Rilke und Mallarmé. Aspekte eines Mißverständnisses 1
p. 299-315
Texte intégral
1Rilkes letzte Lebensjahre stehen ja im Zeichen einer intensiveren Beschäftigung mit der Dichtung des Symbolismus – wobei die „ geistige Begegnung “mit Paul Valéry gleichsam„ vorbereitet “wurde durch„ die Übersetzung einer Handvoll Gedichte von Stéphane Mallarmé [= Valérys Lehrer] im Jahre 1919 “,2 nach Rilkes Zeugnis„ de [m] sublimste [n], de [m] dichteste [n] Dichter unserer Zeit “.3 Aus dieser Bewunderung entstand nicht eine poetologische Auseinandersetzung, wohl aber eine Reihe von motivischen, unter Umständen auch thematischen Übereinstimmungen, die Beda Allemann als erster in literaturgeschichtlicher Perspektive gründlich untersucht hat – mit der These, diese„ erstaunliche [n] Zusammenhänge “ reichten„ über bloβe Einflüsse […] weit hinaus “und seien„ konstitutiv “ für Grundprobleme des europäischen Symbolismus.4 In der neueren Rilke-Forschung hat vor allem Manfred Engel diese Reflexion konsolidiert und Rilkes Modernität in der Mallarmé-Nachfolge wiederholt behauptet, nicht zuletzt gegen Hugo Friedrichs polemische Ausgrenzung Rilkes bei der Beschreibung der„ modernen Lyrik “.5 Grundlegend für die Klärung des literaturhistorischen Zusammenhangs ist Manfred Engels Kapitel über die„ Jahrhundertwende als Kontext “in seinem Buch über die Duineser Elegien,6 und neuerdings der vierte Teil des Rilke-Handbuchs, Rilke als Autor der literarischen Moderne.7
2Manfred Engels Plädoyer für Rilkes Modernität beruht auf dem von Allemann schon vorgebrachten Argument, dass die meisten Interpreten sich allzu sehr„ auf die weltanschauliche Seite dieses Werkes“8 konzentrieren und dass die sprachliche Innovation darüber vernachlässigt werde: „ Die reine Wort- und Klangmagie scheint bei ihm verdrängt durch den Willen zur ‚Aussage‘ “.9 Die von Manfred Engel gezogene Konsequenz lautet, der Literaturwissenschaftler müsse bemüht sein, nicht nur den„ exoterischen Gehalt “der Dichtung, sondern vor allem ihre„ esoterische Seite […], ihr […] Gemacht-Sein zu erhellen “,10 wobei diese wohl als Anklang an Valérys „ fabrication poétique “zu verstehen ist. Dass es aber nicht um eine angemessene Akzentsetzung geht, zeigt zum Beispiel die paradoxe Tatsache, dass Paul de Mans Lektüre, die die Autonomisierung der Sprache in Rilkes Werk verfolgt, insgesamt so wenig überzeugt: Solche Vorstellungen wie„ die Bejahung der Negativität “, die Referenzlosigkeit als Voraussetzung der poetischen Figur oder die Beschreibung der Konstellation als„ entité inaccessible aux sens, située loin au-delà du souci de la vie ou de la mort, dans le creux d’un ciel irréel “,11 bringen Rilke in die Nähe eines radikalen, bzw. radikalisierten Mallarmé, was seine Leistung doch verkennt.
3Die Wahrnehmung von Mallarmé-Präsenz in Rilkes Dichtung ist also weitgehend eine Frage der Deutung. Es bestehen immerhin viele erstaunliche Berührungspunkte, die B. Allemann in seinem Vergleich von„ Konstellation “ und„ Figur “zusammengestellt und sehr differenziert bewertet hat. Er ist sehr behutsam vorgegangen, warnte vor dem„ Rest von schlechter Zufälligkeit “,12 der allen Parallelen in Motiven und Gestaltungsweisen anhaftet, kam aber zu der unbestreitbaren Feststellung, dass solche Übereinstimmungen eine Antwort auf eine historisch bedingte gemeinsame Herausforderung sind.
4Ich möchte von diesem Befund ausgehend einige Konvergenzen noch einmal überprüfen, um zu zeigen, dass Übereinstimmungen in Bild und Begriff manchmal doch sehr unterschiedliche Antworten auf unterschiedlich gestellte Probleme verdecken. Ich hoffe somit, das Problem von Rilkes„ Mallarmé-Nachfolge “um einige Aspekte zu ergänzen. Dazu möchte ich Faktoren berücksichtigen, die in der Regel wenig beachtet oder anders bewertet werden: die weltanschaulichen Voraussetzungen, die Ambiguität von Mallarmés Poetik, die von seinen Zeitgenossen kaum wahrgenommen und von seinem Schüler und Vermittler Valéry ganz verwischt wurde, und schlieβlich Rilkes Dialog mit Nietzsche, aus dem originelle Antworten auf die auch von Mallarmé gestellten Probleme hervorgingen. Diese Wechselbeziehungen möchte ich in Problemkreisen untersuchen, die gemeinsame Motive, bzw. Begriffe oder Vorstellungen umfassen: die poetische Erfassung der Welt, die Gestaltung des Verhältnisses von Mensch und Welt, die orphische Auslegung der Erde, und die Sprache. Damit möchte ich schlieβlich zeigen, dass die Präsenz Mallarmés in Rilkes Text ein Teil jenes umfassenden, ungemein produktiven Miβverständnisses ist, das seine viel besser bekannte und belegte Rezeption Baudelaires und Valérys kennzeichnet.
5Im ersten Teil dieses Exposés möchte ich die anscheinend gemeinsamen poetischen Verfahren – Abstraktion und Transposition – auf ihre weltanschaulichen Voraussetzungen zurückführen und die damit verbundenen, tatsächlich gemeinsamen Motive – etwa Blume und Stern – vor diesen unterschiedlichen Hintergründen betrachten.
