Krisenwahrnehmung und Vorschläge zur Krisenüberwindung bei Cicero
p. 379-396
Texte intégral
Für Hartmut Wolff
zum 60. Geburtstag
1Bekanntlich empfand Cicero sehr klar, daß sich die römische res publica in einer Krise befand. Wenn man eine Krise erst einmal ganz allgemein als eine problembehaftete, auf eine Entscheidung über Restabilisierung oder Untergang zulaufende Entwicklung defìniert, dann sah Cicero den römischen Staat in den späteren 60er und in den 50er Jahren des 1. Jahrhunderts a.C. in der Krise. Er bezeichnet die res publica als geschwächt (infirma)1, hält sie sogar für verloren (amissa)2 oder schon gestorben (periit)3. Doch Cicero beschränkt sich nicht auf eher pauschale Verzweiflung, sondern konkretisiert durchaus, welche Erscheinungen er als negativ ansieht. Im Zentrum des Staates hat für ihn der Senat zu stehen, und wenn dessen Dominanz durch Magistrate, die sich auf das Volk stützen, gefährdet oder gar suspendiert wird, dann ist die res publica bedroht4. Denn Feinde des Staates gibt es immer, sie sind nur so lange einzudämmen, wie die Führungsschicht einigermaßen geschlossen bleibt und bereit ist, den Kampf gegen die improbi aufzunehmen5. Aber leider steht es nicht gut um die moralische Haltung der Oberschichten; es gibt zu viele Männer, die sich nicht angemessen engagieren, und das macht es den Feinden der boni leicht6. Das Volk dagegen ist eigentlich nur Verfügungsmasse in den Händen des moralischen Abschaums, nicht aber eine Kraft, die mit dem Senat und seinen treuen Repräsentanten unzufrieden ist und grundsätzliche Veränderungen anstrebt7.
2In den starken Formulierungen vom Verlust des Staates kommt zum Ausdruck, daß es für Cicero – und diese Haltung teilt er mit seinen Zeitgenossen – eigentlich nur die res publica in der traditionellen Form geben konnte oder gar keinen Staat. Die Denkweise war also auf die Erhaltung des Bestehenden wenigstens in seinen zentralen Elementen fixiert, da sonst nur der Unstaat bzw. das Chaos eintreten konnte. Selbstverständlich förderte diese unbestrittene und wohl auch weitgehend unreflektierte Grundposition nicht gerade das experimentelle und konzeptionelle Nachdenken über Alternativen zur existierenden Ordnung, und zudem war, wie Christian Meier betont hat, die Krise für die politisch relevanten Schichten wohl nie so drängend, daß die Notwendigkeit zur prinzipiellen Reflexion unabweisbar wurde8.
3Die Lage scheint also paradox gewesen zu sein. Cicero und andere sahen deutlich, daß vieles im Staat nicht so funktionierte, wie es sollte, und daß das auch die Substanz des Gemeinwesens betraf und nicht etwa nur Nebensächlichkeiten. Sie spürten demnach Krisenerscheinungen. Aber sie entwickelten – so jedenfalls die lange Zeit gängige moderne Anschauung – kein Konzept, um die bestehende res publica durch eine neue Ordnung zu ersetzen, und sie kamen auch gar nicht auf die Idee, daß dies notwendig oder auch nur vorstellbar sein könnte. Außerdem entstand keine neue Schicht, die mit Entschlossenheit an die Macht gedrängt und so tiefgreifende Veränderungen initiiert hätte. Doch mit kleineren Eingriffen ließ sich die res publica eben nicht wieder stabilisieren. Diese Verhältnisse hat Christian Meier mit dem Terminus der “Krise ohne Alternative" sehr plastisch auf den Begriff gebracht9.
4Die verbreitete Einschätzung, daß die Republik in einem tiefgreifenden Krisenprozeß steckte, der am Ende vielleicht nicht mit Notwendigkeit, aber doch mit einer gewissen Folgerichtigkeit den Systemumbruch zur Monarchie hervorbrachte, ist seit einer Reihe von Jahren in die Kritik geraten. Zunächst hat Erich Gruen die ungebrochene Leistungsfähigkeit der Republik auch in den letzten Jahrzehnten ihres Bestehens betont und die Schwierigkeiten, die er nicht leugnet, in den Bereich der lösbaren oder erträglichen, jedenfalls nicht grundsätzlich bedrohlichen Probleme eingeordnet10. Den Ausbruch des Bürgerkriegs 49 a.C. sieht Gruen dann tatsächlich als Wendepunkt, doch steht für ihn dahinter eine Verkettung von unglücklichen Umstanden, nicht aber eine Reihe von tiefgreifenden Konflikten, die zwar nicht unbedingt jetzt, aber doch in absehbarer Zeit zur Entladung kommen mußten11. Nachdem Gruen die vorhandenen Probleme als weniger gravierend eingestuft hatte, wurde auch die Krise ohne Alternative im Bewußtsein der Zeitgenossen, die ja als Teilerklärung für die Ausweglosigkeit der Krise eingeführt worden war, in Frage gestellt, indem vor allem von Klaus Girardet die Reformfähigkeit der Republik hervorgehoben wurde12.
5Nach dieser Auffassung liegen also in der späten Republik nur Anpassungskrisen vor, aber kein auf einen Systemumbruch zutreibender Prozess13. Doch will ich jetzt nicht allgemein den Monarchisierungstendenzen in den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen nachspüren, die mir in dieser Deutung erheblich unterschätzt zu werden scheinen14, sondern mich auf die Frage der Reformfähigkeit der Republik konzentrieren, bei der in der Tat berechtigte Einwände gegen eine allzu negative Beurteilung des Staatsdenkens und der politischen Phantasie vorgebracht worden sind, ohne daß daraus schon folgen würde, hier lägen realistische Ansätze zur Bewältigung der Krise vor. Hauptzeuge für die These von der Lösbarkeit der Probleme durch von Senatoren selbst produzierte und durchgesetzte Reformen ist Cicero, der uns vor allem in seinen staatstheoretischen Schriften De re publica und De legibus beachtenswerte Überlegungen hinterlassen hat. Daneben ist aber auch Sallust mit seinen Briefen an Caesar zu nennen, die ebenfalls durchaus ausgeklügelte Empfehlungen enthalten. Ein gängiger Einwand sei hier gleich relativiert. Daß die Krisenbeschreibungen Ciceros und Sallusts in der Forschung des öfteren als unzulänglich und illusionär abqualifiziert wurden15, hat auch damit zu tun, daß die moralisch-ethische Terminologie dominiert, und das Vokabular moralischer Verhaltensbewertungen erscheint uns heutzutage untauglich zur Analyse politischer Fehlfunktionen. Doch müssen wir in Rechnung stellen, daß ein anderes Vokabular eigentlich gar nicht zur Verfügung stand : Wenn Römer über Konfliktursachen schrieben und sprachen, dann konnten sie das nur in der moralischen Begrifflichkeit tun, die sich bei Cicero und Sallust findet16, aber diese Sprache schließt eine eingehendere Interessenanalyse nicht von vornherein aus.
6Da sich die Forschungsrichtung, die die Reformfähigkeit der Republik betont, vor allem auf Cicero berufen hat, wird er hier im Vordergrund stehen. Mein Anliegen ist im folgenden, zunächst Ciceros Reformansätze kurz zu analysieren, wobei ich mich nicht so sehr mit den Details seiner Vorschläge beschäftigen kann, sondern auf das dahinterstehende Konzept von Reform konzentrieren werde ; sodann möchte ich ergebnisorientierte Steuerungsversuche in Rom ganz knapp verdeutlichen ; und schließlich soll untersucht werden, wie sich Cicero die praktische Durchsetzung grundlegender Reformen vorstellte und wie die Konsequenzen ausgesehen hätten.
