«Sermo» in Briefform, Reliquienkult und Klosterpolitik
Das Schreiben des Mönches Garsias an Bischof Oliba von Vic über Gründung und Ausstattung des Klosters Sant Miquel de Cuixà
p. 247-255
Texte intégral
1Als der Mönch Garsias, Angehöriger des Benediktinerklosters Saint-Michel de Cuxa (Sant Miquel de Cuixà), zwischen 1043 und 1046 sein umfangreiches, an die Form einer Predigt angelehntes Schreiben, als Brief, Brief-Predigt oder gar Traktat gekennzeichnet1, «une œuvre composite, qui tient à la fois de la lettre, de la liste de reliques et du sermon2», in demütiger Haltung als bonorum monachorum ultimus, sanctitatis autem vestrae servus, gratiae vel potestati quoad vivam famulus an seinen Abt und pater Oliva, also an den in doppelter Funktion amtierenden Bischof Oliba von Vic richtete, um den Jahrestag der Weihe seiner Klosterkirche gebührend zu würdigen3, geschah dies in dem Bewußtsein, einer herausragenden Institution anzugehören und in lobrednerischer Haltung einen Mann zu ehren, durch dessen Verdienste nicht nur der eigene Konvent eine ungeheure Erhöhung erfahren, sondern durch dessen Wirken auch die Klosterlandschaft der Pyrenäen beträchtliche Veränderungen erlebt hatte4. So schwer bestimmbar und einem eindeutigen Genre zuzuordnen die äußere Form des Garsias-Schreibens ist, das einst durch Étienne Baluze schlicht als epistola5 und zuletzt durch Ramon Ordeig i Mata als sermó commemoratiu d’anniversari zur Erinnerung an die frühere Kirchweihe von Cuxa, wahrscheinlich am 28. September des Jahres 974, bezeichnet wurde6, so ungeordnet und fast undurchschaubar erweist sich sein innerer Aufbau. Dies kann allerdings nicht verwundern, da der Brief als Gattung zwar auf eine lange Tradition in der Antike zurückblicken konnte, ihm indes keine verbindlichen oder gar starren Formen eigneten, sondern er auf die wenig verbindlichen Regeln der Rhetorik zurückgriff, bevor die Gattung durch die Entwicklung der Ars dictaminis bzw. Ars dictandi seit dem Ende des xi. Jahrhunderts mit ihren stilistischen Übungsmöglichkeiten in festere, aber immer noch unverbindliche Formen gegossen wurde7. Einer eher knappen Inscriptio folgt ein Prooemium, in dem der Verfasser seine Ausführungen in den göttlichen Heilsplan einordnet, Hinweise auf den Lebenslauf seines Abtes gibt und zugleich deutlich werden läßt, daß er aufgrund persönlicher Kenntnis, aber auch auf Veranlassung und mit gezielter Unterstützung Abt-Bischof Olibas insbesondere durch dessen familiaris Arnulf und unter Einsichtnahme in die Archivüberlieferung seine Tätigkeit aufgenommen habe8. Es folgt ein Abriß der Gründung und Geschichte des Konvents von seinen ersten Anfängen in Saint-André d’Eixalada am Têt im Conflent im ix. Jahrhundert bis hin zur zweiten Konsekration von Saint-Michel de Cuxa unter dem Abbatiat Garins von 9749. Beeindruckend ist die dann folgende, kaum enden wollende Liste von Reliquien, die bei der Weihe der Klosterkirche Saint-Michel durch die teilnehmenden Bischöfe unter den Hochaltar gelegt worden sein sollen und zu denen neben Teilen des wahren Kreuzes sowie der Kleidung der Jungfrau Maria noch weitere 89, einzeln aufgeführte Überreste bis hin zu den Gebeinen der in Barcelona verehrten heiligen Eulalia gehört haben sollen, wobei keine eigentlich überraschenden Verehrungsgegenstände aufgeführt werden10. Erst im Anschluß daran werden Wirken und Leistung des Abt-Bischofs konkreter gewürdigt, indem —nun in der dritten Person— auf seine Bautätigkeit, die architektonische Ausstattung und die Ausschmückung der Konventsgebäude eingegangen wird, um schließlich in eine allgemeine Eloge Olibas zu münden, nicht ohne daß der Verdacht aufgekommen wäre, hier eine Mitwirkung des Gelobten oder zumindest Richtlinien desselben gewissermaßen als Formulierungshilfen zu vermuten11. Als Abschluß findet sich dann tatsächlich ein ausgedehnter predigtartiger Teil, der sich wohl direkt an die Mitbrüder, die carissimi, wendet, um ihnen in theologischer Grundlegung die Natur Gottes und die Auswirkungen der Heilslehre, das Dogma der Inkarnation und den letztendlichen Triumph des dreieinigen Gottes über die Mächte des Bösen nahezubringen12.
