Von Ritzzeichnungen, Runen und Rom
Franz Altheim und seine Studien zu Italikern während des Nationalsozialismus
p. 143-168
Texte intégral
1Im folgenden Beitrag geht es um den Althistoriker und Klassischen Philologen Franz Altheim, der vor allem durch seine Studien zu antiker Religionsgeschichte, Krisen in der Antike sowie zu italischer und römischer Frühgeschichte bekannt wurde. Im Fokus steht hier nicht nur Altheims politische Position während des Nationalsozialismus. Das Hauptaugenmerk liegt insbesondere auf seinen Studien zu den Italikern bzw. zum vor-und frührömischen Italien, die er mit der Unterstützung des “SS-Ahnenerbes” durchführte, sowie um deren Motivation und ideologischen Gehalt innerhalb der Altertumswissenschaft.
Zur Biographie Franz Altheims1
2Franz Altheim ist ein deutscher Klassischer Philologe und Althistoriker. Er wurde am 6. Oktober 1898 in Frankfurt am Main als Sohn des Kunstmalers Wilhelm Altheim geboren. Franz Altheims Jugend wird von einem stark traumatisierenden Ereignis überschattet. Als sein Vater Wilhelm von dessen Ehefrau verlassen wurde, litt dieser unter starken Depressionen bis er sich schließlich Weihnachten 1914 erschoss2.
3Franz Altheim nahm 1917-1918 am Ersten Weltkrieg teil. Er wurde einer Übersetzerschule zugeteilt und anschließend in der Türkei stationiert3. Nach dem Ersten Weltkrieg studierte Altheim bis 1921 Klassische Philologie, Archäologie und Indogermanistik in Frankfurt am Main. Die Promotion erfolgte im Dezember 1921 bei Hans von Arnim über “Die Komposition der Politik des Aristoteles” (gedruckt 1924). Nachdem er zunächst als Bankangestellter arbeitete, war er 1925 Stipendiat der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft. Franz Altheim habilitierte sich 1928 ebenfalls in Frankfurt am Main bei Walter F. Otto mit einer Arbeit über “Griechische Götter im alten Rom”4. Walter Otto stellte außerdem für Altheim den Kontakt zu dem Anthropologen Leo Frobenius her. Frobenius wurde nicht nur ein guter Freund von Altheim, sondern später als Direktor des Frankfurter Instituts für Kulturanthropologie eine wichtige Hilfe bei Forschungsprojekten. In der Zeit von 1928 bis 1935 arbeitete Altheim an der Universität Frankfurt am Main zunächst als Privatdozent, 1935-1936 war er ebenda als außerplanmäßiger Professor tätig.
4In dieser Zeit publizierte Franz Altheim die dreibändige “Römische Religionsgeschichte”5. Dieses Werk wurde nicht nur mehrfach in veränderter Form nachgedruckt6, sondern 1938 auch in die englische Sprache übersetzt7 und erfreute sich einer großen Resonanz. Ebenfalls in diese Zeit fällt die Publikation der zweibändigen “Epochen der Römischen Geschichte”8. Auch diese Schrift fand große Beachtung und fiel vor allem durch eigenwillige Methoden und eine unkonventionelle, kulturhistorische Darstellung Roms auf, was wohl in Altheims Einflüssen begründet liegt. Offenbar wurde Franz Altheim während seines Studiums in Frankfurt am Main weniger von Hans von Arnim oder anderen Althistorikern, sondern vielmehr von Leo Frobenius, Oswald Spengler und Walter F. Otto geprägt. Franz Altheim kann dem “Frankfurter Humanismus” bzw. der “Frankfurter Schule der Religionswissenschaft” zugerechnet werden und war Mitglied im “Stefan-George-Kreis”. Aufgrund dieser Einflüsse besaß Altheim eine deutlich überregionale, ethnologisch und kulturhistorisch geprägte Sichtweise, die sich in seinen Werken dieser Zeit niederschlug und zu kontroversen Diskussionen anregte9.
5Altheims Zugehörigkeit zum “Frankfurter Humanismus” ließ ihn 1935 noch bei den Nationalsozialisten als nicht-nationalsozialistisch oder sogar als verdächtig gelten. Tatsächlich wussten ihn viele seiner Kollegen und Gutachter politisch überhaupt nicht einzuordnen und beschrieben ihn explizit als keinen Homo politicus, sondern als politisch uninteressiert und “völlig harmlos”10. Aus diesen Gründen warf schließlich das NSDAP-Hochschulkommissionsmitglied A. Baeumler vergeblich “Bedenken weltanschaulicher Art” gegen eine Berufung Altheims in Frankfurt ein11. Als Altheim 1936 in London einen Vortrag auf Englisch und nicht auf Deutsch hielt, wurde dies negativ in seine Personalakte beim Reichserziehungsministerium vermerkt12. Alfred Rosenberg dagegen sah etwa zur gleichen Zeit in Franz Altheim einen kompetenten und ideologisch neutralen Richter für seine kruden und rassistischen Thesen zu den Etruskern13.
61932 lernte Franz Altheim Karl Kerényi kennen, mit dem er das Interesse an antiker Religionsgeschichte teilte. Dies führte bald nicht nur zu einer intensiven fachlichen Zusammenarbeit, sondern ebenfalls zu einer engen Freundschaft und zu einer großen wechselseitigen Wertschätzung. Die innige Freundschaft sollte allerdings in den 1940erJahren durch die gegensätzlichen Schicksale von Altheim und Kerényi während des Nationalsozialismus und das Schicksal von Grazia Kerényi für immer zerstört werden14.
7In den Jahren 1936 bis 1938 war Franz Altheim zunächst außerplanmäßiger Professor in Frankfurt am Main und Halle an der Saale. 1938 wurde er außerordentlicher Professor in Frankfurt und 1943 schließlich ordentlicher Professor in Halle. Altheim erhielt 1944 das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse und lehrte zunächst in Halle bis zum 28. September 1945, als er wegen seiner Verbindungen zum “SS-Ahnenerbe” entlassen wurde. Äußerst bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Sowjetische Militäradministration ihn bereits zwei Monate später, am 28. Dezember 1945, wieder als Ordinarius einsetzte. Altheim wurde allerdings in Halle aufgrund seiner Tätigkeiten im “Ahnenerbe” unter Druck gesetzt und denunziert, so dass ihm erst am 10.04.1946 von der Sowjetischen Militäradministration wieder seine “vollen Rechte" verliehen wurden15. Der Druck und die Isolation in der sowjetischen Besatzungszone setzten Altheim, ebenso wie die Situation der Altertumswissenschaften in Halle, wohl zunehmend zu16. Im Dezember 1949 floh Altheim nach Westberlin, wo er ab 1950 mit einer Professur für Alte Geschichte an der Freien Universität Berlin einen Neuanfang wagen konnte. Altheim begründete nicht nur das dortige Seminar für Alte Geschichte sondern prägte es auch nachhaltig in Hinblick auf Lehre, Forschungsinteressen und -schwerpunkte. Nach seiner Emeritierung am 01.10.1965 folgte er seiner Adoptivtochter Ruth Altheim-Stiehl nach Münster, welche dort 1965 Professorin für Alte Geschichte und Direktorin des Seminars für Alte Geschichte und des Instituts für Epigraphik geworden war. Franz Altheim verstarb am 17.10.1976 in Münster. Er war Mitglied des ,Istituto di Studi Etruschi ed Italici‘ und der Rumänischen Akademie der Wissenschaften17.
Franz Altheim während des Nationalsozialismus
Franz Altheim und das "SS-Ahnenerbe”
8Wie oben in der Biographie kurz angesprochen, galt Franz Altheim zu Beginn des Nationalsozialismus überhaupt nicht als überzeugter Nationalsozialist, sondern vielmehr als ein politisch unauffälliger intellektueller Sonderling18. Altheim war Mitglied des Nationalsozialistischen Deutschen Lehrer-Bundes und 1934-1936 Mitglied der SA-Reserve I19, engagierte sich aber bis 1937 nicht politisch.
9Umso ungewöhnlicher erscheint daher die Aufnahme von Franz Altheim in die Projekte und Strukturen des “SS-Ahnenerbes”20. Tatsächlich dürfte es für einige Altertumswissenschaftler und Nationalsozialisten rätselhaft gewesen sein, auf welchem Wege Franz Altheim korrespondierendes Mitglied des “Ahnenerbes” wurde. Im Nationalsozialistischen Deutschen Dozenten-Bund vermutete man, das “Ahnenerbe” könnte Interesse an Altheims Forschungen zur Etruskerfrage besessen und ihn mit der Bearbeitung von Wirths Manuskripten beauftragt haben21.