6Ein schon immer umstrittenes Problem der Mallarmé-Deutung ist sein „ Idealismus “, bzw. sein remanenter oder krisenhafter Idealismus, dem sich eine scharf dualistische Denk- und Erlebensweise und die beharrliche Ausrichtung seiner Poesie auf das Ideal, dann auf die Idee, verdanken. Bei Rilke – also in der Situation nach Nietzsche – ist eine solche Zerrissenheit in dieser Form nicht mehr denkbar. Diese einfache Tatsache wird in den allgemein vergleichenden Bilanzen nicht selten heruntergespielt –– so zum Beispiel bei Paul Hoffmann, der sonst immer sehr differenziert vorgeht:
Das „Universum“ Mallarmés [d.h. l’univers spirituel] hat mit Rilkes monistischem Weltgefühl nichts gemein. Doch Entpersönlichung […] verbindet beide Dichter. Auch Rilkes Ideal der Dichtung […] ist das der „Poésie pure“ […].13
7Das sind doch grundverschiedene, unvereinbare Positionen. Denn bei allen Bemühungen um Ursprung und Einheit hat Mallarmé die Trennung von Geist und Materie nicht überwunden; auβerdem kann eine Dichtung, die auf die Manifestation der„ absoluten Immanenz “tendiert, strenggenommen nicht als „ poésie pure “bezeichnet werden, so ähnlich die sprachlichen Formen auch scheinen mögen. Es ist eine ungelöste, wohl auch unlösbare Frage. B. Allemann hat schon gezeigt, dass„ Transposition “und„ Verwandlung “grundverschieden sind, dass die Rilkesche Figur anders beschaffen ist und auf etwas anderes verweist als die Mallarmés. Und doch hat er die Konvergenzen insgesamt als einen Beitrag zur symbolistischen Poetik analysiert. Ich möchte nun die Grenzen des Vergleichs an den Motiven selbst zeigen.
8Am besten beginnen wir mit der Blume, deren poetische„ Transposition “ Mallarmé in der späten poetologischen Bilanz Crise de vers analytisch beschreibt:
Je dis: une fleur! Et, hors de l’oubli où ma voix relègue aucun contour, en tant que quelque chose d’autre que les calices sus, musicalement se lève, idée même et suave, l’absente de tous bouquets.14
9Mallarmés Erläuterungen sind auch bekannt: Die Aufhebung der Gegenständlichkeit resultiert aus einem„ Spiel der Sprache “, das eine Naturtatsache in musikalische Vibrationen transponiert, um eine Idee, einen „ reinen Begriff “hervorzubringen. Im Wort ist nur noch die„ Reminiszenz “an den benannten Gegenstand enthalten. Das platonische Vokabular meint wohl nicht bloβen Platonismus, sondern drückt, wie Yves Bonnefoy annimmt, eine komplexe Dialektik aus, die jede Erfahrung, jede intellektuelle Vorstellung ins Vergessen geraten lässt und eine andere Wirklichkeit zeigt – ein Wort, das das Nichts verdeckt und das Wesen der Blume in einer künstlichen Zusammenführung von Sinn und Klang erfasst.15 Der flüchtige Prozeβ der Entrealisierung durch Sprache, das„ Wunder “des„ Fastverschwindens “des Naturgegenstands mündet ins Schweigen: Das vollkommene Gedicht wäre „ das schweigende Gedicht aus lauter Weiβ “.16 Wie man die Idee auch deutet – ein klaffender Gegensatz wird durch die Glanzleistung der Poesie bestätigt.
10Die poetische Evokation der Blume in Rilkes Rosenschale17 gestaltet die Begegnung von Bewuβtsein und Welt nach ganz anderen Modalitäten: nicht Verflüchtigung sondern Verdichtung, nicht Entrealisierung sondern Intensivierung der sinnlichen Präsenz, nicht fiktionaler Gegenentwurf zu dem bloβ Erlebten, sondern Rekapitulation aller Zusammenhänge von Innen und Auβen in der zum Kunst-Ding erhobenen Gestalt der Rose. Eine allseitige Osmose vollzieht sich, in der die Vollendung der Rose als die Zusammenfassung einer„ lebensweltlichen Totalität “erscheint; die Fremdheit zwischen Mensch und Ding ist aufgehoben, das als Naturgegenstand und Bewuβtseinsinhalt evozierte„ Roseninnere “ist mit dem Dichter-Herzen identisch, von dem es im Text über Anna de Noailles heiβt, daβ es die ganze Welt in sich aufnehme.18 Ist Mallarmés poetische Blume„ etwas anderes als die gewuβten Kelche “, die durch die„ Transposition “verdrängt werden, so lässt sich die Rose in Rilkes Gedicht umgekehrt definieren als ein Kunst-Phänomen, das nichts ausschlieβt, sondern jede Form des Erlebens und der Erkenntnis hereinnimmt.
11Zur Verdeutlichung jenes extremen Gegensatzes könnte man noch an das Bild der riesigen Blumen auf der Insel in Mallarmés Prose pour des Esseintes erinnern:
[…] | Gloire du long désir, Idées, |
12Hier fallen die vertikalen Linien des Bildes auf, die aufsteigende Bewegung der Sehnsucht in der Vision der Ideen. Selbst wenn diese Ideen für Mallarmé nicht mehr Transzendenz bedeuten, sondern nur noch deren notwendige poetische Fiktion, so werden sie doch nach dem Modell der Baudelaireschen Elévation gestaltet, also nach der Grundfigur metaphysischer Dichtung. Demgegenüber liest man in Rilkes Gedicht, dass die Rose„ nichts enthält als sich. / […] wenn Sich-enthalten heiβt: die Welt da drauβen / […] in eine Handvoll Inneres zu verwandeln. “Nicht die Dimension des Idealen wird durch Transposition in die Blume hineingesehen, sondern die Dimension der Totalität durch Verwandlung in die natürliche Blume hereingenommen.