2Bereits Manuel Mundó hat darauf aufmerksam gemacht, daß als Vorlagen für Garsias vielleicht einige weitere Instrumente gedient haben konnten, jene cartulae, die ihm im Archiv seines Klosters zur Verfügung gestanden hatten13. Dazu können außer jener Immunitätsurkunde, die am 23. Juni 1035 zur Dotation der von Cuxa abhängigen Kirche Sainte-Marie-de-Tremesaigues bei Toulouse ausgestellt wurde14, vor allem die Predigt Olibas gerechnet werden, die dieser wohl vor Erzbischof Wifred von Narbonne und den Bischöfen von Toulouse, Girona, Comminges, Maguelonne, Carcassonne, Couserans und Elne anläßlich der Weihe der restaurierten Kapelle von Cuxa gehalten und die ihren Niederschlag im Garsias-Sermon gefunden hat15. Zu diesem Fundus gehört vielleicht auch jener Weiheakt der Klosterkirche von Ripoll aus dem Jahr 1032, den Oliba als Bischof und weiter amtierender Abt des Konvents gemeinsam mit den Bischöfen von Elne, Barcelona, Carcassonne und Albi durchführen ließ und zu dem eine Predigt gemäß dem liturgischen Ordo dedicationis ecclesiae mit seinen Vorschriften zur feierlichen Ausgestaltung des Weiheaktes überliefert ist, die nicht nur durch ihre Betonung der Rolle Olibas dem Garsias-Sermon ähnelt, sondern auch durch ihre zentrale Anordnung der wichtigsten Reliquienschätze des Konvents und ihre Hervorhebung der bedeutendsten Pretiosen, darunter neben den Reliquien zahlreicher Märtyrer unter dem Hochaltar die reliquiae proprii corporis beatorum apostolorum Petri et Pauli, deque vestimenis eorum sowie an demselben Ort die reliquiae proprii corporis patris beatissimi Benedicti, legislatoris admirabilis, spiritus omnium iustorum plenitudinem possidentis, die aus Saint-Benoît-de-Fleury stammten und 1023 transferiert worden waren16. Nicht ohne Grund wird bei dieser Gelegenheit die Schlüsselgewalt sowie die Binde- und Lösegewalt, die Lehrgewalt über alle Völker herausgestellt und die zusätzliche Erhöhung der Apostolizität der Abtei durch die großzügigen späteren Schenkungen weiterer Apostelreliquien —von Andreas bis Jacobus Zebedaeus— durch Raimbald von Reillane, den primas der Kirche von Arles, mit Oliba von Vic-Ripoll in enge Verbindung gebracht sowie ihre zukünftige Aufbewahrung im Marienaltar betont17. Gewiß wurde im Garsias-Sermon auch die Epistola des Mönches Oliba von Ripoll über den Tag der Geburt Christi herangezogen, die dieser seinem Abt Oliba widmete und die eindeutige Predigtelemente mit biblischen und historischen Beispielen enthält, vor allem aber Christus als Heilsgestalt in den Kontext einbezieht18. Sollten Junyent, Mundó, Ordeig i Mata und insbesondere Zimmermann mit ihrer Deutung der Patrozinienverweise im Garsias-Sermon richtig liegen, dann verwies selbst der recht unsichere und interpretierbare Hinweis auf den Jahrestag der Weihe vom 28. September 974 als Anniversaranlass nicht nur auf dieses Datum als besonderes Reliquienfest, sondern durch seine unmittelbare Nähe zum Festtag des Erzengels Michael am 29. September, zum Festtag des Erzengels Gabriel am 2. Oktober und zum Festtag des Erzengels Raphael am 3. Oktober auf die spezifische patronale Schutzherrschaft der Erzengel19. Die Zusammenführung eines intensiven Apostel- und Marienkultes mit der Märtyrer- und Benediktverehrung, verstärkt durch die Erzengelpatrozinien und eine beachtliche Vermehrung von Altären, schuf so eine eigentümliche Verbindung von Christus-, Apostel- und Heiligenkult mit kaum zu übertreffender Fernwirkung, die sich nicht zuletzt auch in zahlreichen Gebetsverbrüderungen niederschlagen sollte. Angesichts seiner Zielsetzung, Ripoll zu einer weit ausgreifenden monastischen Kongregation unter seiner Führung auszugestalten und eine Konkurrenzfähigkeit mit den anderen großen Kongregationen des Pyrenäenraums und des Languedoc herzustellen, beinhaltete dieses Vorgehen zudem die Möglichkeit eines Abschlusses gegen äußere spirituelle oder gar kirchenpolitische Einwirkungen.