1. Der Realitätssinn der ciceronischen Reformvorschläge
7In De re publica hat sich Cicero zunächst mit dem besten Staat und dem besten Bürger beschäftigt17. Daß dieser eher idealtypische Zugriff dann in praxisnähere Empfehlungen für die Besserung der zeitgenössischen Situation einmündet, liegt darin begründet, daß Cicero in echt römischem Egozentrismus seinen eigenen Staat zumindest in dessen früherer Gestalt mit dem optimalen Gemeinwesen identifiziert18 und daß er sich als aktiver Politiker stets auf die Praxis orientieren will und rein theoretische Staatskonstruktionen dezidiert ablehnt19. Direkter auf konkrete Verbesserungen im römischen Staat zielt die Schrift De legibus, in der ein Katalog von Vorschriften und Regeln vorgestellt und erläutert wird, der neben der Bestätigung vieler tatsächlich bestehender Praktiken auch einige durchaus wohlüberlegte Eingriffe enthält, mit denen Missstände bekämpft werden sollen. Vielleicht war man lange zu sehr in der Perspektive befangen, daß die Republik ohnehin in unaufhaltsamem Niedergang auf die Monarchie zutrieb und daß Cicero bei all seinen literarischen Talenten politisch doch ein Illusionist gewesen sei, jedenfalls sind die Empfehlungen in De legibus lange nicht intensiver geprüft und angemessen gewürdigt worden. Es überwog die Ansicht, die Vorschläge seien utopisch gemeint, ohne daß damit die Vorstellung verbunden gewesen sei, sie seien in der Gegenwart umsetzbar20. Spätestens seit den Untersuchungen von Alfred Heuß und Gustav Adolf Lehmann aus den Jahren 1975 und 1980 hat aber die Einschätzung an Boden gewonnen, daß Cicero und auch Sallust mit ihren Reformvorschlägen auf praktische Verwirklichung abzielen und dabei eine beachtliche Innovationsbereitschaft und erhebliche politische Intelligenz an den Tag legen21.
8Einige Empfehlungen seien hier kurz in Erinnerung gebracht. Cicero möchte die minores magistratus einschließlich der Quaestoren zu Exekutivorganen des Senats machen22, sie aber gleichzeitig außerhalb des Senats belassen, was den Senat konsequenterweise wieder auf ca. 300 Mitglieder verkleinert hätte23. Den strenger Anwesenheitspflicht unterliegenden Senatoren24 wird das Recht zur Bestellung von Dictatoren übertragen und damit die eigenständige Verfügung über den Notstand25, zudem soll der Senat das Zentrum des Staates bilden26, und seine Entscheidungen sollen Rechtskraft besitzen27. Vor allem innere Krisen sollen nun wieder über die Dictatur bekämpft werden28. Die Censur soll zum fünfjährigen Daueramt werden29 mit dem Ziel, neben administrativer Kontinuität auch die Aufsicht über die Gesetze und die Funktionsträger zu institutionalisieren30. Das Abstimmungsverhalten der Bürger in den Volksversammlungen soll durch die Optimaten überprüft werden können, um unverantwortlichen Gebrauch der Stimine auszuschließen31.
9Die Veränderungen, die Cicero in De legibus vorschlägt und begründet, haben primär das Ziel, die politische Steuerungsfähigkeit des Senats zu verbessern, indem unkontrollierter Einfluss des Volkes zurückgedrängt und Ansehen und Durchsetzungsfähigkeit des Senats ausgebaut werden. Das Gesamtkonzept ist in vielem scharfsinnig entworfen, Abweichungen vom Bestehenden und Gewohnten werden maßvoll gehalten. Vor allem Lehmann hat herausgearbeitet, daß Cicero mit seinen Vorschlägen in der Realität der 50er Jahre des 1. Jhs. a.C. ansetzt32. Zum Teil enthalten Gesetze und Kommentar aber auch moralische Appelle und Forderungen nach Charakterverbesserungen bei den politisch Handelnden. So schreibt Cicero vor, daß der Senat von Laster frei und den anderen ein Vorbild sein soll33. Doch daß mit solchen Satzungen noch nicht viel erreicht ist, komponiert Cicero selbst in seine Schrift hinein. Denn sein Gesetz wird sowohl von seinem Bruder Quintus, als auch von seinem Freund Atticus als frommer Wunsch apostrophiert, der höchstens durch die Censoren und durch die Richter der Realisierung näher gebracht werden könnte34. Cicero verdeutlicht also über die Äußerungen, die er seinen Gesprächspartnern in den Mund legt, eine starke Skepsis gegenüber der Wirksamkeit von appellativen Regeln, verwahrt sich aber selbst gegen den untergründigen Vorwurf der Naivität, indem er darauf verweist, daß er natürlich nicht die jetzigen Senatoren, sondern die neue, auf eine bestimmte Art erzogene Generation von Senatoren im Auge hat35. Hier gewinnt der Text tatsächlich eine klar utopische Dimension, was Cicero auch nicht verdeckt.
10Ciceros Gesetze arbeiten also durchaus auch mit moralischen Begriffen und Klassifikationen, was in eine appellative Veränderungsstrategie einmündet, d.h. man versucht den Menschen vor Augen zu führen, was gut und was böse ist, und dadurch auf ihre Wünsche und Absichten Einfluß zu nehmen. Am Ende sollen die Menschen ihr Verhalten ändern, weil sie nicht schlecht sein wollen und weil das schlechte Verhalten dem Staat und dem Individuum schadet36. Dieses direkte, auf das Gewissen der Bürger zielende Einwirken hat jedenfalls Caesar und Clodius nicht auf Ciceros Kurs gebracht, die Erfolgsaussichten sind bei Versuchen, das erwünschte Verhalten einzuschärfen, nie besonders groß, wenn die Norm nicht mehr selbstverständlich ist und stärkere Interessen dagegen stehen. Allerdings bleibt Cicero selbst mit seinen oben genannten Vorschriften für den Senat nicht völlig bei der Beschreibung wünschenswerten Verhaltens stehen, sondern er setzt auf eine Erziehung, die dieses Verhalten hervorbringen soll, ohne allerdings seine Vorstellungen zu konkretisieren37.
11An anderer Stelle werden aber die Rollen getauscht, und da ist Cicero der Anwalt des Umsetzbaren. Bei seiner Behandlung des Volkstribunats treten Quintus und Atticus als Verfechter der reinen Lehre auf, die sich standhaft unter weitgehend Gleichgesinnten dafür einsetzen, daß Ciceros Staatsentwurf gefälligst den optimalen Grundsätzen zu folgen habe und keinerlei faule Kompromisse zugelassen seien. Quintus hält eine flammende Rede gegen das Volkstribunat, das er als durch und durch schädlich deklariert und aus dem wohlgeordneten Staatswesen ausmerzen will38. Cicero gibt seinem Bruder zwar durchaus darin Recht, daß das Volkstribunat in vielem negativ zu bewerten sei, aber er hält doch auch dagegen, daß Quintus die positiven Seiten völlig unterschlagen habe39. Marcus hebt zudem hervor, daß es sich bei der Einrichtung des Tribunats um einen klugen Kompromiss der Vorfahren gehandelt habe40 und daß auch der Wiederherstellung der vollen Tribunengewalt durch Pompeius die vernünftige Erkenntnis der Unvermeidbarkeit zugrundelag41. Die Existenz des Tribunats erzeuge im Volk das Gefühl von Gleichheit mit den principes und führe insgesamt eher zur Zügelung der Leidenschaften des populus, sei also ein Mittel mehr zur Dämpfung der Volksaktivitäten als zur Aufwiegelung42. Damit akzeptiert Cicero, daß es in seinem Staat ambivalente Elemente gibt, die man nicht zum uneingeschränkt Guten hin umgestalten kann43, die man aber auch nicht einfach abschaffen kann, da der Wunsch des Volkes zu intensiv ist und nicht ignoriert werden kann44. So führt Cicero die selbstgestaltete Debatte von der Ebene der Prinzipien, die auf die theoretische Konstruktion des Optimums abzielen, auf die der pragmatischen Lösungen, die vom faktisch existierenden Zustand und den realistischen Veränderungschancen ausgehen45. In der Ausbreitung dieser Meinungsverschiedenheit mit seinem Bruder verortet Cicero sehr deutlich, worauf es ihm in seiner Schrift ankommt : auf ein Reformprogramm, das vom Ist-Zustand des römischen Staates aus in bessere Verhältnisse führt unter Berücksichtigung der Durchsetzungschancen. Daß er aber die Ausführung für äußerst schwierig hält, zeigt er ebenfalls sehr klar : Weder seinen Bruder Quintus, noch den Freund Atticus kann er in dem Dialog überzeugen46.