10Die “Lehr-und Forschungsgemeinschaft” “Deutsches Ahnenerbe e.V.” der SS wurde von Heinrich Himmler am 1. Juli 1935 gegründet und besaß die Aufgabe, durch breit angelegte, ausschließlich politisch motivierte Forschungen, das “Germanentum” zu fördern. Nachdem zunächst lediglich unmittelbar “germanische Forschungen” betrieben werden sollten, erweiterte Himmler rasch – aufgrund eigener Erfahrungen22 und auf Druck von Hitler hin – die Forschungsfelder des “Ahnenerbes”, so dass auch Themen der Klassischen Altertumswissenschaft in das “Ahnenerbe” aufgenommen wurden. Die neue Aufgabe des “Ahnenerbes” bestand nun, wie Himmler 1937 schrieb, nicht nur in der Förderung und Glorifizierung des “Germanentums” selbst, sondern vielmehr im:
“... exakte(n) Nachweis, dass die Römer sowohl als auch (sic!) selbstverständlich die Samniten, Umbrier, Volsker, Latiner, usw. und auch sicherlich ein Teil der vorrömischen Bevölkerung Etrusker, Siguler, als ein Wanderzug arisch-indogermanischer Sippen aus dem Norden, aus unseren Ostseegebieten gekommen sind. Dies wäre ebenfalls auch für die Griechen in allen ihren Teilen nachzuweisen”23.
11Außerdem schrieb Himmler im gleichen Brief an Wüst:
“Ich erteile Ihnen den Auftrag, im ,Ahnenerbe‘ eine Abteilung zu errichten, die die Aufgabe hat, Italien und Griechenland nach seinen [sic!] indogermanisch-arischen Zusammenhängen zu studieren...”24.
12Zwei Monate später wurde die “Abteilung für Klassische Philologie und Altertumskunde” gegründet, für welche der Latinist Rudolf Till und der Graezist Franz Dirlmeier angeworben wurden25. Für archäologische Studien fanden sich Franz Altheim und Erika Trautmann. Ursprünglich war Altheim als Leiter für eine “Abteilung für Alte Geschichte” vorgesehen26, welche jedoch nie verwirklicht wurde. Daher wurde Franz Altheim ab 1937 ein korrespondierender bzw. freier Mitarbeiter des “Ahnenerbes”, was jedoch keinerlei Auswirkungen auf Aufgaben, Ansehen und Förderungen haben sollte27.
13Wie oben bereits erwähnt, war sogar dem Nationalsozialistischen Deutschen Dozenten Bund unklar, wie genau Franz Altheim zum “Ahnenerbe” gelangte. Er schien keinerlei politische Ambitionen zu besitzen und publizierte bis 1936 vor allem zu römischer Geschichte und Religion, äußerst unergiebige Themenfelder für nationalsozialistische Ideologen und Propagandisten.
14Das Jahr 1936 sollte allerdings einen Wendepunkt für Franz Altheim darstellen. Leo Frobenius leitete zu dieser Zeit das von ihm gegründete Institut für Kulturmorphologie und führte regelmäßig Expeditionen zur Dokumentation von prähistorischen Felsbildern in Afrika und Europa durch. Frobenius bat seinen Freund Franz Altheim, im August 1936 mit mehreren Mitarbeitern28 die Felsbilder der Val Camonica zu erforschen. Die Felsbilder waren für Frobenius und das Institut für Kulturmorphologie von besonderem Interesse, da diese zwar bereits 1909 entdeckt wurden, aber erst in den späten 1920er-Jahren Bekanntheit erlangten und zu einem Gegenstand der Forschung wurden29. Tatsächlich scheinen einige im Mai 1935 unter Erika Trautmann-Nehring getätigte Neufunde den Anlass für die ausführlicheren Forschungen von 1936 geboten zu haben30.
15Erika Trautmann entstammte einer wohlhabenden Familie und studierte an der Berliner Kunsthochschule unter Otto Ludwig Haas-Heye. 1925 heiratete sie den Ingenieur Bernhard Trautmann und zog mit ihm nach Frankfurt am Main. Dort arbeitete Trautmann schließlich ab 1933 als wissenschaftliche Zeichnerin am Institut für Kulturmorphologie unter Leo Frobenius und nahm 1934 an einer Expedition nach Frankreich und Spanien teil. Trautmann war im August 1936 wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Expedition in der Val Camonica und lernte dort den Projektleiter Franz Altheim kennen. Beide wurden noch in der Val Camonica ein Paar und Trautmann trennte sich nur wenige Monate nach der Expedition von ihrem Ehemann31.
16Altheim und Trautmann publizierten die Ergebnisse des Forschungsaufenthalts in einem Aufsatz, in dem die Interpretationen bereits stark an die Ideologie des Nationalsozialismus orientiert wurden32. Erika Trautmann besaß gute Verbindungen zu Hermann Göring33 und ließ ihm den propagandistisch nützlichen Artikel zur Val Camonica zukommen. Göring wiederum stellte die Beiden und ihre Forschungen Heinrich Himmler vor, der ja “indogermanisch-arische Zusammenhänge” für Italien und Griechenland in der Antike suchte und begeistert auf Altheim und Trautmann reagierte34.
17Mit den Kontakten und der Hilfe von Erika Trautmann wurde Franz Altheim 1937 also als einziger Althistoriker überhaupt korrespondierendes Mitglied des “Ahnenerbes”. Ab diesem Jahr verlagerten sich entsprechend seine Themenschwerpunkte von altitalischer Geschichte und religionsgeschichtlichen Studien zu rein ideologisch begründeten und dem nationalsozialistischen Regime gefälligen Publikationen, wie etwa zur vermeintlichen Herkunft der Italiker von den Germanen, zum “Ursprung der Runen”35 oder zum “indogermanischen Erbe in Rom”36. Immer sollten die Funde der Val Camonica die Grundlage für diese Thesen bilden. Mit seiner Geliebten und Mitarbeiterin Erika Trautmann konnte Altheim somit seine Forschungen in der Val Camonica fortsetzen, da das “Ahnenerbe” beide großzügig mit Geldern für Reisen nach Italien und an die Adriaküste in den Jahren 1937-1942 förderte37.
18Die Tatsache, dass das “Ahnenerbe” dieses Projekt förderte, ist äußerst bemerkenswert. Schließlich wurden nur sehr wenige Projekte durch das “Ahnenerbe” gefördert, da es an Geldern wie auch an qualifizierten Wissenschaftlern mit förderungswürdigen Projekten mangelte. Zu den wenigen durch das “Ahnenerbe” geförderten Projekten zählten vor allem archäologische Ausgrabungen auf deutschem Gebiet38 oder etwa die Tibetexpedition von Ernst Schäfer39. Umso bemerkenswerter ist es daher, dass Altheim nicht nur die Expeditionen in die Val Camonica, sondern 1938 auch eine Reise in den Vorderen Orient bezahlt wurde. Es handelte sich dabei um einen “Antrag auf Durchführung einer Forschungsreise an die Ostgrenze des alten Römischen Reiches” bei dem Altheim “wichtige Erkenntnisse für die Auseinandersetzung der Germanen, Illyrier und der iranischen Reitervölker mit dem semitischen Orient” erhoffte40. Altheim wurde durch das “Ahnenerbe” intensiv gefördert und besaß dadurch ein großes Ansehen, so dass er neben Dirlmeier und Jankuhn “als einer der Stars unter der im ‘Ahnenerbe’ aufgehobenen Gelehrten”41 galt.
Auf diplomatischer Mission
19Einen besonderen Aspekt der zahlreichen Reisen und Expeditionen stellen Altheims diplomatische und politische Berichte an das Nationalsozialistische Regime dar. Während Altheim und Trautmann 1938 offiziell in Rumänien die dakische Kultur untersuchten, informierten sie sich gleichzeitig über die politische Lage im Land. Damals drohte der König Carol II. die Kontrolle über sein Land an die paramilitärische und zutiefst antisemitische “Eiserne Garde” unter Corneliu Zelea Codreanu zu verlieren. Altheim und Trautmann holten in dieser Zeit gezielt in Bukarest politische Informationen zur Lage und zu Personen im Land ein und schrieben die Daten in einem vertraulichen Bericht nieder42. Offensichtlich führten Altheim und Trautmann unter dem Deckmantel der Altertumswissenschaft geheimdienstliche Tätigkeiten durch. Altheim gefiel sich wahrscheinlich in dieser Rolle, denn er schwärmte noch in späteren Jahren von Lawrence von Arabien43.
20Auf ähnliche Weise schilderten Altheim und Trautmann die politische Lage in Syrien. Während eines Damaskus-Aufenthalts fand das Paar zahlreiche Unterstützer, welche anti-jüdische und anti-französische Tendenzen aufwiesen und Hitler als mächtigen Verbündeten verehrten. Kontaktdaten sowie eine Beschreibung der Stimmung im Land und der Stationierung der französischen Truppen schrieben Altheim und Trautmann wieder in einem vertraulichen Bericht nieder44.