3Die im Garsias-Sermon immer wieder aufscheinenden Grundlagen, die ihre Entsprechung in der fast unmäßigen Förderung des Reliquienkultes vornehm-lich in Ripoll und Cuxa durch den Abt-Bischof von Vic finden, verweisen, vor allem angesichts der persönlichen Initiativen Olibas, auf eine ab einem bestimmten Zeitpunkt großangelegte Planung, die Michel Zimmermann als «construction d’un royaume» gekennzeichnet hat20, die jedoch treffender als Anlage einer im Politischen verwurzelten Klosterlandschaft zu bezeichnen ist, die ihre zeitgenössische Entsprechung in der zumindest zeitweilig versuchten Schaffung eines zusammenhängenden Klosterterritoriums durch Saint-Victor von Marseille finden21, vielleicht auch dem Vorbild Cluny nacheifern22 und die im Konglomerat des zwischen Brief und Predigt schwankenden Werkes des Mönches Garsias und seiner Ideengeber zum Ausdruck kommen sollte. Die Anhäufung der Reliquien und ihre Aufbewahrung im Altarraum, die geballte Macht der Heiligen, die großenteils von Oliba selbst bis aus Norditalien, speziell Lodi, herangeschafft worden waren und unter Einschluß bisher noch nicht etablierter Heiliger eine neue «culture hagiographique» begründeten23, die Restauration der bedeutenden Konvente, die sich nicht nur auf die Baulichkeiten sondern auch auf eine weitreichende Besitzrestitution sowie den effektiven Schutz des Patrimoniums erstreckte, die Gründung und der Ausbau weiterer Klöster, Santa Maria de Montserrat als das bedeutendste24, die Durchsetzung einer engen spirituellen Anbindung durch Gebetsverbrüderungen oder durch die Einsetzung der Äbte wie im Fall von Saint-Martin du Canigou, einer Gründung Graf Wifreds II. von Cerdagne, des älteren Bruders Olibas, unter Mitwirkung von Mönchen aus Cuxa25 —dies alles waren ebenso wie die auf Verkündigung berechneten Sermones in Briefform Bausteine, um jene Klosterlandschaft mit einer entsprechenden Ausstrahlungskraft zu konstituieren, zu deren Kern außer Ripoll, Cuxa und Montserrat noch Sant Pere de Besalú, Serrateix, Portella und Sant Joan de les Abadesses gehören sollten, in weiterer Ausdehnung noch Canigou, Sant Feliu de Guixols, Tavèrnoles und Fluvià. Wie sehr es Oliba verstand, mit diesem Pfund zu wuchern, belegt jenes Schreiben an den mit seiner Familie nah verwandten und zum Umkreis der Grafen von Urgell gehörigen besitzreichen Adligen Arnau Mir de Tost, dem er als bekannten Förderer der Heiligenverehrung 1040 bereitwillig auf Anfrage Reliquien, que ego ipse in Lodio adquisivi und die in einem prächtigen Reliquiarium aufbewahrt wurden, zur Verfügung stellte, um mit dieser Freundschaftsgabe dessen Eigengründung Sant Martí de Tost in der gleichnamigen Burg auszustatten, die dann vom Bischof von Urgell in Gegenwart des Erzbischofs von Narbonne geweiht wurde26. Es liegt nahe, zwischen Oliba und dem Adligen, der bereits bei der Weihe der Klosterkirche von Ripoll im Jahr 1032 anwesend gewesen war und 1034 nach der Reconquista von Àger gemeinsam mit Graf Ermengol II. von Urgell Saint-Michel de Cuxa im Umkreis seiner Burg sowie im Tal von Àger Besitzungen übertragen hatte, die engen Bande einer amicitia, einer gegenseitigen Freundschaftsbindung, zu vermuten27. Zu der erwähnten Aktion, die im Oktober 1040 ihre Fortsetzung fand und zahlreiche Bischöfe aus dem katalanischen Raum anläßlich der Weihe der Kathedrale von Urgell vereinigte28, sind von Seiten Olibas, der nicht persönlich anwesend war, noch die Beteiligung an der Niederlegung von Heiligenreliquien auf einem Altar der Kathedrale —cum cuncta congregatione sibi commissa bzw. cum congregatione Sancti Mikaelis29—, die Förderung der Weihe der zum Kloster Sant Llorenç de Bagà gehörigen Kirche von Sant Climent de Vallcebre30, die Weihe der Klosterkirche von Sant Vicenç de Cardona31 und die Unterstützung bei der Einrichtung einer canonica anläßlich der Ausstattung von Sant Pere d’Àger zu rechnen32.