12Am Umgang mit dem Volkstribunat und auch an dem mit dem Abstimmungsmodus, auf den ich unten noch etwas genauer eingehen werde, sieht man also, daß sich Cicero bei seinen Reformvorschlägen in De legibus nicht auf das theoretisch Beste und am meisten Wünschenswerte versteift, sondern auf das in der jetzigen Situation Realisierbare hin orientiert, insbesondere dann, wenn es um die libertas des Volkes geht47. Darin tritt eine wichtige Seite seines politischen Denkens zutage, die in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden darf: Cicero geht von der Irreversibilität bestimmter Entwicklungen aus. Er beteiligt sich gern an schwärmerischen Beschreibungen, wie tadellos der römische Staat in früheren Tagen funktionierte, aber er glaubt nicht, daß es möglich ist, zu diesem Zustand in allen Punkten wieder zurückzukehren. Die tabellae sind eben jetzt ein Kernelement der libertas, das man dem Volk nicht mehr entreißen kann, also muß man das Beste aus ihnen machen, auch wenn Quintus im Prinzip durchaus zuzustimmen ist, daß sie eigentlich abgeschafft werden müßten48.
13Ciceros Reformvorschläge sind also in Teilen durchaus sachadäquat, sie setzen zumeist dezidiert in der bestehenden Situation an und nicht in der Utopie des Wünschenswerten, sie gehen davon aus, daß nicht alles nach Belieben realisierbar ist und man sich auch mit unangenehmen Tatsachen arrangieren muß, da sie nicht zu ändern sind, und sie hoffen keineswegs nur auf eine Korrektur der Moral und der menschlichen Absichten, sondern bemühen sich auch um die Beeinflussung des Verhaltens durch Wandel der Rahmenbedingungen. Daß Cicero mit diesen Ansätzen zur ergebnisorientierten Steuerung nicht allein stand, sondern daß solche Kalkulationen durchaus in der republikanischen Gesetzgebung zu greifen sind, will ich im folgenden an einem Beispiel verdeutlichen.
2. Ergebnisorientierte Steuerungsversuche
14Als im 2. Jh. bis zu einem gewissen Grade registriert wurde, daß die Traditionsorientierung des Nachwuchses und damit die Geschlossenheit der Führungsschicht gefährdet war49, reagierten die Römer auf die Defizite in der Verhaltenssteuerung durch Gesetze, die zu einem großen Teil das vorschrieben, was bisher eigentlich gegolten hatte. Jochen Bleicken hat den Vorgang sehr treffend als die Jurifizierung des mos bezeichnet50.
15Doch einige Gesetze gingen schon damals darüber hinaus, indem sie die prononcierte und eher appellative Festschreibung des mos maiorum um ergebnisorientierte Steuerungsmaßnahmen ergänzten51. Darunter verstehe ich Regulierungsversuche, die darauf abzielen, durch Veränderung des Handlungsrahmens unabhängig von der moralischen Qualität der Handelnden die Handlungsresultate in eine angestrebte Richtung zu verändern und damit zu verbessern. Solches Problemlösungsdenken setzt eine beachtliche Distanz zur eigenen Lebenswelt voraus, die nüchtern realistisch als Wirkungszusammenhang analysiert werden muß. Darin kam man in der spaten Republik noch weiter als im 2. Jh., wie ich kurz an einem Beispiel illustrieren will. Im Jahre 61 a.C. beantragte der Volkstribun M. Aufidius Lurco ein Gesetz gegen ambitus, also gegen illegale Wählerwerbung, die man seit mehr als 100 Jahren mit einer Kette von Gesetzen vergeblich bekämpft hatte52. Vor allem waren immer wieder die Geldzahlungen von Kandidaten an die Wähler unter Strafe gestellt worden, ohne dass man damit in einem Klima, in dem die Gewährung von Großzügigkeiten bis hin zur materiellen Spende zum positiv besetzten Verhalten der Patrone gehörte, viel erreicht hatte. Lurcos Vorschlag sah nun vor, daß die Ankündigung eines Kandidaten, seinen Wählern im Falle der Wahl Geld zu zahlen, nicht unter Strafe stehen sollte, sofern er diese Ankündigung nicht wahr machte; wenn er aber zahlte und deswegen verurteilt wurde, dann sollte er von nun an sein Leben lang 3000 Sesterzen an jede Tribus anläßlich der Wahlen bezahlen53.
16Mit diesem Gesetzesentwurf zog Lurco die Konsequenzen aus dem Versagen der ambitus-Gesetze. Er versuchte nicht mehr wie bisher, durch genauere Definition der abgelehnten Praktiken und durch Strafverschärfung auf die Zustände einzuwirken, sondern er erschütterte das Vertrauensverhältnis zwischen den freigebigen Kandidaten und ihren potentiellen Wählern54. Wenn sich jetzt ein Bewerber jeder Strafverfolgung entziehen konnte, indem er das Versprochene nicht bezahlte, war das eine große Versuchung, gleichzeitig mussten die Wähler gegenüber vollmundigen Ankündigungen misstrauisch werden. Da andererseits die Stimmkörperschaften bei Verurteilung eines Kandidaten keine Strafe riskierten, sondern im Gegenteil mit der jährlichen Zahlung von 3000 Sesterzen belohnt wurden, musste bei ihnen die Neigung grösser werden, den Geld verteilenden Kandidaten zu denunzieren und sich so eine regelmäßige Apanage zu sichern. Das Gesetz wurde aber nie verabschiedet. Vielleicht waren Lurcos Standesgenossen durch diesen raffiniert wirkungsorientierten Vorschlag überfordert, der nicht mehr mit der gewohnten Emphase die Verdammung der falschen Intentionen in den Vordergrund stellte, vielleicht war man am Ende dann doch nicht hinreichend an einer Regelung interessiert, die möglicherweise die Strukturen des Wahlkampfs verändert hatte. Jedenfalls belegt dieses Gesetzesprojekt des Aufidius Lurco klar, wie sehr die Organisationskompetenz in der römischen Führungsschicht inzwischen ausgeweitet war, so daß man die Konsequenzen von Steuerungsversuchen per Gesetz offenbar recht nüchtern durchspielen und daraus Folgerungen ziehen konnte. Bezeichnend ist allerdings, daß ein solch innovativer Vorschlag in der traditionalistischen Republik dann doch nicht durchsetzbar war.