21Von Damaskus reisten die Beiden zunächst nach Bagdad zu Treffen mit Nationalsozialisten, um danach Scheich Adjil el Yawar, den Anführer der Schammar-Beduinen, zu treffen. Dieser war nicht nur gegen die britische und französische Vorherrschaft im Nahen Osten, sondern vor allem auch an anti-jüdischer Politik interessiert, welche einen jüdischen Staat verhindern würde. Nachdem der Scheich auf Einladung des Außenministeriums in Berlin sehr willkommen war, lud er Altheim und Trautmann für mehrere Tage zu sich ein. Altheim und Trautmann waren sehr willkommene Gäste für den Scheich und mussten ihm viel über den Nationalsozialismus erzählen. Es schien außerdem, dass Adjil el Yawar den Irak unter seine Herrschaft bringen wollte, dazu allerdings ausländische Hilfe benötigte. Altheim und Trautmann machten in ihrem vertraulichen Bericht präzise Angaben zur finanziellen Situation und zur Truppenstärke des Scheichs. Bei der Gelegenheit besuchten die Beiden ebenfalls Hatra und Palmyra, wo sie ebenfalls versuchten, politische Informationen von den dortigen Beduinen zu erhalten45. In Schweden traf sich Altheim schließlich mit dem Kronprinzen und späteren König Gustav VI. Adolf von Schweden, der ausgerprägte, archäologische Interessen besaß und später selbst an den schwedischen Ausgrabungen in Südetrurien teilnahm46.
Franz Altheims Studien zum vor- und frührömischen Italien
22Franz Altheims Untersuchungen und Publikationen zum vor-und frührömischen Italien stützen sich größtenteils auf seine Forschungen mit Erika Trautmann zu den Felsbildern der Val Camonica47. An dieser Stelle werden die von Altheim entworfenen Argumente in drei thematischen Gruppen vorgelegt: (I) Bildthemen und Motive, (II) Religion und Kulte, sowie (III) Sprache und Schrift. Diese drei Gruppierungen stammen nicht von Altheim, sondern sind hier als Orientierung gewählt worden und verursachen zwangsläufig inhaltliche Überschneidungen. Im Anschluss daran wird das evozierte Gesamtbild zum vor-und frührömischen Italien besprochen.
Bildthemen und Motive
23Zahlreiche Motive innerhalb der Felsbilder der Val Camonica wurden von Altheim beschrieben und interpretiert. An dieser Stelle werden vier zentrale und methodisch repräsentative Bildthemen angeführt. Dabei handelt es sich um den Speer-und Beilträger, Sonnensymbole und Architekturelemente.
24Zwei anthropomorphe Motivtypen werden von Altheim als “Speerträger” (Abb. 4) und “Beilträger” (Abb. 5) bezeichnet48. Nach Altheim kann es sich dabei nicht um Menschen gehandelt haben. Vielmehr deuten seiner Meinung nach die monumentale Größe der Waffen wie auch die Nähe zu Sonnensymbolen und Adoranten auf die Darstellung von zwei Gottheiten hin. Mit Verweis auf die germanische Religionswissenschaft und auf skandinavische Felsbilder werden die beiden Waffenattribute Speer und Beil mit “Gungnir” und “Mjölnir”, also den Waffen der germanischen Gottheiten Odin und Thor, verbunden. Entsprechend würden der “Speerträger” und der “Beilträger" zumindest Vorläufergottheiten von Odin und Thor darstellen und zwischen Südskandinavien und Oberitalien gleichermaßen zu finden sein:
“Alle diese räumlich und zeitlich so weit getrennten Darstellungen – Bohuslän und Östergötland, die Val Camonica, das Gallehuser Goldhorn und das Schildzeichen der Notitia dignitatum – geben offensichtlich den gleichen Sinnzusammenhang, dieselbe göttliche Gestalt wieder. [...] Daß die Felsbilder bereits Odin oder Wodan darstellen, ist nicht nachweisbar. Wir müssen den Namen des Gottes offenlassen; wir müssen uns damit begnügen, ihn als Vorgänger des Odin zu bezeichnen”49.
25Ebenso verknüpft Altheim den “Speerträger” mit dem römischen Kult um die ,Lanze des Mars‘ und verweist dazu auf römische Schriftquellen50, Mjölnir und der “Beilträger” fänden ihre römische Parallele in der sacena, dem Kultbeil der pontifices51.
26Altheim bespricht ausserdem recht ausführlich Sonnensymbole und Wagenmotive52. So erkennt er in einigen Wagendarstellungen der Val Camonica Kultwagen (Abb. 6), welche natürlich auch nordische Parallelen aufweisen. Auch der Vergleich mit dem Wagen der germanischen Göttin Nerthus in der Germania des Tacitus fehlt nicht53. Auf ähnliche Weise werden vermeintliche Darstellungen des Sonnenrads und von Sonnenwagen interpretiert (Abb. 7), welche nach Altheim direkte Parallelen in Skandinavien besäßen:
“... die Herkunft aus dem Norden ist überall deutlich. Wir sind also mit den Felsbildern aus der Val Camonica zum ersten Mal nicht nur auf eine Gegend nördlich der Alpen, sondern unmittelbar aus Skandinavien als Vergleich verwiesen”54.
27Wie für die “Speer-und Beilträger” werden auch für das Sonnenrad und den Sonnenwagen Parallelen mit Rom und Mittelitalien gesucht. Entsprechungen für einen Sonnenkult wie in Skandinavien und in der Val Camonica findet Altheim in den Gottheiten Sol, Iuppiter und Ianus. Ebenso wird der Begriff lustrum angeführt, denn “die ‘Beleuchtung’ oder ‘Umkreisung’, bedeutete die Nachahmung des Umlaufs, den das Tagesgestirn vollbringt”55.
28Eine untergeordnete Rolle nehmen Architekturelemente in Altheims Überlegungen ein56. Die Hüttendarstellungen der Val Camonica (Abb. 8) werden erwartungsgemäß einem “nordischen Haustypus” zugeordnet. Dieser Typ zeichne sich durch ein Steildach mit hohem Giebel und darunterliegenden Spanten aus und fände sich auch auf einigen griechischen Tempeldarstellungen sowie auf einer bronzenen Aschenkiste aus Falerii (Abb. 9). Altheim interpretiert die Hüttendarstellungen der Val Camonica zum Teil ebenfalls als Tempel, die italisch-etruskische Sakralarchitektur würde bei Altheim natürlich konsequenterweise aus dem germanischen Norden stammen:
“Man hat verschiedene Wege eingeschlagen, um für den Haustypus der Val Camonica eine Erklärung zu finden,... [...] Giebel und Pfosten darunter nehmen sich wie Vorbau und Schmalfront des nordischen Megaronhauses aus. In Italien ist es durch die Hausmodelle von Bologna und Satricum belegt, auch der Grundriss der Regia auf dem Forum hat diese Form bewahrt. Von da aus ist der Weg nicht weit zu dem ‘tuskanischen’, in Wahrheit italischen Tempel, dessen dreizellige Form weder die einzige noch auch die ursprüngliche ist. Die ausladende Bildung von Dachgeschoß und Dach selbst ist die Eigentümlichkeit, die den Haustypus der Val Camonica und diesen italischen Tempel geradezu verbindet”57.
29Es wird kein Zufall sein, dass der tuskanische Tempel bei Altheim betont als eine italische und nicht ausschließlich etruskische Form angesprochen wird, da dieser Tempeltypus so über die Italiker einen “germanisch-nordischen” und eben keinen mediterranen Ursprung zu besitzen scheint. Die Interpretation der regia von Rom, welche hier indirekt Verwandtschaft mit germanischen Methallen aufweisen sollte, dürfte im Regime ebenfalls auf große Zustimmung gestoßen sein.
Religion und Kulte
30Religion und Kulte stellen ein zentrales und häufig wiederkehrendes Argument in Altheims Überlegungen dar. Unter den Bildthemen und Motiven tauchten bereits die sogenannten Sonnensymbole, der Wagen der Nerthus, “Mjölnir” und “Gungnir” sowie die sacena auf. Altheim nennt darüber hinaus auch insbesondere Rituale und Kultpraktiken.
31So sind einige Tierbildnisse in der Val Camonica mit Dolchen überlagert dargestellt worden (Abb. 10)58. Altheim geht davon aus, dass es sich hier um Abbildungen von Opferriten handle, bei denen die Dolche den Tieren in den Schädel gerammt worden wären. Für diese Praktiken findet Altheim erwartungsgemäß zahlreiche Analogien aus dem hohen Norden.