4Den äußeren Rahmen für diese Konsolidierungspolitik und kontinuierliche Einflußnahme stellte die herrschaftliche Ausdehnung der aus dem Grafenhaus von Barcelona als Nebenlinie hervorgegangenen und ebenfalls von Wifred dem Haarigen abstammenden Grafenfamilie Cerdagne-Besalú dar, aus der Oliba hervorgegangen war und die eine entsprechende Politik bereits gegen Ende des x. Jahrhunderts unter der Leitung des Grafen Miró II. el Jove von Cerdagne-Besalú sowie seines Sohnes Oliba Cabreta betrieben hatte33. Im Verein mit seiner Mutter Ava sowie seinen Brüdern Seniofred II., Wifred II. und Miro III. Bonfill, der als Graf-Bischof zeitweilig neben seiner Grafengewalt auch das Bischofsamt in Girona ausübte34, sollte Oliba Cabreta, der letztlich übrigblieb, bis zu seiner Abkehr vom weltlichen Leben und seinem Eintritt in das Kloster Montecassino 988 den Machtbereich der Cardagne-Besalú-Familie wesentlich erweitern und zu einem festen, fast undurchdringlichen Block zusammenschmieden35. Sein jüngerer Sohn Oliba hatte zu Beginn seiner Laufbahn das Grafenamt von Bergà und dem Ripollés bekleidet36, sich aber 1002 in das Kloster Ripoll zurückgezogen, wo seine Familie ihre Grablege hatte, um sich wie zuvor schon sein Vater dem geistlichen Leben zu widmen, ohne daß ein wirklich klarer Verzicht auf die Grafenfunktion nachzuweisen wäre. Nicht zuletzt aufgrund seiner Familienbindungen stieg er 1008 zum Abt von Ripoll37 und fast gleichzeitig (1009) zum Abt von Cuxa auf38, um schließlich noch seit 1017-1018 den Bischofsstuhl von Vic zu erlangen —Würden, die er ebenso wie wahrscheinlich seine Grafenfunktion bis zu seinem Tod 1046 innehaben sollte und die das Rückgrat für sein kirchenpolitisches Wirken bildeten39. Dies alles, einschließlich der Etablierung seiner engeren Familienmitglieder auf wichtigen weltlichen und geistlichen Ämtern40, verlieh seiner Persönlichkeit und seinem Wirken eine starke Position, die jedoch noch nicht ausreichte, um sich gegen den starken Druck der politischen Adelsgesellschaft seiner Epoche durchzusetzen und seine Zielvorstellungen zu verwirklichen. Dazu bedurfte er einer übergeordneten, allgemein anerkannten Autorität, die er nur im römischen Papsttum finden konnte, weshalb ihm daran gelegen war, die gerade sich nach den Wirren des x. und beginnenden xi. Jahrhunderts wieder entfaltende primatiale Stellung des Papsttums zu unterstützen und für seine Zwecke zu nutzen. In diesen Kontext gehören die beiden Romreisen Olibas von 1011 und 1016-1017 in Begleitung seiner engsten Familienmitglieder zu Sergius IV. und Benedikt VIII41. Sie brachten ihm die Besitz- und Rechtsbestätigungen für Cuxa und Ripoll42, seiner Familie die Anerkennung der Gründungen von Saint-Pierre de Fenouillet und von Saint-Martin du Canigou43 sowie die Errichtung eines Bischofssitzes in Besalú44, ein erster, wenn auch nicht zukunftsträchtiger Schritt zur Grundlegung einer Landeskirche, der sich mit Olibas Ripoll-Plänen deckte, aber mit dem Tod seines