17Auf der Suche nach ähnlichen Abstraktionsansätzen in Ciceros Reformprogramm stößt man immerhin auf sein Konzept zur Umformung der Tabellargesetze55, mit dem er auf die bestehenden Verhältnisse in einer Weise Einfluß nehmen will, daß selbst dann, wenn die moralischen Qualitäten beteiligter Menschen weiter zu wünschen übrig lassen, ein positives Resultat erwartet werden kann. Cicero schlägt vor, daß die Abstimmung für das Volk frei, den Optimaten aber bekannt sein soll56. Diese etwas verwunderliche Empfehlung wird von Cicero erklärt als eine Maßnahme zur Wahrung der libertas unter Beendigung der Verantwortungslosigkeit, die sich mit der geheimen Abstimmung breitgemacht habe57. Dieses Gesetz stößt bei seinen Gesprächspartnern nicht auf Gegenliebe, die vielmehr die grandsätzliche Schädlichkeit der Täfelchen diagnostizieren und daher die Abschaffung fordern58. M. Cicero stimmt nun seinem Bruder Quintus durchaus darin zu, daß die geheime Abstimmung als solche negativ ist für den Staat, da das Volk unverantwortlich abstimmt59, doch folgt er nicht dessen fundamentalistischer Position, daß es besser sei, für die Wahrheit unterzugehen als diese um der Durchsetzbarkeit willen zu verraten60. Die tabella als Symbol der Freiheit61 glaubt Cicero dem Volk nicht mehr entziehen zu können, die Zusatzgesetze dagegen, die die Geheimhaltung des Votums absichern sollten, will er rückgängig machen, da das Ziel, den ambitus zu verhindern, ohnehin nicht erreicht worden sei62. Konsequenterweise streicht Cicero also das Wirkungslose, auch wenn es vielleicht gut gemeint war, und erhöht die Kontrolle durch die Optimaten, um denen die Durchsetzung zu erleichtern und eine Streitursache zu suspendieren63. Dahin möchte er gelangen, indem er anordnet, daß die abstimmenden Bürger ihre Täfelchen den bei den Stegen und der Urne stehenden Optimaten vorzeigen, weil sie sich dann von auctoritas und gratia leiten lassen64. Cicero verlangt also nicht vom Abstimmungsvolk, daß nun plötzlich alle moralisch gut und politisch weitsichtig werden, aber er erwartet von der neuen Rahmenbedingung eine Anpassung an die Optimaten.
18Allerdings ist die postulierte Tragfähigkeit dieses Kompromisses von der Richtigkeit einer Voraussetzung abhängig, nämlich von der Unterstellung, das Volk sei eigentlich mit dem theoretischen Recht auf freie Entscheidung zufrieden und folge in der Praxis gern dem Wunsch der Optimaten65. Diese Einschätzung scheint mir nicht gar so abstrus zu sein, wie sie in der Forschung gelegentlich apostrophiert worden ist66, doch ehe diese Neigung des Volkes zum Tragen kommen konnte, mußten die Optimaten natürlich eindeutige Signale aussenden und einigermaßen geschlossen auftreten, und daran fehlte es bekanntlich in der späten Republik, so daß die Homogenisierung der Führungsschicht die Prämisse für diese erhoffte Wirkung des Tabellargesetzes darstellte. Ob die angestrebte Verkleinerung des Senats und die Kompetenzerweiterungen für das Gremium tatsachlich zu der erhofften Geschlossenheit geführt hatten, ist aber wenigstens zweifelhaft. Das Kernproblem des gesamten Reformprogramms ist jedoch die Frage, wie es denn in der tatsachlichen Lage der 50 er Jahre des 1. Jhs. durchgesetzt werden sollte, und dieses Problem stand Cicero durchaus vor Augen.
3. Die durchsetzung der Reformen
19Wie ich schon erwähnt habe, inszeniert Cicero in De legibus eine große Kontroverse mit seinem Bruder über die Umgestaltung der Abstimmung ; warum Cicero trotz seiner Überzeugung, daß die mündliche Stimmabgabe eigentlich die beste sei, einen Kompromissvorschlag unter Beibehaltung der tabellae konstruiert, markiert er sehr deutlich : Man habe nicht nur an das Wünschenswerte zu denken, sondern auch an die Durchsetzbarkeit67. Obwohl Quintus die Berechtigung einer solchen Bindung politisch-praktischer Reformideen an die Veränderungschancen energisch bestreitet68, bleibt Cicero bei seiner Haltung.
20Daß Cicero in seinem Dialog einen grundsätzlichen Dissens gestaltet, signalisiert dem Leser zweierlei : Zum einen wird so klar, daß Cicero hier eine Position einnimmt, die er für besonders wichtig hält, zum anderen wird auch mitgeteilt, daß es nicht einfach werden wird, für diesen Kurs Unterstützung zu erhalten, und zwar nicht nur in der Sache, sondern auch in der grundsätzlichen Befürwortung der Orientierung an Realisierungsaussichten unter Verzicht auf das theoretisch Beste. Doch indem Cicero den Dissens bestehen lässt und nicht den Konsens mit seinen im Prinzip ja gleichgesinnten und ihm zudem sehr nahestehenden Gesprächspartnern wiederherstellt, betont er auch, daß die Umsetzung seines Programms für ihn Vorrang hat. Seine Absetzung von älteren Theoretikern, die scharfsinnig über den Staat nachgedacht hatten, aber sich nicht wie er um die praktische Umsetzung in Volk und Bürgerschaft gekümmert hatten69, ist also sehr ernst gemeint.
21Nun ist die römische Staatsordnung mit ihren kurzen Amtszeiten und völlig instabilen Mehrheitsverhältnissen in Senat und Volksversammlungen nicht gerade dazu angetan, umfassende Reformen in Form von zahlreichen Gesetzen im Zusammenspiel der regulären Institutionen durchzuführen. Dies sah Cicero natürlich, und so setzte er offenbar auf eine vorübergehende Sondergewalt zur Realisierung der Reform. In seiner Schrift De re publica stellt er diese Idee vor, allerdings ist das Werk ja nur fragmentarisch erhalten, und schon da der Dialog im Jahre 129 a.C. spielt und der Gegenwartsbezug sich auf Andeutungen und Parallelkonstruktionen beschrankt, ist es schwer, Ciceros Vorstellungen präzise zu ermitteln. Immerhin gestaltet Cicero für das Jahr 129 eine Krisensituation, aus der eine Dictatur des Scipio Aemilianus hätte herausführen können70. Da Scipio – wie jeder Leser wußte – kurz nach dem dramatischen Zeitpunkt des Dialogs zu Tode kam und nie Dictator wurde71, liegt die Deutung nahe, daß Cicero mit diesem Krisenbewältigungsszenario die eigene Zeit im Blick hatte. Zur Befestigung der aus den Fugen geratenen Republik wollte Cicero wohl auf einen Dictator zurückgreifen72.
22Drei Fragen, die die Forschung in diesem Kontext immer wieder beschäftigt haben, können hier nur kurz gestreift werden. Cicero spricht teilweise von principes und rectores in der Mehrzahl, teilweise aber auch vom princeps, vom rector, vom gubernator oder moderator rei publicae in der Einzahl73, so daß umstritten ist, ob er neben kollektiven wirklich auch singuläre Führungsrollen in der res publica vorsieht. Letzteres ist aber nach dem Sprachgebrauch wahrscheinlich, und die Ausführungen über die Dictatur des Aemilianus verdeutlichen, daß die Notwendigkeit zur Heraushebung eines einzelnen rector o.ä. als eine Notwendigkeit in der Krise angesehen wird, während in geordneten Zeiten verschiedene principes nebeneinander stehen. Es besteht aber eine Krise, so daß das Problem existiert, ob Cicero eine konkrete Person fur den Part des großen Reformators und Konservators vorgesehen hatte und – wenn ja – wer diese Person sein sollte. Darüber gibt es viele Vermutungen, von denen mir diejenige die überzeugendste zu sein scheint, daß Cicero sehr wohl eine geeignete Persönlichkeit vor Augen hatte, nämlich sich selbst74. Schließlich ist viel diskutiert worden, ob Cicero schon so etwas wie den Dauerprincipat des Augustus im Blick hatte und ob umgekehrt Augustus sich von Cicero hat inspirieren lassen, doch ist schon lange schlüssig erwiesen worden, daß Ciceros princeps nur ein Krisenmanager sein sollte, der das Regime der republikanischen Oligarchie wiederherstellen und festigen sollte75.