13Dualismus kennzeichnet Mallarmés Evokationen der menschlichen Lage – in der früheren Phase wird Dualismus entweder durch unüberbrückbare Distanz oder durch ästhetische Fluchtphantasien moduliert.20 Später mündet die Konfrontation eindeutig in Vergeblichkeit und Verzweiflung. Dass Mallarmé die poetischen Vorstellungen als„ Fiktionen “betrachtet und ihnen so jeden Erkenntniswert abspricht, verstärkt den weltanschaulichen Gegensatz zu Rilke, was die Motivähnlichkeiten doch einigermaβen relativiert. Mallarmé ist aber genauso wie Rilke – und das ist ja das Paradoxe dabei – von der Immanenz als einziger Dimension des Lebens überzeugt:21 Idealismus ist demnach eine Konsequenz der Literatur, welche den Erkenntnisdrang des Menschen befriedigt – so ist unsere Kunst auf Erden„ reine Fiktion “, „ positivité créatrice “, die sich des Illusionscharakters des Absoluten bewusst ist und sich dennoch bemüht, „ la réjouissance idéale “zu gestalten, ein Feuerwerk, das sich nicht für einen„ Blitz aus dem Absoluten“22 hält. Literatur produziert also poetische Vorstellungen, deren Wesen„ Glanz “und„ Lüge “ist und ein gespaltenes Lebensgefühl in dualistisch geprägter Bildlichkeit ausdrücken. Demgegenüber gelingt es Rilke, die Erfahrung der Immanenz in der poetischen Vorstellung des Weltinnenraums so zu gestalten, dass die Polarität von Bewusstsein und Welt in Bildern der Osmose, des Dialogs oder der versuchten Annäherung vermittelt wird, und dass die sprachliche Fiktionalität solcher Vorstellungen schlieβlich zugunsten einer ernstzunehmenden Aussage in den Hintergrund gedrängt wird. Dies kann man an allen gern hervorgehobenen gemeinsamen Motiven feststellen – wie Tanz, Stern und Konstellation. Dazu noch einige Hinweise:
14Die Kritik einer Ballettaufführung23 ist für Mallarmé der Anlass zu einer Definition der Tänzerin, und darüber hinaus der Poesie als Ereignis – in der Flüchtigkeit der Transposition. In einer Steigerung der Abstraktion wird die Tänzerin zuerst ihrem Körper entzogen: 1. Sie ist keine Frau, die tanzt. 2. Sie ist keine Frau, sondern eine Metapher. 3. Sie tanzt nicht, sie suggeriert vielmehr. Was sie suggeriert, ist ein Wunder – ein Gedicht ohne Schrift: „ poëme dégagé de tout appareil du scribe “(„ Poem, losgelöst von allem Rüstzeug des Schreibers “). Und was dieses Gedicht in der abstrakten Schrift des Tanzes dem Zuschauer bietet, ist„ die Nacktheit [s] einer Begriffe “, „ sie schreibt [s] eine Vision in der Form eines Zeichens, dass sie da ist “.24 Solche Zeichen sind, wie Valéry von der Konstellation sagte, „ la figure d’une pensée “. Das platonische Vokabular täuscht eine Allgemeingültigkeit vor, die am Schluss des Textes durch radikale Partikularisierung dementiert wird („ [s] es concepts “, „ [s] a vision “): Die Transposition der Tänzerin evoziert einen Schöpfungsakt des Dichters, der nur für sich gilt und jeder Verbindlichkeit entbehrt. Rilkes Tanz-Figur ist – zumal in ihrer Komplexität – kaum damit zu vergleichen.
15Ich möchte nur auf ein Beispiel hinweisen, das bei gleicher auf Zeichen und Schrift verweisender Abstraktion eine entgegengesetzte Funktion der Dichtung dokumentiert. Die ersten Worte des 18. Sonetts aus dem 2. Teil lauten: „ Tänzerin: O du Verlegung / alles Vergehens in Gang […] “.25 Der abstrahierende Blick des Dichters führt hier in die Wirklichkeit zurück, verbindet das Kunst-Ereignis mit dem menschlichen Grund-Erlebnis der Vergänglichkeit und gewinnt der negativen Zeitlichkeit eine sinnvolle lebensorientierte Dynamik ab. Und am Ende des Sonetts erscheint„ das Bild “, das Kunst-Ding, das die für das Leben sinnvolle„ Zeichnung “festhält.
16Ein ähnlicher Kontrast zwischen glanzvoller Vergeblichkeit und erkenntnisträchtiger Imagination des abstrahierenden poetischen Entwurfs lässt sich am Beispiel der Konstellation beobachten – einem Motiv, an dem die Rilke-Forschung die Filiation der Rilkeschen Figur von Mallarmé erkannte. Die zwei berühmten Erscheinungen der„ constellation “finden sich im experimentellen Gedicht Un coup de dés und im Sonnet en yx, „ Ses purs ongles… “, das Mallarmé scherzhaft und selbstironisch als„ nichtiges, sich selbst meinendes Sonett “[„ sonnet nul “und„ allégorique de lui-même “] bezeichnete. Sie zeigen eine von Rilkes Vorstellungswelt denkbar entfernte Anwendung der Figur. Das Sonett, das auf der Spiegelung der Worte untereinander und der„ Magie des Reims “konstruiert ist, evoziert eine äuβerste Leere. Das von Rilke bewunderte Wort„ absence “wird unausgesprochen suggeriert. Der Raum ist leer, der Dichter ist in den Styx hinuntergestiegen, der im Spiegel reflektierte Kosmos ist leer, das Gedicht selbst reflektiert die eigene Sinnlosigkeit: Es identifiziert sich mit dem leeren Spiegel, in dem die Konstellation am Ende erscheint. Dies ist aber nicht – so kommentiert Bertrand Marchal – Wiederherstellung der zu Beginn desavouierten Transzendenz; das Sternbild ist nicht der„ wirkliche “ „ groβe Bär “, sondern dessen„ poetische Kontrafaktur “[„ simulacre poétique “]. Der sogenannte„ Septuor “, das Siebengestirn, ist die Selbstspiegelung des Gedichts mit seinen sieben Reimpaaren. Zwischen der Ohnmachtserklärung des Dichters im ersten Teil und der triumphierenden Parodie des Sternbilds im Schlussvers hat sich – so B. Marchal –„ die poetische Umkehrung des Nichts ins Positive “ereignet: „ Das Nichts ist zum Prinzip der poetischen Fiktion “ geworden, Anlass zur„ glorreichen Lüge “der nach Erkenntnis strebenden Literatur.26 Valérys Bericht von der Lektüre des verwandten Gedichts Un coup de dés, der sich auf Kants Betrachtung des Sternenhimmels bezieht, verhüllt nur mit idealisiertem Vokabular die scharfe nihilistische Einstellung des Dichters: „ der Imperativ einer Poesie “[„ l’impératif d’une poésie “], den der Dichter im Sternenhimmel erblickt haben mag, ist kein Weltgesetz, sondern der Betrug [„ supercherie “], der die Poesie zum Himmel erhebt.27 Im Grunde wird die radikale Entfremdung von Mensch und Welt dadurch besiegelt: „ Le néant du je devant le chiffre vain des étoiles “, meint Yves Bonnefoy in einer eindrücklichen Formulierung.28
17Dass Rilke das Erlebnis der unerreichbaren Ferne und des Nichts mit dem Sternbild-Motiv anders gestaltet und in ganz andere poetische Räume überführt als leere Gedichte, die sich selbst annulieren, bedarf keiner eingehenden Beweisführung. Allerdings sieht Rilke die Konstellation auch – so Ulrich Fülleborn – als„ eine [n] geistig entworfenen, geordneten Zusammenhang […] sonst getrennter Elemente “.29 Diese Figur ist aber nicht, wie für Mallarmé, das Zeichen einer unüberwindbaren Kluft zwischen dem schöpferischen Denken und der realen Welt, sondern gerade umgekehrt„ die erste Bedingung für ein gültiges dichterisches Sprechen “.30 Dazu nur ein paar Zitate – aus der 11. Antwort an Erika Mitterer: „ Auf meiner Sternenkarte such ich wieder / Dich und den graden weltischen Bezug “;31 aus einem späten Gedicht: „ Früher, wie oft, blieben wir, Stern in Stern, / wenn aus dem Sternbild der freiste, / jener Sprech-Stern hervortrat und rief “;32 und noch aus den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge: „ […] und die Sterne standen so wirklich da und gingen so bedeutend vor, und ich konnte nicht begreifen, wie man es hinter sich brachte, so viel Welt zu versäumen “.33 Das sind alles Bilder, die sich„ der Leere der Welt“34 entgegenstellen, und deren existentieller Ernst und existentielle Brauchbarkeit dadurch nicht beeinträchtigt werden, dass die versuchte Sinngebung auch ein poetischer Akt ist: Im Gegensatz zu Mallarmé stellt Rilke die poetisch demonstrierte Funktion der Dichtung nicht in Frage. Der Stern, bzw. das Sternbild, wird auch als geistige oder poetische Konstruktion gewonnen für die humane Gestaltung einer sonst erschreckenden Einsamkeit des Menschen im Kosmos.