32Altheim führt ebenso weitere Rituale für seine Argumentationslinie an. Vor allem bezieht er sich dabei auf Losorakel59:
“Kultische Gebräuche wie die feierliche Rechtsdrehung waren Germanen und Italikern gemeinsam. Hinzu treten Losorakel auf Holzstäbchen. Den Staborakeln der Fortuna von Praeneste entsprechen die germanischen notae, die man auf Buchenzweige ritzte. In der Himmelsorientierung hat sich der Vergleich zwischen Rom und den Germanen auf breiter Grundlage durchführen lassen”60.
33Altheim belegt seine ideologisch bestimmte Argumentation mit einem Verweis auf das im Verlag des “Ahnenerbes” erschienenen Buch “Kreis und Kreuz. Untersuchungen zur sakralen Siedlung bei Italikern und Germanen” (Berlin 1938). Es stammt von dem Ethnologen Werner Müller, welcher für die “Lehr-und Forschungsstätte für Ortung und Landschaftssinnbilder” des “Ahnenerbes” tätig war und wie Altheim ideologisch erwünschte Gemeinsamkeiten zwischen Italikern und Germanen konstruierte. Insofern handelt es sich hier um einen Verweis auf ein ähnliches Projekt im “Ahnenerbe”, welches natürlich ähnliche “Ergebnisse” zu Italikern und Germanen aufwies. Bei Altheims Geldgebern dürfte dieses umsichtige Verhalten mit Sicherheit wohlwollend zur Kenntnis genommen worden sein.
34Altheim nennt und verbindet insbesondere bei Plutarch erwähnte Auslosungen der Marschrouten und Gegner bei den Kimbern und Teutonen sowie germanische Losverfahren mit hölzernen Losstäben und darauf eingeritzten notae, wie sie bei Tacitus überliefert sind61. Diesen beiden germanischen Beispielen folgen natürlich nahtlos mehrere Beispiele aus Latium. Dabei handelt es sich um Losverfahren durch sortes, welche für das Fortunaheiligtum von Praeneste, den Herculeskult in Tibur und auf einem Weihrelief aus Ostia bezeugt sind. Ebenso führt Altheim literarisch für die Sibylle bezeugte Orakelverfahren auf62.
35Mit diesen bildlichen und literarischen Quellen vergleicht Altheim zu dieser Zeit sehr aktuelle Funde. Es handelt sich dabei um Kerbhölzer (Abb. 11), die in den 1930er-Jahren von E. Preuschen und R. Pittioni im Bergbaugebiet Kelchalm (ehern, und bei Altheim “Kelchalpe”) bei Kitzbühel gefunden wurden. Es handelt sich dabei um mehr als 60 etwa 2-4 cm lange und 1 cm dicke Holzstücke, die mit verschiedenen Kerben versehen wurden. Ihr tatsächlicher Zweck ist unbekannt, es könnte sich bei ihnen um Zählmittel, Spielmarken, Personenmarken im Bergbau oder tatsächlich auch um Losorakel gehandelt haben63. Franz Altheim sieht in den Kerbhölzern natürlich Zeugnisse für Losorakel und untersuchte diese Objekte im Oktober 1941 im Heimatmuseum Kitzbühel64. Er deutet die Einkerbungen als Buchstaben, Zahlzeichen und Sinnbilder, welche Entsprechungen in den rätischen und venetischen Alphabeten finden würden. Bei Altheim werden die Kerbhölzer erwartungsgemäß als ein stark verbindendes Element zwischen Germanen und Italikern interpretiert.
Sprache und Schrift
36Es ist nicht verwunderlich, dass der Philologe Altheim nicht nur mit bildlichen und kulturellen Parallelen, sondern auch mit Verbindungen und Ableitungen von Schrift-und Sprachzeugnissen argumentiert.
37Ein von ihm angeführtes Beispiel stellt der Helm B aus dem Depot von Ženjak-Negau dar (Abb. 12)65. Der Helm wurde wohl im frühen 5. Jh. v. Chr. in Etrurien hergestellt und erst etwa im späten 2. oder frühen 1. Jh. v. Chr. niedergelegt. Auf der Krempe befindet sich die im venetischen oder rätischen Alphabet verfasste Inschrift “hariχastiteiva”, bei der es sich wahrscheinlich um die Besitzinschrift eines Germanen namens Harigast (german. “Heer-Gast”, “Heer-Krieger”) handelt. Altheim bespricht den Helm und bewertet ihn zusammen mit anderen sprachlichen Zeugnissen folgendermaßen:
“Man darf also sagen, dass um oder kurz nach 300 v. Chr. germanische Vorposten im Donauraum sich vereinzelt des norditalischen αß bedient haben. [...] Dieses Vordringen italischen, und mittelbar griechischen, Kulturgutes nach dem germanischen Norden fällt nicht zufällig in die Jahre nach 300 v. Zw. [...] Wie vom Süden her, so werden auch von germanischer Seite um die Wende des 4. zum 3. Jahrhundert die ersten Brücken geschlagen. [...] Hier beginnen sich Vorläufer des großen germanischen Durchbruchs nach Süden bemerkbar zu machen...”66.
38Die Germanen ziehen laut Altheim ab dem 4. Jh. v. Chr. nach Süden, wo sie auf italische Schriftsysteme treffen und diese dann als Vorbild für ihre spätere Runenschrift (Futhark) nutzen. Die Wahl der norditalischen Alphabete erfolgte für Altheim selbstredend nicht zufällig:
“Es erklärt sich, warum die Germanen gerade das norditalische αß für die Bildung ihres Futhark verwandten. [...] Die Sinnbildschrift war ihnen bekannt; sie war aus dem Norden mitgebrachtes Erbe Hier sprach sie eine uralte Verwandtschaft an und so zogen sie das als solches bereits dekomponierte norditalische αß dem lateinischen und griechischen vor. Sie ergriffen es, formten es für ihre eigenen Zwecke um, wobei sie die im norditalischen Bereich bereits begonnene Durchsetzung mit vorrunischen Sinnbildern noch einen erheblichen Schritt weiterführten”67.
39Auf eine ganz ähnliche Weise werden von Altheim ebenfalls die oben erwähnten Kerbhölzer aus Kelchalm interpretiert. Neben der Entstehung der Runenschrift bespricht Franz Altheim außerdem einzelne vermeintliche Runen und Sinnbilder.
40Bei einem dieser Sinnbilder/Runen handelt es sich – nicht zufällig – um die “Elchrune”68. Schließlich handelt es sich hierbei um die Elhaz-Rune bzw. um die “Lebensrune”, welche während des Nationalsozialismus (und bis heute noch bei Neonazis) sehr häufig motivische Verwendung fand. Insofern dürfte es Franz Altheim ein besonderes Anliegen gewesen sein, dieses Motiv auch bei frühen Germanen und Italikern aufzuzeigen. Er vergleicht dafür wieder skandinavische Felsbilder (Abb. 13) mit denen aus der Val Camonica (Abb. 14) und findet schnell die ideologisch gewünschten Parallelen. Die Darstellung auf dem Felsbild der Val Camonica gewinnt für Altheim mit der Interpretation als Adoranten, welche mit erhobenen Armen das “Sinnbild” der “Elchrune” kultisch verehren, eine entscheidend religiöse Komponente. Denn für Altheim handelt es sich hier selbstredend um “vorrunische Sinnbilder”, denen eine Bedeutung innewohnt.
41Die “Elchrune” würde ursprünglich ein Hirsch-bzw. Elchgeweih in einfacher oder verdoppelter Form meinen. Schnell werden daraus religiöse Folgerungen gezogen, die Altheim vor allem in den von Tacitus beschriebenen germanischen Zwillingsgottheiten, den Alcis (lat. alces aus german. *alhiz “Elch”, “Hirsch”?) findet69. Die “Elchrune” würde mit dem doppelten Hirsch-/Elchgeweih als Sinnbild die Alcis darstellen, welche etymologisch mit Elchen in Verbindung ständen.
42Im Rahmen dieser Interpretation übertrifft sich Altheim selbst und zieht sogar noch die Methalle des Königs Hrothgar im angelsächsischen Epos Beowulf heran. Denn diese Halle wird im Beowulf als Heorot (altengl. “Halle des Hirsches”, “Hirschhalle”) bezeichnet, was sich tatsächlich auf Hirschgeweih als Giebelschmuck beziehen dürfte70. Dabei handle es sich für Altheim nicht nur um einen Beleg für die Bedeutung des Hirsches bzw. seines Sinnbilds, welche mit den Alcis in enger Verwandtschaft stünde. Darüber hinaus legt Altheim eine Hüttendarstellung vor, deren Interpretation als nordischen Typus oben bereits kurz skizziert wurde. Diese Hütte weist zusätzlich einen Hirsch auf dem Giebel auf (Abb. 15) und besäße damit eine deutliche Parallele zur Beschreibung der Methalle Heorot in Beowulf:
“Hier sieht man eine der für die Val Camonica typischen Hausdarstellungen: sie zeigen den nordischen Haustypus, das Megaron mit Steildach und Giebel, in mancherlei Abwandlungen. Im vorliegenden Fall wird die Giebelmitte durch einen stehenden Hirsch gekrönt. Das ist ein Analogon zu Hrodgars Königshalle heort, heorot im Beowulfepos”71.