23Doch genau hierin scheint Cicero einer gravierenden machtpolitischen Fehleinschatzung zu unterliegen, die in sehr bezeichnender Weise die Grenzen der Reformmöglichkeiten der spaten Republik aufzeigt. Als Antwort auf die Frage, wie denn eine umfassende Reform, aus der die res publica wieder gefestigt hervorgehen sollte, in der Praxis durchzusetzen sei, weiß Cicero eben nichts besseres als den rector oder gubernator rei publicae zu beschwören, den Lenker oder Steuermann des Staates, der zum höheren Nutzen des Ganzen die kleinlichen Widerstande überwinden würde. Das ist in sehr bezeichnender Weise naiv76, denn die Republik bedurfte ja wesentlich auch deshalb der Stabilisierung, weil die großen Einzelpersönlichkeiten kaum noch in den Rahmen der oligarchischen Gleichheit einzufangen waren, und jetzt sollte ein solcher Mann die umfassende Reform realisieren und sich danach brav einreihen, gleichzeitig aber – und das ist entscheidend – sollte er offenbar weiterhin über die Autorität verfügen, um Veränderungen am guten Zustand des Staates jederzeit entgegenwirken zu können77. Selbst wenn man mit Girardet glaubt, Cicero habe an einen Dictator mit einem 10-Männer-Gremium zur Gesetzgebung an seiner Seite gedacht78, und selbst wenn man davon ausgehen kann, daß Cicero sich selbst diese Führungsrolle zugedacht hatte und daß er voll ehrlicher Absichten war, ist schwer zu sehen, wie eine Republik funktionieren sollte, deren Reform einem einzelnen überragendes Prestige gebracht hatte, das er auch brauchte, um die Reform zu erhalten. Ciceros Programm einer Restabilisierung der republikanischen Ordnung war also auf die alle anderen überragende Einzelpersönlichkeit in Permanenz angewiesen. Machtpolitisch führte Cicero damit die Monarchie ein, ohne es aus seinem intentionsorientierten Blickwinkel heraus zu bemerken.
4. Resümee
24Mein schneller und ganz selektiver Durchgang durch das Antikrisenprogramm Ciceros erbringt also ein ambivalentes Ergebnis. Einerseits ist unbestreitbar, daß Cicero an einigen Punkten die gegenwärtige Lage sehr nüchtern durchanalysiert hatte und vom Bestehenden ausgehende, auf Durchsetzbarkeit orientierte Veränderungsvorschläge unterbreitete. Realismus und analytische Distanz zur eigenen Lebenswelt waren durchaus bemerkenswert. daß er ebenso wie seine Zeitgenossen dem römischen Staat früherer Zeiten dennoch eng verpflichtet blieb, ist im übrigen kein so entscheidender Einwand gegen die Reformkapazität der Epoche, denn es scheint in der Weltgeschichte insgesamt nur wenige Gesellschaften bzw. Aggregatzustände von Gesellschaft gegeben zu haben, in denen die freie Konstruktion einer besseren Zukunft ohne Rekurs auf eine schon einmal besser gewesene Vergangenheit möglich war. Unter dem Dach gleichbleibender Leitideen konnte der Wandel in der institutionellen Gestaltung durchaus sehr groß sein. Innerhalb eines solchen Rahmens sind auch die dezidiert rückwärtsorientierten Reformen Sullas bemerkenswert innovativ gewesen.
25Andererseits löste sich Cicero aber nicht von der Hoffnung, durch moralische Appelle das Verhalten der Akteure zu bessern. Zudem schien ihm die Durchsetzung eines umfassenden Reformprogramms nicht ohne den Rückgriff auf eine Dictatur möglich, und der Dictator sollte auch nach seinem Rücktritt noch in der Lage sein, in gravierenden Fällen die neu geordnete res publica gegen alle Angriffe erfolgreich zu verteidigen. Wenn man dies praktisch durchdenkt, mußte der ehemalige Dictator also über hinreichende Machtmittel verfügen, um auch eine Allianz mächtiger Konkurrenten niederhalten zu können, und das hieß doch, daß die aristokratische Gleichheit, das Lebensprinzip der Oligarchie, entscheidend verletzt worden wäre, was allein schon ausgereicht hätte, um diese Allianzen gegen den rector und seine dominutio anzustacheln. Man sieht also, daß besonders Versuche, Reformdurchsetzung und Reformerhalt realistisch in einen Entwurf einzubeziehen, in monarchische Konstruktionen hineinführen, die man ja gerade vermeiden will.
26Wir stoßen damit auf ein Grundproblem, das eben doch nicht systemimmanent zu lösen war. daß die Verfassung letztlich nicht entscheidend stabilisiert wurde, lag also wohl nicht an der zu geringen Organisationskapazität in dem Sinne, daß man keine ausgeklügelt wirkungsorientierten Reformideen entwickelt hätte, sondern eher an der mangelnden Bereitschaft, sich in hinreichendem Umfang und in hinreichender Geschlossenheit für solche Reformen zu entscheiden. Dies war aber nun nicht einfach ein vermeidbares Versäumnis. Da die Geschlossenheit der Führungsschicht in Kernfragen ein wesentlicher Pfeiler des Systems war, der seit längerem massiv bröckelte, und da der soziale Druck trotz aller Schwierigkeiten in Rom nie wirklich so groß wurde, daß dadurch die Geschlossenheit erneut erzwungen worden wäre, war dieses zentrale Element wohl nicht innerhalb des Systems zu befestigen. Selbst Sullas Reformen, die der allmächtige Dictator zunächst einmal durchdrücken konnte, wurden in zentralen Teilen wie vor allem der Beschneidung der Initiativ- und Obstruktionsmöglichkeiten des Volkstribunats wieder rückgängig gemacht unter weitgehender Zustimmung der Oligarchie, die die Zurechtstutzung der traditionellen Vetoinstanz letztlich stärker wahrnahm als die Sicherung ihrer faktischen Herrschaftsausübung, die damit angestrebt und bis zu einem gewissen Grade erreicht wurde79.
27Cicero verstrickte sich mit seinen Versuchen, unter Aufnahme griechischer Philosophie einen für sein gegenwärtiges Rom gangbaren Weg zur dauerhaften Stabilisierung vorzuzeichnen, in Widersprüche, die er am Ende nur noch durch radikale Parteilichkeit zu überwinden, oder besser : auszublenden wußte. Indem er intensiv die griechische Philosophie rezipierte und für seine Reflexionen römischer Normengefüge nutzbar zu machen suchte, stieß er auf die Inkompatibilität beider Systeme. Römische Wertorientierungen waren Verhaltensregulierungen im politischen Raum, sie mußten daher weder klar definiert noch widerspruchsfrei sein, da Dissonanzen in der Praxis durch die soziopolitischen Hierarchien zumeist selbstverständlich entschieden wurden. Wie Ulrich Gotter jetzt anhand von Ciceros Schrift über die Freundschaft glänzend herausgearbeitet hat80, entlegitimierte erst der Versuch, Normen allgemeingültig zu bestimmen und sie zu absoluten Maßstäben des Handelns zu machen, die theoretisch unbefriedigenden, aber lebensweltlich sehr erfolgreichen Kompromisse. Da Cicero dabei trotz aller griechischen Anleihen stark in der römischen Verfassung verhaftet blieb und zudem wesentlich angetrieben war von der Erfahrung der politischen Polarisierung und den Ansprüchen aller Seiten, wahrhaft römische Tugenden zu verkörpern, gewannen seine Überlegungen 44/3 geradezu totalitäre Züge, indem er die Richtigkeit und ethische Überlegenheit der eigenen Grundüberzeugungen durch den nicht hinterfragbaren Rekurs auf die großen Exempla der Geschichte und das Bewußtsein des eigenen guten Willens beweisen zu können glaubte und darauf aufbauend Andersdenkende und-handelnde moralisch in Grund und Boden stampfte81. Auch Ciceros Reflexionen sind also sehr direkt ein Produkt der Krise des römischen Staates und des Defizits an Zusammenhalt, den der römische Verfassungsrahmen noch vermittelte82.