18Auch das Fenstermotiv, das schon B. Allemann in Beziehung zu „ constellation “und Figur setzte, dient zur Gestaltung dieses Verhältnisses, während es Mallarmé zum Instrument der Illusion macht. Im Gedicht Les Fenêtres ist das Fenster kein Übergang, sondern Trompe-l’œil: „– Que la vitre soit l’art, soit la mysticité – “.35 Das Fenster bietet Illusionen, Kunst-mystische Träume, die den Dichter aus dem traurigen Spital [„ triste hôpital “] des irdischen Lebens trügerisch befreien. Für Rilke hat das Fenster eine viel freundlichere Funktion. Ich zitiere aus französischen Gedichten, wo die Gedanklichkeit deutlicher hervortritt, weil die sinnlich-üppige sprachliche Einkleidung fehlt: „ fenêtre, très simple forme / qui sans effort circonscris / notre vie énorme “;36 „ Prise par laquelle parmi nous s’égalise / le trop grand du dehors “;37 „ Fenêtre, qu’on cherche souvent / pour ajouter à la chambre comptée / tous les grands nombres indomptés / que la nuit va multipliant “;38 oder in der sachlichen Briefprosa: „ Das Fenster miβt uns den uns erträglichen Teil des Raums zu “.39 In der gleichen Funktion einer„ Daseins-Figur“40 verweist das Fenster bei Rilke also doch auf ein ganz anderes Dasein als bei Mallarmé.
19Um diese Beobachtungen über gemeinsame Motive im thematischen Komplex Mensch, Kunst und Welt abzuschlieβen, kann man versuchen, sie auf einen Grundgegensatz zurückzuführen. Mallarmés Dichtung ist auf die sogenannte Idee ausgerichtet. Was sie anstrebt und erreicht, ist, wie ein Mallarmé-Forscher sagte, „ un résultat pour la pensée “[ein Resultat für das Denken] – mit Mallarmés Worten„ la conception spirituelle du néant “.41 Rilkes Dichtung ist auf eine immanente Weltordnung ausgerichtet, die den Gedanken an das Nichts zwar nicht ausschlieβt, ihn aber in einer für das Leben erträglichen Weise integriert. Sie vermittelt Einsichten in Grundgesetze, die den Menschen mit dem„ Hiersein “versöhnen, „ Daseins- und Weltprozesse “ (M. Engel), die Rilke im Vertrauen auf die Begrifflichkeit des Französischen „ la sainte loi des contrastes “oder„ les ordres complémentaires “nannte. Seine Dichtung ist – so könnte man kontrastiv und vereinfachend sagen – bemüht um ein Resultat für das Leben.
20Dass es sich nicht um eine naiv-harmonische Weltsicht handelt, braucht nicht erwähnt zu werden. Die angestrebte„ Vollzähligkeit “umfasst „ auch noch das Vernichtende “.42 Das Ästhetische ist auch als menschliche Grunderfahrung in die Prozesse integriert.„ […] das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang […] “sagt die erste Elegie.43 Demgegenüber liest man bei Mallarmé: „ Après avoir trouvé le néant, j’ai trouvé le Beau “.44 Dies ist ein genau entgegengesetzter Vorgang: das Schöne als Ausweg, die Dichtung als glänzende aber vergebliche Zurückweisung des Nichts. Auch Baudelaire hat ähnlich dualistisch gedacht, nur dass er im Gegensatz zu Mallarmé noch an das Ideal glaubte. Dass Rilke bei seiner Baudelaire-Lektüre gerade dies übersah oder missverstand, ist ein weiteres Zeichen für seine weltanschauliche Distanz zu den französischen Vorläufern, und weist ihn eindeutig als Nietzsche-Erben aus, der die Nihilismus-Erfahrung nicht erst aus der idealistischen Einstellung verarbeiten musste, sondern davon ausging als einer Voraussetzung seiner Dichtung.
21Um diese knappe historische Perspektivierung zu ergänzen, seien noch zwei Faktoren kurz erwähnt, gegen die sich Rilkes orphisches Projekt kontrastiv abgrenzen lässt: Nietzsches Kunst-Utopie und die Ambiguität von Mallarmés kosmischem Denken.
22Dass die Befreiung des Menschen aus dem Idealismus die Rückgewinnung der Transzendenzerfahrung für die Dimension der Immanenz erfordert, ist auch eine Lehre Nietzsches, die sich Rilke schon früh aneignet. So heiβt es im Florenzer Tagebuch:
Wir brauchen die Ewigkeit, denn nur sie gibt unseren Gesten Raum, und doch wissen wir uns in enger Endlichkeit. Wir müssen also innerhalb dieser Schranken eine Unendlichkeit schaffen, da wir an die Grenzenlosigkeit nicht mehr glauben.45
23Die Poetik Rilkes ist in diesen Bildern schon enthalten: die Ablehnung der Metaphysik, vor allem die Bejahung der Endlichkeit und das paradoxe Korrelat dazu, das Streben nach dem Unendlichen als der unerschöpflichen Endlichkeit der Welt und schlieβlich die transzendente Macht des schöpferischen Geistes. Mallarmé hingegen verabscheut die Endlichkeit, die er durch Poesie überwinden will.46 Allerdigs meint er auch: „ N’est que ce qui est “.47 aber dieser „ Immanentismus “ist noch in der dualistischen Denkweise und Bildlichkeit befangen.