43Ebenso findet Altheim freilich auch andere Runen und Sinnbildzeichen, die er direkt aus dem Norden ableitet. Dazu gehören zum Beispiel die “i-Rune” oder die “Odalrune”72. Altheim urteilt entsprechend über die von ihm vorgelegten vorrunischen Sinnbildzeichen folgendermaßen:
“Die Übereinstimmungen, die wir zusammengestellt haben, können nicht zufällig sein. Die Sinnbildschrift der Nordgermanen – daran besteht kein Zweifel mehr – kehrt auf den Felsen der Val Camonica wieder. Das Ergebnis kommt nicht überraschend”73.
44Natürlich benutzt der Philologe Altheim nicht nur Schrift und Sinnbilder, um Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Germanen und Italikern aufzubauen, sondern ebenso Sprachelemente und-merkmale. So weist Altheim zunächst insbesondere auf die Gemeinsamkeiten einiger italischer Sprachen hin, welche zum Teil ja tatsächlich bestehen. Insbesondere nennt er Latein und Venetisch. Einige Inschriften der Val Camonica würden sich nach Altheim entsprechend in unmittelbare Nähe dieser italischen Sprachen einordnen lassen und auf eine Einwanderung aus dem Norden hindeuten74. Um diese Einwanderung aus dem Norden zu belegen, beruft sich Altheim auf sprachliche Gemeinsamkeiten zwischen germanischen und italischen Sprachen:
“Die sprachlichen Beobachtungen weisen den Weg zur Erklärung. Sie zeigen, daß in der Val Camonica eine indogermanische Einwanderungswelle aus dem nördlichen Europa sich fassen läßt. [...] Es ist bekannt, dass eine nahe Verwandtschaft zwischen dem Germanischen und den italischen Sprachen, besonders dem Lateinischen, besteht. Sie zeigt sich in Lautwandel und Wortschatz: Bildungen aus dem religiösen und Rechtsleben, aber auch die Bezeichnungen für Meer, Wasser und Schiffahrt sind den Sprachen gemeinsam. [...] Zahlreich sind die Übereinstimmungen zwischen dem Venetischen und Germanischen. In der Pronominalbildung haben venetisch mexo ‘mich’ in gotisch mik, althochdeutsch mih und venetisch sselboi sselboi ‘sibi ipsi’ in althochdeutsch selb selbo die nächste Parallele. [...] Beide Völkerschübe – die Latino-Falisker zusammen mit den späteren Euganeern auf der einen Seite, die Veneter auf der anderen – lösten sich im Norden aus der Nachbarschaft der Germanen und drangen nacheinander in die Apenninhalbinsel ein”75.
45Wie die Bildthemen und Motive werden ebenfalls Sprachelemente für eine Herkunft der Italiker aus dem hohen Norden herangezogen.
Das ideologische Gesamtbild
46Durch die Analyse der von Altheim konstruierten Elemente (Bildmotive, religiöse und kulturelle Gemeinsamkeiten sowie Sprach-und Schriftgut) lässt sich das ideologische Gesamtbild veranschaulichen. Nach Altheim lösen sich einige Germanenstämme aus dem nördlichen Mitteleuropa und wandern in Richtung Süden und Südosten:
“Um das Jahr 1200 waren die Auswanderer aus dem Kerngebiet, zwischen Oder und Weichsel bis hinauf zur Ostsee, aufgebrochen und hatten sich langsam in Richtung auf die Donau zu weiterverschoben. Gleichzeitig oder noch vor ihnen hatte sich unsere Italikergruppe aus der Nachbarschaft der Germanen gelöst und war, getrieben von der nachdrängenden illyrischen Flut, über die Alpen gezogen”76.
47Diese Wanderungswellen würden sich dominant über die indigene, vorindogermanische Bevölkerung legen und deren Kulturen und Reiche zerstören. In Kleinasien würden nach Altheim die Phryger auf diese Weise die Hethiter verdrängen, die dorische Wanderung würde die mykenisch-mionischen Kulturen überlagern und Italien würde (indo-)germanisiert werden. Die italische und die dorische Wanderung sind bei Franz Altheim Teil eines Phänomens:
“Sie [die Wanderung, Anm. RPK] brachte einen neuen und gewaltigen Strom indogermanischer Stämme in den Mittelmeerraum. Die Phryger drangen nach Kleinasien ein und machten dem Reich der Hethiter ein Ende. Die Dorier, gleichfalls aus dem Norden kommend, legten sich als neue und letzte Schicht griechischer Einwanderer über Hellas. [...] Das Auftreten der Dorier in Griechenland und das der Latino-Falisker in Italien sind Auswirkungen des gleichen Ereignisses. [...] Beide Einwandererstämme, Dorier und Latino-Falisker, leisteten ihr Größtes im Staat. Sparta und Rom sind ihre Schöpfungen”77.
48Nach Italien gelangen zwei „Einwanderungswellen“ um 1200 v. Chr. und im 9. Jh. v. Chr. Die ältere Bewegung würde zeitgleich mit der dorischen Wanderung erfolgen.
“Zwei Einwanderungswellen haben sich demnach nacheinander aus der Nachbarschaft der Germanen gelöst und sind in Italien eingedrungen. Zuerst die eine Italikergruppe: Latiner, Falisker und Euganeer umfassend, und dann ein illyrischer Stamm: die Veneter. Beide kamen aus der Nachbarschaft der ältesten germanischen Sitze im mitteleuropäischen und europäischen Norden”78.
49Die Zeugnisse in der Val Camonica würden Überreste dieser Einwanderungswellen und ihrer Herkunft darstellen und in Italien mit Rom sowie in Griechenland mit Sparta ihren End- und Höhepunkt finden. Rom wäre damit (wie Sparta) ein indogermanisches Erbe, dessen Ursprung natürlich im Norden läge.
50Die Entwicklung der Runenschrift, welche Altheim ursprünglich Probleme in der ideologischen Präsentation bereitet haben dürfte, kann nun auch gefällig in das ideologische Konstrukt eingebaut werden. Denn die frühesten Zeugnisse der Runenschrift stammen unleugbar aus Norditalien, so dass die Herkunft der Runen von dort zu postulieren ist. Die Runen sind also offensichtlich aus italischen Schriftsystemen abzuleiten und nicht umgekehrt. Dieses ideologische Problem löst Altheim geschickt, indem er die Germanen ab dem 4. Jh. v. Chr. italische Alphabete für die Entwicklung der Runen verwenden lässt, da diese an vorherige Sinnbilder erinnern würden, welche wiederum nordischen Ursprungs wären:
“Es erklärt sich, warum die Germanen gerade das norditalische αß für die Bildung ihres Futhark verwandten. Gewiss war dieses αß im Rückzug, ja im Verschwinden begriffen. Doch es verschwand nicht nur vor dem siegreichen lateinischen αß, sondern daneben drang eine ältere Sinnbildschrift nordischen Ursprungs in sein Gefüge ein. Eben hier müssen die Germanen eingesetzt haben. Die Sinnbildschrift war ihnen bekannt: sie war aus dem Norden mitgebrachtes Erbe. Hier sprach sie eine uralte Verwandtschaft an und so zogen sie das als solches bereits dekomponierte norditalische αß dem lateinischen und griechischen vor. Sie ergriffen es, formten es für ihre eigenen Zwecke um, ... [...] Ein überkommenes nordisches Erbe wurde von den Kimbern aufgegriffen und gestaltet. Und zusammen damit wurden die Reste des norditalischen αß, das in seiner eigentlichen Heimat kurz danach ausstarb, einer neuen Zukunft entgegengetragen”79.
51Die italische Schrift entstammt also nach Altheim der ursprünglich germanischen Sinnbilderschrift, wird in Italien weiterentwickelt und schließlich von Kimbern und anderen Germanen im 2. Jh. v. Chr. als Vorlage für die Runenschrift aufgenommen und nach Germanien zurücktransportiert.
52Franz Altheim schafft mit diesen Thesen und ihren „Belegen“ ein Potpourri an typischen Elementen, welche in der nationalsozialistischen Vorgeschichts-Propaganda auftauchten. Den Kern von Altheims Thesen bilden dabei die im Nationalsozialismus propagierten großgermanischen Wanderungen aus Norddeutschland nach Italien, über den Balkan nach Griechenland und bis in den Iran (Abb. 16). Es handelt sich hier um die krude Propaganda von kulturstiftenden Wanderbewegungen der Indogermanen, die auszogen, um in der ganzen Welt Hochkulturen aufzubauen – ex septentrione lux80.