gräflichen Bruders Bernhard Tallaferro 1020, als dieser in der Rhône ertrank, ein Ende fand45. Es entwickelte sich anscheinend eine gewisse Romhörigkeit einschließlich vielleicht der Absicht, die römischen Basiliken architektonisch nachzuahmen, was Michel Zimmermann veranlaßte von einem «tropisme romain» zu sprechen46. Zur Schutzgewährung und Ausstrahlung gehörten außerdem noch weitere Instrumentarien, ohne dies hier weiter vertiefen zu können, deren wichtigste die Abhaltung einer Vielzahl von Synoden, die Präsenz bei zahlreichen Kirchweihen in seinem Bistum und die Einrichtung des Gottesfriedens, nicht zuletzt zur Absicherung des kirchlichen Patrimoniums, in dem von seiner Kirchenpolitik durchdrungenen Raum war47. Auf jeden Fall benötigte er größtmöglichen Schutz von vielen Seiten, um die klösterlichen Patrimonien zu sichern und ausbauen zu können, aber auch um sie gegen Eingriffe von laikaler —und das heißt unerwünschter adliger— Seite abzuschotten, weshalb die nun erneuerten Vorstellungen von libertas ecclesiae, Abwehr simonistischer Praktiken und freier Abtswahl bei ihm auf fruchtbaren Boden fielen, ohne daß er sie selbst, waren eigene Interessen im Spiel, immer beachtet hätte48. Der Hervorhebung der ihm zugeordneten oder seinem Einfluß offenstehenden Konvente und ihrer Fernwirkung galt indes seine besondere Anteilnahme, wie seine intensive Sammlertätigkeit von Reliquien für Ripoll (1032) und Cuxa (1043-1046) zeigt49, aber auch seine Förderung ihres liturgischen Sonderweges, wofür sein von Benedikt VIII. 1017 erwirktes Privileg zeugt, im klösterlichen Gottesdienst zu Ripoll an Lichtmeß sowohl das Halleluja als auch das Gloria in excelsis Deo feierlich singen zu lassen, selbst wenn dieses Fest in die Zeit nach Septuagesima fallen sollte50. Wie wichtig Oliba diese Verfügung war, zeigte sich, als sie 1032 unter Verweis auf das päpstliche Privileg eigens in die Weiheurkunde für die Basilika von Ripoll inseriert wurde51. Ebenso wie die Kirchweihurkunden stellten die bei solchen Gelegenheiten erstellten Sermones, in deren Zentrum neben den Bauwerken und den Altären häufig die Reliquienausstattung der Kirchen stand, vor allem wenn ihnen eine Briefform eignete, Mittel der Kommunikation dar, um die Strahlkraft der Konvente zu verstärken und weiter zu verbreiten. In diesen Kontext ist auch der Garsias-Sermon mit seinen Elementen einer Briefform einzuordnen, denn seine Bestimmung war gewiß die Verbreitung der Leistung Olibas in Cuxa und der besonderen Reliquienausstattung des Konvents als Grundstock einer monastischen Sakrallandschaft, deren Eigendynamik erst durch den Tod des Abt-Bischofs im November 1046 gebremst wurde. In beeindruckender Weise legt das umfassende Echo, das durch die Enzyklika zur Verkündung seines Todes in fast hundert Konventen und Kirchen —bis hin nach Limoges, Tours und Poitiers— hervorgerufen wurde52, Zeugnis ab von der Ausgestaltung dieser Sakrallandschaft und ihren möglichen zukünftigen Optionen.
