005.
22 Zur Bedeutung dieser Begriffe im Diskurs über die Kunst verweise ich auf die Datenbank des Projekts »OwnReality. Jedem seine Wirklichkeit« sowie auf die von Maria Bremer, Constanze Fritzsch, Krzysztof Kosciuczuk und Julie Sissia verfassten synthetischen Präsentationen zu den Zeitschriften auf der Website des Projekts, hg. von Mathilde Arnoux und Clément Layet, 2017, online: http://dfk-paris.org/de/ownreality, siehe insbes. »Datenbank und Recherche« und »Quellen«.
23 Siehe das Nachwort in der vorliegenden Publikation, S. 175–178.
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