28Wenn ich also abschließend resümiere, ob Ciceros Schriften belegen, daß die Krise der Republik hatte überwunden werden können, so ist das Ergebnis doch negativ. Selbst wenn man wie hier davon absieht, daß Cicero die Machtbildung im römischen Reich und die Handlungsmöglichkeiten, die die sog. Heeresclientelen den erfolgreichen Feldherrn eröffneten, völlig ausblendet83, und wenn man auch noch ignoriert, daß nicht zu sehen ist, wie man sich auf einen verfassungsstützenden Dictator hätte einigen sollen84, so lassen doch Ciceros Vorschlage selbst wahrscheinliche Nebenwirkungen erkennen, die seinen Absichten diametral zuwidergelaufen wären, und sie gehen von einigen Voraussetzungen aus, die nicht gegeben waren und wohl auch nicht eintreten würden. Der Verfassungsschutz durch den Ex-Dictator ist latent monarchisch, die moralische Integrität der Senatoren und die Einigkeit der Führungsschicht sind als Voraussetzungen für das Funktionieren des Systems unrealistisch. Gerade in dieser Verstrickung ins Irreale und in der Übermacht der Nebenwirkungen werden Elemente eines autonomen Niedergangsprozesses offenbar, der wohl nicht mehr aufzuhalten war. daß einige Jahre nach Ciceros Reformschriften die Monarchie etabliert wurde, ist also nicht als unvorhersehbarer Betriebsunfall zu werten.
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Notes de bas de page
1 Cic., Att., 1.17.8; vgl. 18.2.
2 Cic., Att.. 1.18.6; Red. Sen., 5. Vgl. Meier 1980, 1 mit Anm. 1.
3 Cic., Att., 2.21.1; vgl. Q.fr., 3.4.1; 5.4; Red. Sen., 14.
4 Cic., Sest., 97 f.; Red. Sen., 14.
5 Cic., Agr:, 1.26; 2.8; Catil., 4.22; Sest., 96-100. Zum Dualismus der Guten und der Bösen im Denken Ciceros vgl. Bernett 1995, 92-95.
6 Cic., Sest., 85 f.; 100 f.
7 Cic., Sest., 104-106. Vgl. Bernett 1995, 95-119. S. auch Tiersch 2002, 292f.
8 Vgl. Meier 1980, 203-205.
9 Vgl. Meier 1980, 30; 43-53; 200-205. Rilinger 1982, 290 f. hat verdeutlicht, daß es sich bei der Kategorie der “Krise ohne Alternative" um die Bewertung eines Bewusstseinszustands der Zeitgenossen handelt.
10 Gruen 1974, bes. 498-507.
11 Vgl. Gruen 1974, 496f.; s. auch Girardet 2000, der die skrupellose Egomanie des Individuums Caesar verantwortlich macht.
12 Vgl. Girardet 1983, bes. 227-235.
13 Vgl. auch Spielvogel 1993; Welwei 1996.
14 Vgl. jetzt auch die nüchterne Kritik von Deininger 1998; außerdem Bleicken 1995/1998.
15 Vgl. etwa Callies 1982, 112 f. ; 114.
16 Vgl. auch Heuß 1975, 204 f. zu der Verpflichtung, in philosophischer Terminologie über Staat und Verfassung zu sprechen ; für Sallust vgl. Wolff 1993.
17 Cic., Q. fr., 3.5.1. Vgl. dazu Ferrary 1995, bes. 48-51.
18 Cic., Rep., 1.70; 2.64-66.
19 S.u. Anm. 69. Vgl. v.a. auch Gotter 1996c, 550-552 über die Grenzen aller Gedankenexperimente, die mit dieser Grundhaltung verbunden sind.
20 Vgl. etwa Rawson 1975, 154; 159; Stockton 1971, 344 f.; weiterhin noch Troiani 1982, 330 f.; Powell 1994, 27.
21 Vgl. Heuß 1975; Lehmann 1980; außerdem Girardet 1983.
22 Cic., Leg., 3.6; 7. Vgl. Lehmann 1980, 15-17.
23 Vgl. Lehmann 1980, 17-26; s. auch Rawson 1973, 351; Cambeis 1984, 246-248; 253 (bezweifelt von Fontanella 1998, 183-185, die zu Recht darauf hinweist, daß die Senatsverkleinerung bei Cicero nicht explizit gemacht ist, doch geht das Argument, durch die neue Exklusivität hätte Cicero ja die Neulinge weitgehend aus dem Senat ausgeschlossen und so den Schulterschluß aller boni verhindert, ins Leere, da für Cicero ja jeder mit der richtigen Gesinnung zu den boni gehört, auch ohne daß er dazu Senator sein muß, vgl. nur Cic., Sest., 138).
24 Cic., Leg., 3.11; 40. Vgl. Lehmann 1980, 25.
25 Vgl. Lehmann 1980, 27 f.; Fontanella 1998, 190 f.
26 Cic., Leg., 3.28:... senatus dominas sitpublici consilii,...
27 Cic., Leg., 3.10: Eius decreta rata sunto. Vgl. 27 f. Die Interpretation von Thomas 1977, damit sei die tribunicische Intercession gegen Senatsbeschlüsse wirkungslos gemacht worden, geht aber wohl zu weit, vgl. dagegen Fontanella 1998, 201 Anm. 142. Doch sollten die senatus consulta wohl für die Consuln verbindlich sein, vgl. Cambeis 1984, 251.
28 Vgl. Lehmann 1980, 36-43.
29 Cic., Leg., 3.47.
30 Vgl. Lehmann 1980, 29-35 ; Cambeis 1984, 255 f.
31 Cic., Leg., 3.10; 38 f.
32 Lehmann 1980, 8-11, wobei mir aber die Parallelen zu Vollmachten und Aktivitäten des Pompeius nicht so deutlich ausgeprägt zu sein scheinen, wie Lehmann das sieht.
33 Cic., Leg., 3.10: Is ordo vitio vacato, ceteris specimen esto; vgl. 28. Ein anderes Beispiel 3.11: Intercessor rei malae salutaris civis esto.
34 Cic., Leg., 3.28 f.
35 Cic., Leg., 3.29: Non enim de hoc senatu nec his de hominibus qui nunc sunt, sed de futuns, si qui forte his legibus parere voluerint, haec habetur oratio. Nam cum omni vitio carere lex iubeat, ne veniet quidem in eum ordinem quisquam vitii particeps. Id autem diffìcile factu est nisi educatione quadam et disciplina. Fontanella 1998, 204 f. sieht darin die philosophisch gebildete, den Luxus bekämpfende Elite.
36 Vgl. Cic., Leg., 2.9, wonach der Sinn von Gesetzen und Normierungen allgemein darin besteht, zum richtig Handeln aufzurufen und vom Fehlverhalten abzubringen. Für dieses Element in Ciceros Kodex vgl. Keyes 1921,319 f..
37 Cic., Leg., 3.29 (im Anschluß an den o. Anm. 35 zitierten Text): de qua dicemus aliquid fonasse, si quid fierit loci’aut temporis. Im erhaltenen Text findet sich nichts darüber, doch ist zu berücksichtigen, daß die Schrift ja unvollendet ist. Cambeis 1984, 255 vermutet denn auch, daß Cicero diese Fragen in einem 4. oder 5. Buch behandeln wollte.
38 Cic., Leg., 3.19-22.
39 Cic., Leg., 3.23.
40 Cic., Leg., 3.24 f.
41 Cic., Leg., 3.26.
42 Cic., Leg., 3.23 f. Zu Ciceros Diskussion des Volkstribunats in De legibus, vor allem mit Schwerpunkt auf seine eher positive Sicht, vgl. Schmidt 1959, 24-30; Thommen 1988, 362-375; Perelli 1990, 78-84.
43 Dezidiert Cic., Leg., 3,23. Vgl. Schmidt 1959, 26: “Die Fehler – die zugegeben werden – sind mit den Vorteilen des Tribunats unlöslich verbunden”.
44 Cic., Leg., 3.26: ... causam nec perniciosam et ita popularem ut non posset obsisti, ...
45 Vgl. Cic., Leg., 3.26 (zur Zurückweisung der Kritik des Quintus an Pompeius wegen der Wiederherstellung der tribunicischen Vollgewalt) :... vix satis mihi illud videris attendere, non solum ei quid esset optimum videndum fuisse, sed etiam quid necessarium.