24Mallarmé musste da zwei Einsichten entbehren, die Rilke ganz bestimmt von Nietzsche übernahm und die seine Poetik in eine ganz andere Richtung führte als das von Benn formulierte„ Nichts, aber darüber Glasur“48: Erstens die Einsicht in die Fähigkeit der Sprache, die Dinge zu verwandeln, einer Sprache, die sich der Dinge annimmt, um sie in den Raum des Unendlichen zu überführen. Schon für Zarathustra ist das Endliche der Ort der unerhörten Worte – so in Ecce Homo:
Es gibt […] keine Kunst zu reden vor Zarathustra: das Nächste, das Alltäglichste redet hier von unerhörten Dingen. […] Die mächtigste Kraft zum Gleichnis, die bisher da war, ist arm und Spielerei gegen die Rückkehr der Sprache zur Natur der Bildlichkeit.49
25Die zweite Einsicht ist dann die damit verbundene Stellung und Funktion des Dichters, wie sie Rilke etwa im Prosatext Über den Dichter formuliert: Einverständnis mit dem Realen und Hingabe an das Unendliche.50 Rilke fügt eine Reflexion hinzu, die bei Nietzsche in dieser Form nicht zu finden ist, die Überzeugung von der„ Wirkung [des Dichters] innerhalb der Zeit“51 als einer Vermittlung zwischen der Immanenz und ihrer Dimension der Unendlichkeit. In der späteren Vorrede zu einer Vorlesung aus eigenen Werken beschreibt er die poetische Kommunikation als„ ein [en] Beistand gewissermaβen auf fernste, äuβerste Distanz, [einen] Zuspruch mit dem Coefficienten unendlich –; “.52 Einen solchen Zuspruch kann der Mallarmé-Leser selbstverständlich sowenig erwarten, wie das von Rilke erhoffte„ lyrische Begreifen “aller Erscheinung, das er in demselben Text definiert als die„ Aufgabe “, „ die Weite, Vielfältigkeit, ja Vollzähligkeit der Welt in reinen Beweisen vorzuführen “.53 Jedoch fühlte sich Mallarmé auch von einer solchen Totalitätserfahrung angezogen, was von den Idealisten unter seinen Anhängern verkannt wurde und die schwer auflösbare Ambiguität seiner Poetik ausmacht. Mallarmés poetisches Denken, insbesondere seine Sprachreflexion, ist auch um den Ursprung bemüht, um den nicht-rationalen Zusammenhang von Welt und Wort. Y. Bonnefoy erinnert daran, dass der junge Mallarmé durch die„ groβen Strukturen des archaischen Denkens “ fasziniert war, dass er den Weg von der Erscheinung zum Wesen gern gegangen wäre – nur dass die moderne Sprache die dazu nötigen Voraussetzungen nicht mehr erfüllte.54 Mallarmés Erkenntnisdrang ist auf das Weltganze ausgerichtet, das er in ambivalenter Weise zu erfassen versucht: Einerseits erklärt er in seinem Brief an Villiers-de-l’Isle-Adam, er habe das verstanden, was er„ la corrélation intime de la Poésie avec l’univers“55 nennt, und beschreibt eine Erfahrung des Absoluten, die ihn in die Nähe der Mystiker bringt. Andrerseits betrachtet er die Natur als ursprüngliche Tatsache: „ La Nature a lieu “[„ Die Natur findet statt“56], bemüht sich, „ die Beziehungen zu erfassen “[„ saisir les rapports“57], und nimmt sich vor, „ das Schauspiel der Materie “[„ le spectacle de la matière“58] in seine Dichtung aufzunehmen. In seiner Rede La musique et les Lettres unterscheidet er die beiden Künste als die zwei Seiten eines und desselben Phänomens, der Idee – die eine, „ funkelnd […], mit Gewissheit “, „ die Musik “; die andere„ zum Dunkel ausgeweitet “, „ die Literae [recte: Litterae] “.59 Dieser Ambivalenz entspricht das im Brief an Verlaine formulierte poetische Programm: „ l’explication orphique de la terre “, als Antwort auf die sogenannte „ groβe homerische Abweichung “, das heiβt die rationelle, mimetische Literatur. Die orphische Auslegung umfasst„ das Mysterium “und„ die Finsternis “– einerseits die magische Beschwörung der Blume durch einen„ Namen “, wie im Toast funèbre für Théophile Gautier, andererseits eine Einheitserfahrung, die die Sehnsucht nach vorsprachlichen Zuständen erweckt – so im Brief vom 27. Mai 1867 an Lefebure über das Zirpen einer Grille: „ tout le bonheur qu’a la terre de ne pas être décomposée en matière et en esprit était dans son unique chant de grillon “.60 Später werden Lord Chandos und Malte auch von einer solchen Sprache träumen. Es ist aber wenig wahrscheinlich, dass hier ein Zusammenhang mit dieser damals wenig bekannten Seite von Mallarmés Denken bestehen könnte. Mallarmés Traum von der„ orphischen Auslegung “ konnte nicht verwirklicht werden. Seine Bilder der poetischen Erkenntnis waren allzu sehr vom idealistisch-romantischen Orpheus-Modell geprägt und vor allem – was damit zusammenhängt – von einer radikalen Intellektualität, die das archaische Mythos-Denken auβer Kraft setzte.„ Fiction “, „ mécanisme littéraire “, und in der Definition der orphischen Auslegung selbst„ jeu littéraire par excellence“61 – das sind Begriffe, die das poetische Verfahren als Illusionskunst definieren und, wie die Transposition, eine unüberwindliche Dualität voraussetzen. Demgegenüber ist Rilkes orphische Verwandlung des Irdischen eine –wie er sagte –„ berechtigte Aufgabe “, und der Versuch, die „ Vollzähligkeit der Welt […] vorzuführen “.62 Einen genaueren Gegensatz zur Mallarméschen„ absence “kann man sich kaum vorstellen.
26Man könnte versucht sein, Mallarmés Begriffe„ Fiktion “und„ glorreiche Lüge “mit Nietzsches„ Lüge “zu vergleichen, die bekanntlich„ nötig ist “, „ um zu leben “.63 Mallarmés Radikalisierung der Ästhetik ist dem Prinzip der Geburt der Tragödie nicht unähnlich: „ Das ganze Buch kennt nur einen Künstler-Sinn und Hinter-Sinn hinter allem Geschehen “.64 Dass Nietzsches Reflexion mit der Begründung der Lyrik vom Tragischen her, der Bejahung des Lebens und der Kunst-Metaphysik, ganz andere Voraussetzungen und Implikationen hat, liegt auf der Hand, obwohl diese Vorstellungen im Gemeingut der Poetik um die Jahrhundertwende mehr oder weniger miteinander verschmolzen.