“Die Wanderungen der nordischen Völker, die einst die Kulturen in Indien, Iran, Griechenland und Rom schufen, sind heute klar erkennbar, und überall sehen wir, dass die Entstehung von Kulturen und Staaten nicht zufällige Gegebenheiten, nicht magische Offenbarungen gewesen sind, sondern Auswirkungen eines bestimmten Menschentums in seiner Ausgestaltung, aber auch im Ringen mit anderen Rassen und Rassenseelen”81.
53Als Kulturleistungen dieser „großgermanischen Wanderbewegungen“ werden dabei explizit Italien und die römische Kultur genannt – nicht nur in Himmlers Anweisungen an Wüst zu den neuen Aufgaben des “Ahnenerbes” (s. o.), sondern natürlich auch in der offiziellen Propaganda und in Unterrichtsmaterialien an Schulen:
“Ohne die nordischen Einwanderer und ohne die Ströme nordischen Blutes, die immer wieder nach Italien stoßen, hätte es keine römische und keine italienische Kultur gegeben”82.
54Altheim wird den Erwartungen des NS-Staates und Himmlers Auftrag an das ,Ahnenerbe‘, die Herkunft der Italiker aus dem Norden nachzuweisen, mehr als gerecht. Als besonderen Coup erwähnt Altheim auch fast beiläufig als leuchtende Schöpfungen dieser Herkunft ex septentrione Sparta und Rom. Beide antiken Orte erfuhren eine intensive Rezeption im Nationalsozialismus. Insbesondere der Sparta-Mythos wurde propagandistisch arg missbraucht und häufig als Vorbild für militärische Erziehung, Gehorsam und eugenische Maßnahmen herangezogen83.
55Die von Altheim herangezogenen “Belege” dieser Thesen gehören ebenfalls zum gern gesehenen Standardrepertoire nationalsozialistischer Propaganda. Dazu gehören etwa die Sonnensymbole und insbesondere die Sonnenwagen, welche im Nationalsozialismus breit rezipiert werden. So fand z. B. im Berliner Grunewaldstadion im Sommer 1933 eine Sonnenwendfeier mit etwa 500 Germanen-Darstellern und einer Nachbildung der “Sonnenscheibe von Balkakra” und des “Sonnenwagens von Trondholm” statt. Bei einem Sportfest in Neumünster kamen ebenfalls ein überdimensionales Modell des “Sonnenwagens von Trondholm” (Abb. 17) und Germanen-Darsteller zum Einsatz. Die Sonnensymbole, die Altheim für die Val Camonica rekonstruiert, waren bei NS-Propagandaveranstaltungen häufig zu sehen und wurden direkt mit “Germanentum” und dem glorifizierten Vergangenheitsmythos verbunden84.
56Architektur und insbesondere Sakralbauten, die bei Altheim ebenfalls nordischen Ursprungs zugerechnet werden, stellten ebenfalls ein beliebtes Thema der NS-Propagandisten dar. So werden griechische Tempel in Schulungsheften des SS ähnlich wie bei Altheim direkt von germanischen Häusern abgeleitet:
“Aus dem nordischen Bauernhaus entwickelte sich durch Weiterbildung und Vervollkommnung der griechische Tempel. [...] Hier sehen wir nun ein stolzes Zeugnis klassischer Baukunst. Der griechische Tempel ist also ein weiterer Beweis dafür, daß die hohen Kulturen nicht aus dem Orient, sondern aus dem Norden kommen”85.
57Entsprechend zeigten Ausstellungen, wie “Lebendige Vorzeit”, und Freilichtmuseen zahlreiche Modelle, Abbildungen und Rekonstruktionen von “germanischen Bauernhöfen” und “Führerhäusern” (Abb. 18), mit denen die “germanische Vergangenheit” glorifiziert sowie fantasievoll kulturelle Kontinuitäten und Einflüsse konstruiert wurden86.
58Die von Altheim ebenfalls angesprochenen Runen erfreuten sich natürlich ebenfalls in der NS-Propaganda, die in diesem Fall geradezu groteske und kitschige Formen annehmen konnte, großer Beliebtheit. Gerade die von Nationalsozialisten als “Lebensrune” bezeichnete Elhaz-Rune befand sich häufig als Motiv etwa auf “Runenabzeichen” und anderem Germanenkitsch, Armbinden von Krankenschwestern oder auch auf Logos von Apotheken87. Es zeigt sich damit recht deutlich, wie bewusst und intensiv Franz Altheim aus dem Repertoire der NS-Propaganda schöpfte, um die “ex septentrione-These” für die Publikationen zur Val Camonica und den Italikern nutzbar zu machen.
Schlussfolgerungen
59Wie sind Franz Altheims Studien zu den Italikern und insbesondere zur Val Camonica zu bewerten? Es ist grundsätzlich schwierig und manchmal unangenehm, Geisteswissenschaftler und deren Forschungen während des Nationalsozialismus zu beurteilen. Insbesondere ist dies bei dem so produktiven und richtungsweisenden Althistoriker und Philologen Franz Altheim, welcher ein komplettes Althistorisches Seminar aufbaute und fortwährend prägte, der Fall:
“Ainsi, Franz Altheim devint le Althistoriker le plus lu et le plus controversé de nos jours. Personne ne niera qu’il est de ceux, peu nombreux, qui ont réorienté les recherches d’histoire ancienne”88.
60EntsprechendwenigistüberFranzAltheimsForschungenwährenddesNationalsozialismus geschrieben worden. Die wenigen vorliegenden Urteile beschreiben vorwiegend einen opportunistischen Forscher, der clever Fördergelder und Publikationsmöglichkeiten für seine eigenen Projekte und Forschungen einsetzte:
“[Franz Altheim, Anm. RPK] konnte sich [...] mit Dienststellen und Exponenten des Nationalsozialismus ebenso arrangieren wie später mit den Funktionären und Organen der sowjetisch besetzten Zone oder mit den Repräsentanten des ‘spätkapitalistischen’ Berlins. Ein steriler Exekutant der verschiedenen politischen Instanzen und der verschiedenen geistigen Konzeptionen ist Altheim deswegen nicht geworden, obwohl man vor seinen Zugeständnissen auch nicht die Augen schließen sollte”89.
61Josef Wiesehöfer urteilte folgendermaßen:
“... oft genug nutzten Altertumswissenschaftler, wie der Althistoriker Franz Altheim, die entsprechenden Verbindungen vornehmlich opportunistisch zur Förderung der eigenen Forschungs- und Publikationsvorhaben”90.
62Allerdings sprechen einige Argumente gegen diese Wertung von Altheims Forschungen während des Nationalsozialismus. Die Initiative und das Interesse am “Ahnenerbe” kamen 1936 eindeutig von Altheim und Trautmann durch den Forschungsbericht zur Kampagne in der Val Camonica. Im Zuge dieser bewussten Anbiederung bei den NS-Chefideologen Göring und Himmler änderte Altheim seine Forschungsinteressen grundlegend und passte sie vollständig den Interessen des Nationalsozialismus an. Man kann also keinesfalls von “eigenen Forschungs- und Publikationsvorhaben” sprechen, sondern nur von einer kompletten Anpassung an die aktuelle Propaganda.
63Ebenso sprechen für diese Interpretation die gewaltigen Mengen an “völkisch” geprägten Publikationen, die von Altheim während des Nationalsozialismus veröffentlicht wurden und das Maß einiger weniger Alibi-Veröffentlichungen deutlich überschreiten. Auch ist das große Repertoire der von Altheim behandelten “rassisch-völkischen” bzw. propagandistisch relevanten Themen zu nennen, auf das hier nur kurz verwiesen werden kann. Dazu gehören etwa “Der Opfertod der Decier” (1941), in welchem soldatische Aufopferung für den Staat zelebriert wird, oder die Schriften zur “germanischen Abstammung” des Soldatenkaisers Maximinus Thrax. Ebenso äußert sich Altheim bei Sievers zu “aktuellen Fragestellungen” recht ausgiebig:
“Eine griechische Herrenschicht setzt sich mit dem Orient auseinander; sie ergreift sogar Maßnahmen zur Reinhaltung der Rasse [...]. Die antijüdische Politik des Antiochos IV. Epiphanes ist auch von dort aus zu verstehen”91.
64Altheims Eifer und Begeisterung schienen teilweise so weit zu gehen, dass Sievers und die NS-Funktionäre sich wundern mussten, Altheim aber auch großes Vertrauen schenkten92. Dazu führten ebenfalls Altheims “diplomatischen Missionen”, die man nur als Geheimdienst Aktivitäten bezeichnen kann.