Notes de bas de page
1 Ordeig i Mata, 2009, p. 46, mit Verweis auf die nun beste Edition durch Junyent i Subirà, Diplomatari i escrits literaris, pp. 369-386, n° 28 zu 1043-1046 («Carta-sermó del monjo Garsies de Cuixà a l’abat Oliba»), die früheren Drucke von Marca, Baluzius, Marca Hispanica, col. 1072-1082, Apend. CCXXII = Patrologia Latina, t. CXLI, col. 1443-1456 (Garsiae monachi Cuxanensis epistola ad Olivam Episcopum Ausonensem), sowie auf die Untersuchungen von Junyent i Subirà, 1951b, Trias Teixidor, 1977 (der Verweis bei Ordeig i Mata auf den Anuario de Filología [Barcelona] 11-12, 1985-1986, pp. 19-48, ist nur schwer zu verifizieren!), und Mundó, 1998. Eine vollständige Übersetzung ins Französische bieten nun Codina, Bourgain, Besseyre, 2009. Siehe auch Alturo i Perucho, 2004, bes. pp. 23 sqq.; Id., 1991, bes. pp. 30 sqq.; Iogna-Prat, 2006; Chastang, 2008, bes. pp. 198 sqq. (alle mit Verweis auf Trias Teixidor).
2 Iogna-Prat, 2006, p. 342, der zudem «la plus grande prudence […] dans l’exploitation historique de ce texte» anmahnt.
3 Diplomatari i escrits literaris, p. 370.
4 Aus der fast überbordenden und dennoch immer stärker anschwellenden Literatur zu Oliba von Vic seien nur herausgegriffen Zimmermann, «Sur la terre» mit der gezielten Einbeziehung der Geschichte von Cuxa, und von den klassischen Untersuchungen d’Abadal, 1962, sowie Albareda, 1972. Erst nach Abschluß des Manuskripts gelangte mir zur Kenntnis der jüngste, wichtige Aufsatz von Cingolani, «L’abat Oliba, el poder i la paraula», der hier einige seiner früheren Überlegungen wiederaufgegriffen hat (Cingolani, 2008).
5 Siehe Anm. 1.
6 Ordeig i Mata, 2009, p. 46, der sich letztlich den Ausführungen von Junyent i Subirà, 1951b, und Ponsich, 1952b, anzuschließen scheint. Zur Kirchweihe von 974 s. Ordeig i Mata, 2009, p. 47, und die Edition der Kirchweihurkunde von Ordeig i Mata, Les dotalies, pp. 218-221, n° 91 (zu 974 Sept. 30); Id., 1980, p. 166, n° 89 (zu 974 Sept. 30); Abadal i de Vinyals, 1954, pp. 203 sqq., n° 99 (zu 974 Sept. 30); Salrach i Marés, 1974, pp. 107-124.
7 Siehe außer den allgemeinen mittelalterlichen Literaturgeschichten und Lexika v.a. Leclercq, 1946a, pp. 63-70; Constable, 1976; Camargo, 1991; Ysebaert, 2009, pp. 41-73.
8 Diplomatari i escrits literaris, p. 370.
9 Ibid., pp. 370 sqq. Siehe Ponsich, 1952a, pp. 7-20; Id., 1980, pp. 7-32; Abadal i de Vinyals, 1954, pp. 85 sqq., 92 sqq.; Pladevall i Font, 1974, pp. 128 sqq.; Zaragoza Pascual, 1997, pp. 88 sqq.
10 Diplomatari i escrits literaris, pp. 371 sqq.
11 Ibid., pp. 378 sqq.
12 Ibid., pp. 379 sqq.
13 Mundó, 1970, pp. 360 sqq.
14 Diplomatari i escrits literaris, pp. 197-200, n° 117. Siehe ibid., p. 200, n° 118.
15 Les dotalies, II/1, p. 114, n° 168* zu [1040]. Siehe Diplomatari i escrits literaris, pp. 378 sqq.
16 Les dotalies, II/1, pp. 56-60, n° 151 zu 1032 Jan. 15; Diplomatari i escrits literaris, pp. 165-170, n° 104, zum Weiheakt; ibid., pp. 362-369, n° 27 zur Predigt Olibas, aus der die Zitate genommen sind. Zur Translation siehe das Schreiben des Abtes Gauzelin von Fleury an Oliba von 1023 in dem es heißt: Haec scilicet de pulvere carnis ossiumque illius, et ex linteo quo corpus eius involutum fuit, arque de mensura corporis eius, ex terra in qua iacuit ac sporta. Praeterea de velo sanctissimae sororis eius Scolasticae cum supra dictis portionem mittimus (ibid., pp. 325 sqq., n° 14).