27Rilkes orphisches Projekt wurde nicht selten mit Mallarmé in Verbindung gebracht. Ich möchte hier nun andeutungsweise und vor allem auf der Grundlage des bisherigen Vergleichs die Ansicht vertreten, dass Rilkes orphische Konzeption sich eher in der Auseinandersetzung mit Nietzsche als in der Nachfolge Mallarmés entwickelte.
28Auf die komplexe Entstehung der Orpheus-Figur im Zusammenhang mit Nietzsches Weltgefühl und Dichterfiguren kann ich nicht eingehen, ich möchte zuerst nur einiges hervorheben, was sich ohne weiteres als Gegensatz zu Mallarmé verstehen lässt, zum Beispiel das exklusive„ Ja-Sagen zum Leben “,65 die„ Treue zur Erde “als Verpflichtung des Künstlers,66 die Erde als unerschöpfliches Feld der Kunst,67 und nicht zuletzt eine seinserschlieβende Erfassung der Dinge durch die Sprache: „ Hier kommen alle Dinge liebkosend zu deiner Rede und schmeicheln dir. […] Hier springen dir alle Seins-Worte und Wortschreine auf; alles Sein will hier Wort werden […] “.68
29Die Entwicklung von Zarathustra zu Dionysos zeigt aber eine Radikalisierung der Kunstutopie, die Rilke auch aufgrund des extremen Subjektivismus nicht mitmachen konnte. Wenn Zarathustra seine Seele „ singen hieβ “,69 so sind die Dionysos-Dithyramben im Gegenteil eine selbstzerstörerische Befreiung.70 Von dieser Tragik wendet sich Rilke ab: Sein Orpheus erfüllt, was Nietzsches„ neue Seele “versäumte: „ Sie hätte singen sollen diese neue Seele – und nicht reden! Wie schade, daβ ich, was ich damals zu sagen hatte, es nicht als Dichter zu sagen wagte “.71 Rilke sagte es als Dichter nach dem Modell des von ihm bewunderten (und in dieser Hinsicht missverstandenen) Baudelaire, als Dichter, der„ die Welt einigt. “Sein Orpheus geht – wenn ich sagen darf – eine Art Mittelweg, wo der„ Gesang “ bei allen Autonomisierungstendenzen der Sprache nicht in Mallarmés„ reinste Gletscher der Ästhetik “entflieht, sondern dem Nietzscheschen„ Sinn der Erde “verpflichtet bleibt.
30Dass hinter der Harmonisierung von Sein und Werden, wie sie in den Sonetten an Orpheus gegen Nietzsches„ radikal [e] Ablehnung auch selbst des Begriffs Sein“72 gepriesen wird, nicht nur ein restaurativer weltanschaulicher Kompromiss steht, sondern vor allem eine ästhetische Antwort auf die von Nietzsche dargestellte Krise, zeigen – unter anderen Beispielen –Anfang und Ende der Elegie an Marina Zwetajewa. Das Gedicht wird mit einer Meditation eröffnet, die an die Themen des späten Nietzsche, die Nichtigkeit des Menschendaseins vor dem groβen Weltchaos, erinnert: „ Wäre denn alles ein Spiel, Wechsel des Gleichen, Verschiebung, / nirgends ein Name und kaum irgendwo heimisch Gewinn? “.73 Am Ende aber fügt sich die Existenz in den ewigen orphischen Kreis ein: „ […] Wir in das Kreisen bezogen / füllten zum Ganzen uns an wie die Scheibe des Monds. “Aber in der Schlussbetrachtung wirkt eine Reminiszenz an Nietzsche wie eine leise Dissonanz mit einem Unterton der Verzweiflung: „ Auch in abnehmender Frist, auch in den Wochen der Wendung / niemand verhülfe uns je wieder zum Vollsein, als der / einsame eigene Gang über der schlaflosen Landschaft “.74 Vielleicht erinnert sich Rilke hier an Zarathustras einsamen Gang durch die Wüste, nur dass er mit seinem Bild des sich„ zur Vollkommenheit “ ergänzenden Lebens die extremen Konsequenzen von Nietzsches Kunstutopie meidet, jenen„ Entwurf des Ich zur tragischen Dissonanz “.75
31Zusammenfassend möchte ich nun Valéry sozusagen zu Rate ziehen, und seine Stimme im Modus der Fiktion in diese Diskussion um den poetologischen Zusammenhang von Rilke und Mallarmé einführen. Valéry ist Rilkes poetische Referenz der letzten Jahre. Nun war Valéry unter den Schülern Mallarmés derjenige, der die Lehre des Meisters am meisten radikalisierte und einseitig auf Autonomisierung der Sprechphänomene lenkte. Wenn man einige der daraus hervorgegangenen poetologischen Prinzipien mit Rilkes Dichtung vergleicht, muss man feststellen, dass Rilkes Modernität auch andere Voraussetzungen haben soll als die Weiterführung von Mallarmés Ansätzen. Es geht hier wohlgemerkt nicht um geistige Begegnung oder seelische Verwandtschaft, sondern um Poetik im literarhistorischen Kontext der Jahrhundertwende.
32Was zuerst allgemein die Rezeption des Symbolismus betrifft und dessen „ lebensphilosophische Umdeutung “,76 so muss man an Valérys Urteil über Henri Bergson erinnern: „ […] une théorie de l’élan vital ne convient pas à mon genre d’esprit […]. Je crois n’avoir jamais […] prononcé le mot de Devenir […] “.77 Die vitalistische Schlusswendung im Cimetière Marin wäre also vielmehr existentielle Ermunterung als weltanschauliches Prinzip. Mit der Lebensphilosophie geht tatsächlich vieles vom Symbolismus verloren, insbesondere der für Mallarmés Poetik grundlegende absolute Vorrang des Schönen. Valéry erklärt in einer Notiz: „ C’est en 1900 que le mot Beauté a commencé à disparaître. Il a été remplacé par un autre mot, qui, depuis, a fait son chemin: le mot “Vie”. Et cela, c’est capital “.78 Tatsächlich war diese Wandlung entscheidend für das Verständnis von Wesen und Ursprung der Dichtung und bildet auch einen Grundunterschied zwischen Mallarmé und Rilke.