65Insofern finden wir in Franz Altheims Publikationen während und für den Nationalsozialismus selbstverständlich keine offenen rassistischen Pamphlete, wie bei Helmut Berve, Hans Oppermann oder Fritz Schachermeyr. Allerdings weisen Altheims Forschungen aus dieser Zeit durchaus zahlreiche Elemente der gängigen rassistisch-völkischen Ideologie auf. Es handelt sich eben nicht nur um opportunistisch angenommene Förderungen für eigene Forschungsinteressen und Vorhaben, sondern vielmehr um einen Austausch, vielleicht sogar eine Opferung von eigenen Forschungsinteressen für Propagandadienste am NS-Regime. Dennoch bleibt es schwierig und unangenehm, ein Urteil zu fällen. Franz Altheim drückte die Veränderungen durch den Nationalsozialismus folgendermaßen aus:
“Die Ereignisse [Anm. RPK: gemeint ist ‘die jüngste Vergangenheit’ (Altheim)] sind über uns hinweggegangen und haben uns wie betäubt zurückgelassen. [...] Denn diese Ereignisse haben uns allesamt – gleich an welcher Stelle wir standen – gepackt und fortgerissen; sie haben uns niedergeworfen und sind über uns hinweggegangen; sie haben uns die eigene Fragwürdigkeit in eine Weise enthüllt, daß uns der Geschmack an jedem Richteramt vergällt ist. Vor allem: sie haben uns selbst umgeformt – so sehr, daß keiner aus dem Schmelzprozess des letzten Vierteljahrhunderts als derselbe herausgekommen ist, als der er darin eintrat”93.
Notes de bas de page
1 Zur Person Franz Altheim s. Losemann 1977, 123-132; Mühlpfordt 1978; Sanders 1978; Christ 1982, 246-246-254; Losemann 1998; Wolff 2002; Vierhaus 2005; Christ 2006, 87-90; Mertens 2006; Pringle 2006,102-120; Baltrusch 2008, 14-16, 31 sq.; Mees 2008, 233-238; Baltrusch 2012. Catalogus professorum halensis, Franz Altheim, <http://www.catalogus-professorum-halensis.de/altheimfranz.html> (16.04.2015). Zu dem sehr umfangreichen Schrifttum Altheims s. Merkel 1958. Merkel 1970.
2 Pringle 2006, 104 mit Anm. 15-16.
3 Pringle 2006, 104 sq.
4 Für die Publikation der Habilitationsschrift s. Altheim 1930.
5 Altheim 1931a; Altheim 1932; Altheim 1933.
6 Altheim 1951; Altheim 1953.
7 Altheim 1938a.
8 Altheim 1934; Altheim 1935.
9 Losemann 1977,123 sq.; Christ 1982, 246-248 mit Verweisen.
10 Pringle 2006,105 sq. mit Anm. 24-25.
11 A. Baeumler beschrieb Altheim als einen jener “Intellektuellen, die auch weiterhin versuchen, die Geschichte des Altertums zu schreiben, als ob es das Problem der Rasse nicht gäbe” (A. Baeumler an das Reichserziehungsministerium am 27.02.1935 [IfZ, MA 116/1] zitiert nach Losemann 1977,124 mit Verweisen und Pringle 2006,106 mit Anm. 26). Wie sich noch zeigen sollte, lag Baeumler mit seinem Urteil eindeutig falsch.
12 Pringle 2006,106 mit Anm. 27 und Verweis auf Altheims Personalakte vom 20.03.1936.
13 Losemann 1977,124 mit Anm. 53; Losemann 1998, 496 mit Anm. 21.
14 Die ursprünglich enge Freundschaft der beiden “Dioskuren” wird etwa in Altheims Widmung “Gemello Castori. Gemellus Castoris” in Altheim 1944 deutlich (in den drei Auflagen von 1941,1943 und 1944; s. auch Losemann 1998,494 mit Anm. 7). Auf die Umstände, die vor allem in Altheims Arbeit beim “SS-Ahnenerbe” und in der Deportation von Kerényis Tochter Grazia in das Konzentrationslager Auschwitz hegen und die zur vollständigen und endgültigen Zerrüttung der einstigen Freundschaft von Karl Kerényi und Franz Altheim führten, kann an dieser Stelle nicht ausführlich eingegangen werden, s. dazu die sehr gründliche und verdienstvolle Analyse von Volker Losemann (1998).
15 Losemann 1998, 505. 514 mit Anm. 86.
16 Nach Altheim war damals an der Universität Halle “geistig alles tot”: Briefe F. Altheim am 05.04.1947. 02.07.1947. 22.08.1948 zitiert nach Losemann 1998, 510.
17 Christ 1982, 254; Losemann 1998, 505; Vierhaus 2005; Baltrusch 2008, 14-16, 31 sq.; Baltrusch 2012; Catalogue professorum halensis, Franz Altheim, <http://www.catalogus-professorum-halensis.de/altheimfranz.html> (16.04.2015).
18 Losemann 1977, 124 mit Anm. 55 und Verweis auf das Gutachten des Nationalsozialistischen Deutschen Dozenten-Bundes vom 13.08.1942 (Mikrofilmarchiv IfZ-München. MA 116/I-Altheim): “Dem nationalsozialistischen Gemeinschaftsdenken stand er zunächst fremd gegenüber und zog sich nach 1933 noch mehr auf sich selbst und seine Arbeit zurück”, (zitiert nach Losemann 1977, 236 Anm. 55).
19 Losemann 1977, 124 mit Anm. 52; Vierhaus 2005, 129; Baltrusch 2012, 24.
20 Zum “SS-Ahnenerbe” s. grundlegend Kater 1997, zur Rolle der Klassischen Altertumswissenschaften innerhalb des “SS-Ahnenerbe” s. Losemann 1977,118-139; Losemann 2001, 745-747; Chapoutot 2014, 89-95.
21 So der Nationalsozialistische Deutsche Dozenten-Bund an die Partei-Kanzlei am 13.08.1942 (Mikrofilmarchiv IfZ-München. MA 116/I-Altheim) zitiert nach Losemann 1977, 124 f. mit Anm. 56.
22 So war Himmler beispielsweise so stark von den altlateinischen Inschriften (die er irrtümlich für Runen hielt) auf dem Lapis Niger des Forum Romanum fasziniert, dass er Abgüsse und Fotografien von diesen erstellen ließ (Himmler an Wüst am 10.12.1937 (Bundesarchiv Koblenz. NS 21/721) zitiert nach Losemann 1977, 119 mit Anm. 10; Chapoutot 2014, 90 sq.).
23 Himmler an Wüst am 10.12.1937 (Bundesarchiv Koblenz. NS 21/721) zitiert nach Losemann 1977, 119 mit Anm. 11; Chapoutot 2014, 92 mit Anm. 158.
24 Himmler an Wüst am 10.12.1937 (T-580, 207/725) zitiert nach Kater 1997, 72 mit Anm. 112.
25 Die Abteilung wurde im Mai 1939 in die “Forschungsstätte für Klassische Altertumswissenschaft” umbenannt und in zwei Unterabteilungen (eine lateinische und eine griechische Abteilung) gegliedert, welche jeweils von Till und Dirlmeier geleitet wurden: Kater 1997, 95.
26 Kater 1997, 389 Anm. 201 Nr. 12; Taf. 1.
27 Losemann 1977,118-123; Kater 1997, 71 sq.; Chapoutot 2014, 90-93.
28 Zu der Arbeitsgemeinschaft gehörten neben Franz Altheim als Leiter: Erika Trautmann (Zeichnerin und im Vorjahr Entdeckerin einiger Neufunde), M. Wayersberg (wissenschaftliche Assistentin) und C. Pauli (Zeichnerin). Karl Kerényi besuchte Altheim während der Expedition (Altheim – Trautmann 1937, 86 Anm. 32).
29 Pringle 2006, 108 sq.
30 Trautmanns Forschungsbericht zu den Neufunden von 1935 zitiert und diskutiert Altheim (1936, 83-86). Altheim und Trautmann (1937, 86 mit Anm. 31) beziehen sich ebenfalls gemeinsam im Bericht zur Kampagne von 1936 darauf.
31 Pringle 2006,106-109.
32 Altheim & Trautmann 1937.
33 Erika Trautmanns ältere Brüder besuchten gemeinsam mit Hermann Göring die Kadettenschule und waren mit ihm befreundet. Möglicherweise war Göring ebenfalls in Trautmann verliebt gewesen und machte ihr einen Heiratsantrag, den sie ablehnte. Auf jeden Fall kannte Erika Trautmann Hermann Göring recht gut: Pringle 2006,103 mit Anm. 11.