17 Diplomatari i escrits literaris, p. 366. Siehe ibid., pp. 416 sqq., n° 15 zu 1066, zu diesen Vorgängen.
18 Ibid., pp. 336 sqq., n° 21 (um 1037).
19 Zimmermann, 2009, p. 36.
20 Ibid., p. 8.
21 Schmid, 1928; Amargier, 2001.
22 Zum Einfluß von Cluny in Katalonien zu dieser Epoche s. García-Guijarro Ramos, 1999, pp. 805-816.
23 Zimmermann, 2009, p. 35.
24 Zaragoza Pascual, 1997, pp. 155 sqq. Siehe Diplomatari i escrits literaris, pp. 109-112, n° 71, pp. 140 sqq., n° 89, zur Restitution entfremdeter Güter.
25 Zaragoza Pascual, 1997, pp. 64 sqq.; Pladevall i Font, 1974, pp. 136 sqq. Siehe zur Weihe der Klosterkirche durch Bischof Oliba von Elne, vielleicht im Beisein Olibas als indignus abba, Les dotalies, II/1, pp. 11 sqq., n° 125 zu 1009 Nov. 10.
26 Ibid., II/1, p. 95, n° 164A, I-II zu [1040] Sept. 22 (das Zitat p. 95 in I), pp. 96-101, n° 164B zu 1040 Okt. 7; Diplomatari i escrits literaris, pp. 338 sqq., n° 22 I-II; Baraut, «Les actes de consagracions», pp. 121-124, n° 49; Les actes de consagracions, pp. 130-134, n° 52. Siehe Fité i Llevot, González i Montardit, 2010, pp. 126 sqq., n° 32, pp. 128 sqq., n° 33; Fité i Llevot, 1986, pp. 47 sqq., 92 sqq.; Mundó, 1962, pp. 207-216. Zur Förderung der Reliquienverehrung durch Arnau Mir de Tost siehe Fité i Llevot, 2006-2007, pp. 511-549.
27 Fité i Llevot, González i Montardit, 2010, pp. 96 sqq., n° 12, 126, pp. 104 sqq., n° 16 zu 1034 Sept. 4; Les dotalies, II/1, pp. 56-60, n° 151 zu 1032 Jan. 15; Diplomatari i escrits literaris, pp. 165-170, n° 104. Siehe Fité i Llevot, 1985, pp. 22, 70, 101, 110, 143 n° XV.
28 Les dotalies, II/1, pp. 103-107, n° 165B zu 1040 Okt. 23; Baraut, «Les actes de consagracions», pp. 126 sqq., n° 51; Les actes de consagracions, pp. 135-138, n° 54; Cartulari de la Vall, vol. 1, pp. 122-126, n° 20.
29 Les dotalies, II/1, pp. 102 sqq., n° 165A III zu [1040 Okt. 12]; Diplomatari i escrits literaris, p. 241, n° 142.
30 Les dotalies, II/1, pp. 107 sqq., n° 166 zu 1040 Okt. 13; Baraut, «Les actes de consagracions», p. 125, n° 50; Les actes de consagracions, pp. 134 sqq., n° 53; Diplomatari i escrits literaris, pp. 251 sqq., n° 148 (zu 1042).
31 Les dotalies, II/1, pp. 110-114, n° 167 zu 1040 Okt. 23; Baraut, «Les actes de consagracions», pp. 128-131, n° 52; Les actes de consagracions, pp. 138-141, n° 55.
32 Fité i Llevot, González i Montardit, 2010, pp. 154-157, n° 52 zu 1048 März 21; Fité i Llevot, 1985, pp. 49, 100, 103, 113, 120, 146, nos XIX-XX, 380; Junyent i Subirà, 1951a, pp. 261 sqq.; Bauer, 1962, pp. 99-113; Fité i Llevot, 1986, pp. 186 sqq. (Apartat III).
33 Ponsich, 1998-1999, pp. 55-86.
34 Salrach i Marés, 1974, pp. 57-81; Id., 1989a; Id., 1989b, pp. 11-44.
35 Camprubí Sensada, 1999, pp. 151-162; Id., 2006, pp. 69-72.
36 Ibid., pp. 72-76; Zimmermann, 2009, pp. 10 sqq.; Junyent i Subirà, 2001c, pp. 177-190, mit Karte auf p. 185.
37 Diplomatari i escrits literaris, pp. 49-54, n° 40, pp. 310-317, n° 8; Recueil des Rouleaux des Morts, vol. 1, pp. 88-101, n° 67; Dufour, 1977, pp. 22-30, n° 1. Siehe Llagostera i Fernández, 1995-1996, p. 20; Junyent i Subirà, 2001a, p. 298; Pladevall i Font, 1974, pp. 100 sqq.