33Ein weiterer Grundunterschied ist der Gegensatz von Ding und Figur, den Valéry auch von Mallarmé übernahm und verschärfte: „ Les choses me faisaient sourire de pitié. […] Je savais que l’essentiel était figure “.79 Valérys Erklärung für diese Einstellung entspricht ganz dem Verfahren von Mallarmés „ Abolition “: „ […] c’était une sorte de mysticisme, puisque c’était faire dépendre le monde sensible aux yeux, d’un monde sensible à l’esprit […] “.80 In Mallarmés Dichtung sind die Dinge immer herrlich und fast durchsichtig, dem Verschwinden nahe. Bei Rilke sind es„ die belebten, die erlebten, die uns mitwissenden Dinge “.81Auch die Figur, die abstrakte Form des Zusammenhangs, integriert die materielle Konsistenz des Dinges, setzt sich nicht gegen sie durch. Die Sprachlichkeit der Figur wird ebenfalls anders verstanden. Die Figur ist für Valéry ein Produkt der Sprache,82 eine Aktualisierungsmöglichkeit unter vielen, sie resultiert nach Valérys Vergleich aus seiner chemischen Reaktion.83 Dabei ist die Sprache wie„ eine Sprachgottheit, erleuchtet durch die Allmacht der Gesamtheit der Wörter “.84 Im Gegensatz dazu steht die schon vom jungen Rilke unter Nietzsches Einfluss formulierte Anweisung, der Künstler solle das„ Rufen der Dinge “, „ d [en] Wunsch der Dinge, seine Sprache zu sein “ vernehmen.85 Über die Relation von Dichtung und Welt entscheidet für Valéry also – und das ist die Weiterführung von Mallarmés Position – die Autorität der Sprache, für Rilke im Gegenteil die Autorität der Welt.
34Auch die vielbesprochene Tendenz zur Entpersönlichung, die als ein allgemeiner Zug der postsymbolistischen Lyrik angesehen wird, ist von der Sprachkonzeption unterschiedlich determiniert. Die Konsequenz der poetischen Arbeit besteht für Valéry darin, dass die natürliche Sprache in eine„ widerstandsfähige, seelenfremde Materie “verwandelt wird.86 So groβ das Artifizielle an Rilkes Sprache auch ist, so lässt es sich doch als artistische Annäherung an die Grundgegebenheiten von Natur und Menschsein verstehen, nicht als Gegensatz dazu. Die Parole der Wendung („ tue nun Herz-Werk“87), die Evokationen des Dichter-Herzens, das Bild von den„ klar geschlagenen Hämmern des Herzens “in der 10. Elegie,88 kombiniert mit dem Auftrag zu„ sagen “in der 9. Elegie,89 die„ Stimmen “, auf die das Herz in der 1. Elegie90 hören muss: Solche Bilder deuten auf eine Poetik, die den Ursprung der Dichtung woanders situierte, als in der allmächtigen Sprache, und sich vornimmt, das in Worte umzusetzen, was von einer anderen verborgenen Instanz inspiriert wird. Auch der Traum von„ einer Stimme “, die„ ein einziger Schrei [wäre] für alles“91, setzt eine Sprachkonzeption voraus, die nicht nur mit dem Valéryschen„ physique du discours “(d.h. Rhythmus, Töne, Vibrationen, alles das, was das Melos von Valérys Dichtung ausmacht) zusammenhängt, sondern mit all dem, was Valéry verpönt: Erleben, Affekt, Emotion. Eine der groβen Leistungen Rilkes ist ja, dass er die alte zusammengeschrumpfte Innerlichkeit ungemein erweiterte und erneuerte. Demgegenüber bot Valéry ein ganz anderes Modell der Dichtung: Poesie als Hymne an die Schönheit und, wie Celan von der Jungen Parze sagte, „ théâtre de l’intellect “, nicht existentielles Engagement sondern kalte, berechnende Beobachtung des unaufhellbaren Gegenübers von Bewuβtsein und Welt. Was Mallarmé in Igitur noch als Drama der Dichterexistenz gestaltete, machte Valéry zum Gegenstand poetisch-intellektueller Erkundung. Eine solche Nachfolge konnte Rilke nicht antreten.
35Die letzte Divergenz, die ich noch hervorheben möchte, betrifft die Verbindlichkeit der Aussage (was natürlich nicht Eindeutigkeit meint) und damit zusammenhängend die Funktion des Dichters. Valérys scherzhaft-ironische Behauptung ist bekannt: „ Mes vers ont le sens qu’on leur prête “. In der gemäβigteren Fassung heiβt es immerhin: „ Il faut que dans un poème le sens ne puisse l’emporter sur la forme “.92 Dieses Misstrauen gegen jede Festlegung der Relation von Wort und Bedeutung hängt mit seiner Überbetonung der „ physischen “Komponente der Rede zusammen. Diese Sprachkonzeption, der Traum einer„ bedeutungsfreien Relation “der Worte untereinander, geht auch mit seinem„ Erkenntnisnihilismus “,93 mit der Radikalisierung von Mallarmés Fiktions-Gedanken einher. Demgegenüber stehen bei Rilke etwa Maltes Verheiβung von der„ anderen Auslegung “,94 der unermüdliche Versuch, „ das Unfaβliche“95 durch sinnvolle poetische Gestaltung erträglich zu machen, die Überzeugung von dem Auftrag der Dichtung und von der Gültigkeit des Dichterwortes. Dies ist bei den französischen Vorbildern anders. J.L. Backès bemerkte, dass es Mallarmé nicht gelang, eine überzeugende Formulierung für die Rolle des Dichters in der Gesellschaft zu finden: Schauspieler, Gaukler, Dirigent, Magier, Priester… sind lauter Metaphern, von denen keine zutraf.96 Auch„ der Artist als Statthalter “ist nur Adornos philosophisches Konstrukt,97 nicht Valérys Vorstellung vom Dichter. Demgegenüber ist Rilkes Orpheus, auch als poetische Konstruktion, ein unerhörter Versuch, die Souveränität des Dichters in seiner Zeit ästhetisch und existentiell zu begründen. Auch die Restauration der Autorität der Dichtung, und nicht nur die Erneuerung der Formensprache, sollte man also zur Beurteilung von Rilkes Standort in der Literatur der Moderne berücksichtigen. Denn beide konträre Leistungen sind von derselben Krise bedingt – und ihre Zusammenwirkung macht, wenn ich ein Wort Celans benutzen darf, Rilkes„ fremde Nähe “zum Symbolismus aus.
Notes de bas de page
1 Der vorliegende Artikel ist der unveränderte Text eines Vortrags, der am 19. September 2008 im Rahmen des von der Université de la Sorbonne Nouvelle – Paris III und der internationalen Rilke-Gesellschaft veranstalteten Pariser Kolloquiums„ Vivre n’est qu’un écho “- Rilke à Paris 1920/1925 gehalten wurde.