46 Cic., Leg., 3.26.
47 So Ferrary 1995, 57-59.
48 Cic., Leg., 3.33.
49 Vgl. zu den Diagnosen und Gegensteuerungsversuchen des älteren Cato Jehne 1999 (mit älterer Literatur).
50 Vgl. Bleicken 1975, 387-393.
51 Ein Beispiel für diesen Vorgang, der mit der Einschärfung des Geltenden die Steuerung von Veränderungsimpulsen verbindet, ist die lex Villia annalis aus dem Jahre 180. Mit diesem Gesetz wurde festgeschrieben, daß man die Ämter in einer bestimmten Reihenfolge bekleiden sollte, daß zwischen zwei Ämtern eine amtlose Periode zu liegen hatte und daß für die Bewerbung um die höheren Ämter ein Mindestalter erreicht sein musste (vgl. Astin 1958 ; Evans/Kleij wegt 1992). Im Grundsätzlichen entsprach das der bestehenden Praxis, aber es gab einige kleinere, wohlüberlegte Änderungen : Die Altersvorschriften scheinen erstmals definitiv festgesetzt und zudem gegenüber den Konventionen in die Höhe geschraubt worden zu sein, und die Bekleidung der Praetur mindestens zwei Jahre vor dem Consulat war bisher kein so strikter Brauch gewesen. Ganz offenkundig bedurften alte Verfahrensweisen der Stabilisierung durch das Gesetz, da man sich nicht mehr so einfach an sie hielt, bzw. eher noch : da man die Ausnahmen nicht mehr so selbstverständlich als solche akzeptierte, sondern daraus den Anspruch auf Regeländerung ableitete. Wesentlich reagierte man mit diesem Gesetz auch auf die verschärfte Konkurrenz um die Oberämter, die seit dem Ende des 2. Punischen Krieges zu verzeichnen war. Wenn es wie 193 und 185 sieben Bewerber um die beiden Consulstellen gab, dann intensivierte sich zwangsläufig der Wettbewerb, so daß unerwünschte Praktiken im Wahlkampf einrissen (vgl. zur Konkurrenz Evans 1991). Dem hatte man schon 181 durch ein Gesetz entgegenwirken wollen (vgl. Nadig 1997, 26-28), doch mit der lex Villia beschritt man einen anderen Weg : Indem man das Mindestalter verhältnismäßig hoch ansetzte, mußten verschiedene Interessenten an den Oberämtern noch warten, und die Konkurrenz entzerrte sich etwas. Dieselbe Wirkung hatten die Voraussetzungsämter, die man erst einmal erreichen und absolvieren mußte. Man verband also bei diesem Gesetz eine konservative Zielsetzung und die dazugehörige Zementierung des mos maiorum mit wirkungsorientierten Steuerungsmaßnahmen.
52 Zum ambitus und den Gesetzen dagegen vgl. jetzt Nadig 1997 (mit der älteren Literatur). Außerdem Yakobson 1999, 137-147; Stelle 1999; Schuller 2000.
53 Cic.,Att., 1.16.13: novi est in lege hoc, ut qui nummos in tribu pronuntiarit, si non deberit, impune sit, sin dederit, ut quoad vivat singulis tribubus HS CI CI CI debeat. Für tribubus ist in einigen Hss. tribulibus überliefert, doch ist dies aus sachlichen Gründen heraus abzulehnen, vgl. Shackleton Bailey 1965, 324 Zur Person des Antragstellers vgl. Linderski 1974, 466-473.
54 Vgl. für diese Deutung der rogatio schon Jehne 1995, 69; Nadig 1997, 56-58 bleibt gegenüber dieser Interpretation offenbar skeptisch, führt aber keine Auseinandersetzung.
55 Zu den Gesetzen über die geheime Abstimmung vgl. Jehne 1993; Yakobson 1995 (mit unterschiedlichen Einschätzungen).
56 Cic., Leg., 3.10.
57 Cic., Leg., 3.38 f.
58 Cic., Leg., 3.34-37.
59 Cic., Leg., 3.38 f.
60 Cic., Leg., 3.34.
61 Vgl. zur symbolischen Qualität der tabellae knapp Jehne 2000, 224 f. mit Anm. 78.
62 Cic., Leg., 3.38 f.
63 Cic., Leg., 3.39: Itaque, ut ommittam largitione corrupta suffragio, non vides, si quando ambitus sileat, quaeri in suffragiis quid optimi viri sentiant? Quant ob rem lege nostra libertatis species datur, auctoritas bonorum retinetur, contentionis causa tollitur.
64 Cic., Leg., 3.39: ... habeat sane populus tabellam quasi vindicem libertatis, dummodo haec optimo cuique et gravissimo civi ostendatur ultroque offeratur, ut in eo sit ipso libertas in quo populo potestas honeste bonis gratificandi datur. Eoque nunc fit illud quod a te modo Quinte dictum est, ut minus multos tabella condemnet, quant solebat vox, quia populo licere satis est: hoc retento reliqua voluntas auctoritati aut gratiae traditur. Aus der Differenzierung, daß nach Ciceros Text die tabellae nicht unbedingt vorgezeigt werden mussten, sondern vorgezeigt werden konnten (so richtig Ferrary 1995, 59), ergeben sich kaum praktische Konsequenzen, denn in dem sozialen Klima Roms und mit diesem Gesetz im Hintergrund hätte sich kein Bürger der höflichen Bitte, er möge einem Optimaten seine tabella vorzeigen, entziehen können.
65 Cic., Leg., 3.39 (s.o. Anm. 64). Ähnlich argumentiert er in Bezug auf die Einführung der Provocation in Rep., 2.55, vgl. auch Jehne 2000, 223 f.; ders. 2002, 69; 72.
66 Vgl. etwa Rawson 1975, 157.
67 Cic., Leg., 3.33: Nam ego in ista sum sententia qua te fuisse semper scio, nihil ut fuerit in suffragiis voce melius; sed optineri an possit videndum est.
68 Cic., Leg., 3.37 [Quintus]: Quam ob rem, quoniam non recognoscimus nunc leges populi Romani, sed aut repetimus ereptas, aut novas scribimus, non quid hoc populo optineri possit, sed quid optimum sit tibi dicendum puto.
69 Cic., Leg., 3.14: Nam veteres verbo tenus acute illi quidem, sed non ad hanc usum popularem atque civilem, de re publica disserebant. Vgl. auch 2.14, und dazu Girardet 1983, 8 f., der im übrigen darauf hinweist, daß Cicero die Wirkungsabsichten Platons, dessen Staatsschriften er der reinen Theorie zuordnet (Cic., Rep., 2.3; 21f), unterschätzt hat.
70 Cic., Rep., 6.12 (im Rahmen des somnium Scipionis): ... in te unum atque in tuum nomen se tota convertet civitas, te senatus, te omnes boni, te sodi, te Latini intuebuntur, tu eris unus in quo nitatur civitatis salus, ac ne multa: dictator rem publicam constituas oportebit, si impias propinquorum manus effugeris.