38 Zaragoza Pascual, 1997, p. 89.
39 Siehe nun v.a. Zimmermann, 2009, pp. 9 sqq., der Literatur und Quellenlage referiert. Auch Cingolani, 2011-2013, pp. 129 sqq., interpretiert mit Verweis auf den Sermo die Ämterübernahme durch Oliba als «decisió de la família» (p. 130).
40 So seine Brüder Wifred II. als Graf von Cerdagne, Bernhard II. «Tallaferro» als Graf von Besalú, sein Bruder Berengar, der früh jedoch starb, sowie sein Halbbruder Oliba als Bischöfe von Elne (Mundó, 1960, pp. 169-178), seine Halbschwester Ingilberga als Äbtissin von Sant Joan de Ripoll (de les Abadesses; siehe Junyent i Subira, 1976, pp. 34 sqq.), sein Neffe Wifred, Sohn Wifreds II. von der Cerdagne, als Erzbischof von Narbonne, sowie verschiedene Töchter der Familie, die durch Heirat zum Pyrenäenadel enge Beziehungen knüpften, so z.B. seine Nichte Konstanze, Tochter des Bernhard Tallaferro, als Gattin Ermengols II. und Gräfin von Urgell.
41 Kehr, 1926, pp. 17-21.
42 Regesta, ed. von Jaffé et alii, nos 3973-3974; Böhmer, Zimmermann, 1998, nos 1058-1059; Kehr, 1926, pp. 17-18. Die ersten beiden Bände der dritten aktualisierten Auflage von Jaffé sind soeben unter der Leitung von Klaus Herbers erschienen (Teil I bis 604, Teil II von 604 bis 844).
43 Regesta, ed. von Jaffé et alii, nos 3975-3976; Böhmer, Zimmermann, 1998, nos 1060-1061; Kehr, 1926, p. 18.
44 Ibid., pp. 19-21.
45 Siehe Recueil des Rouleaux des Morts, vol. 1, pp. 104-107, n° 69 zu 1020 Ende Dez.-1021 Anfang; Dufour, 1977, pp. 30 sqq., n° II; Diplomatari i escrits literaris, pp. 318 sqq., n° 9.
46 Zimmermann, 2009, pp. 17, 32.
47 Kehr, 1926, pp. 17 sqq.
48 Ibid., pp. 22 sqq. Indirekte Vorwürfe klingen in dem später, nach seinem Tod, verfaßten Querimonia Berengarii, einer Klageschrift des Vizegrafen Raimund-Berengar I. von Narbonne gegen Erzbischof Wifred von Narbonne an (Patrologia Latina, t. CXLIII, col. 837-844), als dessen Erhebung, allerdings in polemischer Absicht, mit unerlaubten Geldzahlungen in Verbindung gebracht wurde. Siehe dazu Kaiser, 1981, pp. 293-297; Engels, 1998, pp. 259-285; Id., 2001, pp. 79-89.
49 Zu Ripoll s. Diplomatari i escrits literaris, pp. 362-369, n° 27, pp. 396 sqq., n° 8.
50 Regesta, ed. von Jaffé et alii, n° 4050; Böhmer, Zimmermann, 1998, n° 1185.
51 Concedimus quoque et firmamus praedicto monasterio iuxta constitutionem domni papae Benedicti sicut ipse eidem coenobio per auctoritatem beati Petri apostoli et suam firmavit, ut si festivitas Ypapanti Domini, quam Purificationem Sanctae Mariae dicimus, post septuagesimam evenerit, habeant in perpetuum licentiam habitatores ipsius coenobii «Alleluya» et «Gloria in excelsis Deo» solemniter decantare (Diplomatari i escrits literaris, p. 166).
52 Recueil des Rouleaux des Morts, vol. 1, pp. 109-133, n° 72 von 1046 Nov.-1047 Juni; Diplomatari i escrits literaris, pp. 341-355, n° 24 zu 1046 Nov.; Junyent i Subirà, 1951a, pp. 249-263. Siehe Dufour, 1977, pp. 13-48, bes. 31-35, n° III (mit einem «Itinéraire du rouleau mortuaire d’Oliba», p. 33).
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Universität zu Köln
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