34 Pringle 2006, 109 sq.
35 Altheim & Trautmann 1939c. Altheim & Trautmann-Nehring 1942.
36 Altheim 1941.
37 s. die Danksagungen in Altheim & Trautmann 1938, 12; Altheim & Trautmann 1939c (“Die Inschriften und Felsbilder [...] stellen Ergebnisse der Reisen 1937/8 dar.”) und Altheim & Trautmann-Nehring 1942 sowie Pringle 2006, 110 mit Anm. 53; Chapoutot 2014, 93.
38 Es wurden wohl mindestens 21 Ausgrabungen auf deutschem Gebiet (inkl. Ostpreussen und Österreich) durch das SS-Ahnenerbe durchgeführt. Für die Abteilung Ausgrabungen wurden im Rechnungsjahr 1938/1939 mit 65 000 Reichsmark 12% des Gesamthaushalts des “Ahnenerbes” ausgegeben, s. dazu Halle & Mahsarski 2013, 60-64 mit eine Karte, der Ausgrabungsorte und weiteren Verweisen.
39 Kater 1997, 79 sq.; Pringle 2006,145-176.
40 Sievers an Altheim und Trautmann am 13.07.1938 (Bundesarchiv Koblenz. NS 21/165) zitiert nach Losemann 1977,126 mit Anm. 69; Kater 1997, 79 mit Anm. 181.
41 Kater 1997, 79. Ihm folgend Losemann 1998, 496 mit Anm. 23 und Zitat Katers.
42 Losemann 1977, 128; Pringle 2006, 112-115.
43 Pringle 2006, 112 mit Anm. 68.
44 Losemann 1977, 128; Pringle 2006, 115 f. mit Anm. 84.
45 Losemann 1977, 128 sq.; Christ 2006, 89; Pringle 2006, 116-119.
46 Losemann 1977, 130 mit Anm. 99. Zu Gustav VI. Adolf s. Nylander 1992.
47 Die Studien und Interpretationen der Felsbilder wurden von Altheim und Trautmann in zahlreichen Publikationen veröffentlicht: Altheim 1936, 83-86, Abb. 1-7; Altheim & Trautmann 1937; Altheim 1938b; Altheim & Trautmann 1938; Altheim & Trautmann 1939a; Altheim & Trautmann 1939b; Altheim & Trautmann 1939c; Altheim 1940; Altheim & Trautmann 1940; Altheim 1941; Altheim & Trautmann 1941a; Altheim & Trautmann 1941b; Altheim & Trautmann 1942; Altheim & Trautmann-Nehring 1942; Altheim 1944, 15-44, Abb. 1-15.
48 Altheim & Trautmann 1939b, 67-71; Altheim & Trautmann 1940, 21 sq.; Altheim 1941, 53 sq.; Altheim & Trautmann 1942, insb. 374-381; Altheim 1944, 22 sq.
49 Altheim & Trautmann 1942, 378.
50 Altheim & Trautmann 1939c, 70 mit Serv., Ad Aen., 8.3; Plut., Rom., 29; Gellius 4.6.2 und Arnobius 6.11.
51 Altheim & Trautmann 1937, 98 mit Anm. 102; Altheim 1941, 54; Altheim 1944, 23.
52 Altheim & Trautmann 1937, 94-98; Altheim & Trautmann 1938; Altheim & Trautmann 1940, 22 sq., 29; Altheim 1941, 54 sq., 58 sq.; Altheim & Trautmann-Nehring 1942, 17 sq. mit Abb. 6; Altheim 1944, 23 sq.
53 Altheim & Trautmann 1937,94-97; Altheim & Trautmann 1938, 31 sq. mit Verweis auf Tacitus, Germania 40.
54 Altheim & Trautmann 1937, 97 sq.
55 Altheim 1941, 58.
56 Altheim & Trautmann 1938, 34 sq.; Altheim & Trautmann 1940, 25 mit Abb. 1-2, 5-6; Altheim & Trautmann-Nehring 1942,18 mit Abb. 7; Altheim 1944, 26.
57 Altheim & Trautmann 1938, 34 sq.
58 Altheim & Trautmann 1937, 98 mit Abb. 14-15.
59 Altheim & Trautmann 1940, 27; Altheim & Trautmann-Nehring 1942, 45-53; Altheim 1944, 28.
60 Altheim & Trautmann 1940, 27 mit Anm. 5-7 und Verweis auf Werner Müller. Zugleich wörtlich Altheim 1944, 28.
61 Altheim & Trautmann-Nehring 1942, 45 sq. mit den Zitaten von Plut., Marius, 15.5 und Tac., Germ., 10.
62 Altheim & Trautmann-Nehring 1942, 46 f. mit Anm. 67-75 und den entsprechenden Verweisen.
63 Die Kerbhölzer aus Kelchalm wurden ausführlich in der unpublizierten Diplomarbeit von Michael Klaunzer mit dem Titel “Studien zum spätbronzezeitlichen Bergbau auf der Kelchalm und Bachalm Bez. Kitzbühel, Nordtirol”. Diplomarbeit Universität Innsbruck 2008 (137-147 Kap. 6.2.5; Taf. 25-29) beschrieben und diskutiert. Ich danke Petra Fleischer und Michael Klaunzer für wertvolle Hinweise.
64 Altheim & Trautmann-Nehring 1942, 50.
65 Altheim & Trautmann 1939c, 36-41; Altheim & Trautmann-Nehring 1942, 33-37 mit Abb. 21.
66 Altheim & Trautmann 1939c, 40 sq.
67 Altheim & Trautmann 1939c, 62 sq.
68 Altheim & Trautmann 1941b. Altheim & Trautmann-Nehring 1942, 12-24.
69 Altheim & Trautmann 1941b, 22; Altheim & Trautmann-Nehring 1942, 13 sq. mit Verweis auf Tac., Germ., 43.
70 Altheim & Trautmann-Nehring 1942, 14 mit Verweis auf Beowulf, Vers 78.
71 Altheim & Trautmann-Nehring 1942, 18.
72 Altheim & Trautmann 1938, 15; Taf. 2, Abb. 2; Altheim & Trautmann 1939c, 52 sq. mit Abb. 25.
73 Altheim & Trautmann 1939c, 57.
74 Altheim & Trautmann 1937, 105-109; Altheim & Trautmann 1940, 16-20; Altheim 1941, 49 sq.; Altheim 1944, 16-20.
75 Altheim 1941, 55 sq. Ähnlich auch Altheim 1944, 29.
76 Altheim & Trautmann 1940, 31. Zugleich wörtlich Altheim 1944, 32.
77 Altheim 1941, 56 sq.
78 Altheim & Trautmann 1940, 29.
79 Altheim & Trautmann 1939c, 62 sq.
80 S. dazu zuletzt Chapoutot 2014, 31-62.
81 Alfred Rosenberg, Nordische Wiedergeburt. Rede in Lübeck anlässlich der zweiten Reichstagung der nordischen Gesellschaft am 26. Juni 1935 = Gestaltung der Idee, Blut und Ehre II, 339 zitiert nach Chapoutot 2014, 46 mit Anm. 55.
82 Schmelze 1936, 18 zitiert nach Chapoutot 2014, 96 mit Anm. 186, 192.
83 Dazu Chapoutot 2014, 206-240.
84 s. Halle 2013b, insb. 88 mit Abb.
85 Reichsführer-SS, Chef des Rasse-und Siedlungshauptamtes (Hrsg.), Deutsche Geschichte. Lichtbildvortrag. Erster Teil: Germanische Frühzeit. “Das Licht aus dem Norden” (Berlin o. J.) 16 f. zitiert nach Chapoutot 2014, 95 mit Anm. 177.
86 s. Halle 2013b, 89-93.
87 Halle 2013a, 115-117.
88 Sanders 1978, 791. Ähnlich beschrieb Ernst Baltrusch noch rezent den Einfluss und die Wirkung von Franz Altheim: “Altheim war eine der herausragenden Persönlichkeiten des Faches, der in seinen zahlreichen Publikationen den weiten Blick auf den Weltkreis des Altertums pflegte und damals schon umfassend interdisziplinär arbeitete. [...] Altheim setzte mit seiner universalhistorischen und interdisziplinären Ausrichtung auch für die Folgezeit Maßstäbe...” (Baltrusch 2008, 15 sq.).
89 Christ 1982, 254.
90 Wiesehöfer 2008, 216.
91 Altheim an Sievers am 15.02.1939 (NS 21/34) zitiert nach Losemann 1977, 129 mit Anm. 91.
92 Losemann 1977, 129 sq.; Christ 2006, 89.
93 Altheim 1948, 1 sq. s. auch Losemann 1998, 492.
Auteur
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Institut für Archäologie und Kulturanthropologie, Abteilung für Klassische Archäologie; rkraemer@uni-bonn.de
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