71 Nicolet 1964, 212-230 hat argumentiert, daß tatsächlich ein Plan existierte und schon konkrete Formen angenommen hatte. Scipio zum dictator rei publicae constituendae zu machen (zustimmend Rawson 1973,350 Anm. 54; Hurlet 1993,107 f.), doch berücksichtigt diese Hypothese nicht hinreichend, daß Cicero ja selbst von der Dictatur nur als Teil der Traumerzählung berichtet, so daß das Projekt also doppelt irreal ist: Zum einen ist es nie ausgeführt worden, zum anderen erscheint es Scipio überhaupt nur im Traum. Nicolets Vorschlag ist daher zu Recht auf Kritik gestoßen, vgl. dagegen Astin 1967, 240 Anm. 2; Schmidt 1973, 330. Montanari Caldini 1984, 19-32 hat die Debatte neu entfacht durch den Hinweis auf eine Passage bei Firmicus Maternus, Math., 1.7.39: Scipio post tot triumphos, post deletam Karthaginem Numantiamque prostratala, post peragratam Graeciam Asiam Bithyniam Syriamque lustratam, postdictaturae inreprehensibiles actus intra privatos parietes domesticorum insidiis acerbo mortis cruciatu et nefariis frangentium gulam manibus oppressus privata quodam modo animadversione confectus est. Bei Maternus hat also Scipio die Dictatur schon hinter sich gebracht, was sicher Unsinn ist (vgl. auch Montanari Caldini a.O. 31). Aber Montanari Caldini will das Zeugnis dennoch als Bestätigung für den Plan einer Dictatur heranziehen mit dem Argument, daß Maternus, der zweifellos das somnium Scipionis gut kannte (a.O. 24 f.), an der fraglichen Stelle vielleicht nicht nur aus Cicero geschöpft hat (26 f.). Das ist methodisch aber nicht haltbar. Es ist nicht möglich, die Abweichung des Maternus von Cicero in Bezug auf die Dictatur des Aemilianus als Fehler zu klassifizieren und gleichzeitig die Maternus-Stelle als externe Bestätigung eben der von Cicero gebotenen Bemerkung anzusehen, da Maternus hier auf eine andere Quelle zurückgehe. Wenn Maternus etwas Falsches aus seiner Quelle schöpfte, bleibt es falsch und ist keine Unterstützung für den historischen Gehalt von Ciceros Traumerzählung, wenn er aber – wie mir wahrscheinlicher erscheint – die Bemerkung aus dem somnium irrtümlich verfremdete, gibt es überhaupt keinen zusätzlichen Hinweis auf eine mögliche Dictatur Scipios.
72 Vgl. etwa Girardet 1983, 192-196; Achard 1990, 381 f.; Perelli 1990, 39. Ferrary 1988, 103-105 hebt hervor, daß es in De legibus tatsächlich keinen Hinweis darauf gibt, daß Cicero hier an eine andere Form der Dictatur als die traditionelle gedacht hat, und er betont darüber hinaus, daß in der Charakteristik der geträumten Dictatur des Aemilianus (s.o. Anm. 70) im Vergleich zu Sulla die Formel legibus scribundis gänzlich fehle und die Aufgabe, die res publica zu konstituieren, eine recht konventionelle Formel für das Wirken von Oberbeamten sei (vgl. a.O. 104 f. der Verweis auf Cic., Leg., 3.37, wo Atticus unter Verwendung dieser Worte Ciceros Leistungen von 63 zusammenfa daßt). Diese scharfsinnigen Beobachtungen sind nicht von der Hand zu weisen, doch spricht das nicht gegen den im Text skizzierten Zusammenhang. In De legibus befaßt sich Cicero nicht mit der Frage, wie denn seine Reform implementiert werden sollte, was am einfachsten mit dem unfertigen Zustand des Werkes zu erklären ist. In De re publica konstruiert er eine nie realisierte Dictatur als Ausweg aus der Krise von 129, und das macht eigentlich nur Sinn, wenn er damit eine parallele Lösung für die Krise der eigenen Zeit anregen will. Gesetze alsMittel zur Krisenbewältigung lagen in der ciceronischen Ära aber generell nahe und waren zudem sogar traditionell (man denke an die lex Hortensia von 287). daß also in den schweren Auseinandersetzungen unter Bürgern Ende der 50er Jahre ein Dictator ernannt werden sollte, der den Staat durch Gesetze wieder befestigen und einen sollte, war ganz unabhängig von der sullanischen Ausnahmegewalt ein in der Zeit durchaus nicht abstruses Programm (zumal Cicero gegenüber der Dictatur offenbar ohnehin nicht dieselben grundsätzlichen Bedenken hatte wie etwa Cato, vgl. Ferrary a.O. 97 f.).
73 Vgl. die Stellensammlungen und Literaturzusammenstellungen bei Achard 1990, 370-372.
74 Vgl. Achard 1990, 374-380 (mit Diskussion anderer Vorschläge); s. auch Habicht 1990 56 f.; Zecchini 1997, 58.
75 Gegen den Bezug auf den augusteischen Principat vgl. bes. Heinze 1924/1966, 291-300; Meister 1939, v.a. 89 f., 108-110; s. auch Schmidt 1973, 330; Girardet 1983, 189 (mit weiterer Literatur in Anm 16); Cambeis 1984, 258 f.; Perelli 1990, 39 f.
76 Vgl. auch Schmidt 1973, 331: “Der eigentümlich unpolitische Hintergrund dieses rector-Ideals, bei dem Autorität, freiwillige Übereinstimmung und Unterordnung eine größere Rolle spielen als institutionelle Strukturen und Sicherungen, …”.
77 Cic., Rep., 6.1: quam ob rem se conparet hic civis [sc. der rector rei publicae] ita nec<esse> est, ut sit contrat haec quae Statum civitatis permovent semper armantus. Vgl. Lehmann 1980, 43 Anm. 71; s. auch Meister 1939, 103-106.
78 Girardet 1983, 196-213 auf der Basis des von Behr 1974 bekannt gemachten neuen Fragments (zustimmend Perelli 1990, 39). Allerdings hat Fotiou 1984, der den ganzen, in die justinianische Epoche gehörenden Traktat, aus dem Behr das Fragment gewonnen hat, aus dem Palimpsest neu erschlossen hat, herausgestellt, daß ja der rector seine 10 Mitarbeiter offenbar selbst bestellt (46), d.h. die Führungsrolle ist ganz eindeutig; zudem weist er auf den durchgängig monarchischen Hintergrund des Traktats hin und vermutet eine Anlehnung an Ciceros princeps (53 f.), was jedoch völlig unbeweisbar und auch unwahrscheinlich ist. Ein Irrweg ist die Vermutung, die 10 Männer seien die Beamten oberhalb der Quaestur (und des Volkstribunats) nach der Neuordnung von De legibus (54 f.). Der ganze Anhaltspunkt für Hilfspersonal von Ciceros Dictator verschwindet wenn man der bedenkenswerten Rekonstruktion von Flores 1993, 175-180 folgt, daß das Fragment ins 3. Buch und in die Ausführungen Scipios über die Monarchie gehört. Zur Kritik an Girardets Vermutungen vgl. auch Ferrary 1988, 104 Anm. 38; Gotter 1996c, 556 mit Anm. 81.
79 Cic., II Verr., 1.44 f. ; Leg., 3.26.
80 Gotter 1996a, 339-360.
81 Vgl. Gotter 1996b, 134-172; 282-284; ders., 1996c, 557 f. zu Ciceros Haltung im Kampf gegen Antonius; s. auch Bleicken 1995 / 1998, 683 f. (zu Cic., Phil, 11.27 f.).
82 Vgl. Gotter 1996c, 555: “Wenn die Modalitäten der römischen Politikübung noch so selbstverständlich gewesen wären wie im 2. Jahrhundert, hatte Cicero seine staatstheoretischen Werke kaum geschrieben“.
83 Dies gilt im übrigen zu Recht als eines der wesentlichen Defizite der ciceronischen Konzeption, vgl. etwa Rawson 1994, 489 f.
84 Vgl. die skeptische Frage von Gotter 1996c, 556 danach, “welche Chance eine Nomothesie in Rom hat, die nicht auf einem vorgängigen Konsens beruht“. Der relativen Einigung, mit der man Pompeius 52 wenn auch nicht zum Dictator, doch zum consul sine collega machte, lag neben den Unruhen in Rom nach dem Tod des Clodius wesentlich die Furcht vor Caesar zugrunde, sie war also auch eine Polarisierungsmaßnahme, bei der man sich für ein kleineres Übel entschied, und gerade keine Ausgleichspolitik über den Parteien.
Auteur
Université de Dresde.
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