2 Bernard Dieterle, „ Das übersetzerische Werk “, Rilke-Handbuch. Leben-Werk-Wirkung, hrsg. von Manfred Engel, Stuttgart, Metzler, 2004, S. 475. [= Rilke-Hdb.]
3 Brief an Rudolf Bodländer (23. Mai 1922). Zit. Roger Bauer: „ Rilke, traducteur de Mallarmé: de ‚Tombeau‘ à ‚Das Grabmal‘ “, Blätter der Rilke-Gesellschaft, Heft 19/1992, Rilke und Frankreich, Sigmaringen, Jan Thorbecke Verlag, 1993, S. 59.
4 Beda Allemann, „ Rilke und Mallarmé: Entwicklung einer Grundfrage der symbolistischen Poetik “, Rilke in neuer Sicht, hrsg. von Käthe Hamburger, Stuttgart, Kohlhammer, 1971, S. 67.
5 Hugo Friedrich, Die Struktur der modernen Lyrik, Hamburg, Rowohlt, 1956.
6 Manfred Engel, Rainer Maria Rilkes„ Duineser Elegien “und die moderne deutsche Lyrik. Zwischen Jahrhundertwende und Avantgarde, Stuttgart, Metzler, 1986, S. 43- 120.
7 Rilke-Hdb, op. cit., S. 507-528.
8 Beda Allemann, op. cit., S. 75.
9 Ebd., S. 74.
10 Rilke-Hdb, op. cit., S. 418.
11 Etwa in der Deutung der Figur Homers, der im Gegensatz zu Orpheus die richtige Wendung nimmt, weil er hinuntersteigt – in die Welt der Absenz und des Nicht-Seins: „ Cet acquiescement à la négativité correspond, sur le plan linguistique, à la perte d’une priorité située dans le référent et permet l’éclosion du langage poétique de la figure. “Zit. nach Karine Winkelvoss, Rilke, la pensée des yeux, Paris/Asnières, PIA, 2004, S. 108-109.
12 B. Allemann, op. cit., S. 67.
13 Paul Hoffmann, Symbolismus, München, Fink (UTB), 1987, S. 199.
14 Stéphane Mallarmé, Œuvres complètes, Paris, Gallimard, (= Bibliothèque de la Pléiade), 1945, S. 368.
15 Yves Bonnefoy, Préface, S. Mallarmé, Poésies, Paris, Gallimard, NRF, 1992, S. XVIII und XXVIII.
16 Ebd., S. 367. Übersetzung Hugo Friedrich, op. cit., S. 118.
17 Neue Gedichte, Rainer Maria Rilke, Sämtliche Werke I, hrsg. von Ernst Zinn, Frankfurt a.M., Insel, 1966 [= SW], S. 552-554.
18 Die Bücher einer Liebenden, SW VI (ebd.), S. 1016-1020, hier S. 1018.
19 Œuvres complètes, op. cit., S. 56. Gerhard Goebels Übersetzung lautet: „ […] Derart, unermeβlich, daβ jede / Für gewöhnlich sich schmückte mit / Einem klaren Umriβ, der Lücke, / Welche den Gärten sie enthob. // Glorie langer Begier, Ideen - / Alles in mir hob sich empor, / Zu sehn, wie die Iridazeen: Aufschossen zu solch neuer Pflicht, […] “ S. Mallarmé, Gedichte. Französisch und deutsch. Neu übersetzt und kommentiert von Gerhard Goebel, Gerlingen, Schneider, 1993, Bd 1, S. 101-103.
20 Zum Beispiel: „ De l’éternel azur la sereine ironie / Accable, belle indolemment comme les fleurs, / Le poëte impuissant qui maudit son génie / À travers un désert stérile de Douleurs. “L’Azur, Œuvres complètes, op. cit., S. 37. (=„ Des ewigen Azurs Ironie voll heitrer Ruhe / Bedrückt, wie Blumen unbekümmert schön, mit Scham / Den versagenden Dichter, der flucht seinem Genius / Über ödes Gefilde von SCHMERZEN hinweg. “Übersetz. R. Goebel, ebd., S. 63). Oder: „ […] Je me mire et me vois ange! […] “Les Fenêtres, op. cit., S. 33. (=„ […] Spiegle ich mich und seh als Engel mich! […] “Ebd., S. 49).
21 So in Henri de Régnier, Les Cahiers inédits, 1887-1936, hrsg. von D.J. Niederhauer / F. Broche, Paris, Pygmalion, 2002, S. 319: „ La vérité est que pour l’homme, l’au-delà est en lui-même. L’au-delà est la connaissance du monde. […] L’acquisition de cette connaissance, je l’appelle la littérature. […] Dès qu’il y a littérature, il y a idéalisme. “
22 „ des feux d’artifice qui ne se prennent [ni ne se donnent] plus pour des éclairs d’absolu “Bertrand Marchal, Préface, in Stéphane Mallarmé, Igitur, Divagations, Un coup de dés, Paris, Gallimard, 2003, S. 19.
23 Crayonné au théâtre. Ballets, Mallarmé, Œuvres complètes, op. cit., S. 304. Übersetzung R. Goebbel, S.M. Kritische Schriften. Französisch und deutsch, Gerlingen, Schneider, 1998, S. 171.
24 Übersetz. Goebbel, ebd., S. 179. („ […] elle te livre la nudité de tes concepts et silencieusement écrira ta vision à la façon d’un Signe, qu’elle est. “ S.M., ebd., S. 307.)
25 R.M. Rilke, Die Sonette an Orpheus, SW II, op. cit., S. 763.
26 B. Marchal, op. cit., S. 241.
27 P. Valéry, Variété II. Zit. S. Mallarmé, Œuvres complètes, op. cit., S. 1582.
28 Op. cit.
29 In R.M. Rilke, Werke. Kommentierte Ausgabe in 4 Bänden, hrsg. von M. Engel / U. Fülleborn u.a., Frankfurt a. M., Insel, 1996, Band II, S. 860.
30 U. Fülleborn, ebd.
31 R.M. Rilke, SW II, op. cit., S. 313.
32 Ebd., S. 508.
33 SW VI, op. cit., S. 894.
34 So im Capreser Gedicht Sonnen-Untergang, Werke I, op. cit., S. 398.
35 S. Mallarmé, Œuvres complètes, op. cit., S. 32-33. (=„– Sei die Glasscheibe Kunst, sei sie mystischer Kult – “. Übersetz. Goebbel, op. cit., S. 47-49).
36 SW II, op. cit., S. 587.
37 Ebd., S. 588.
38 Ebd., S. 590.
39 Rilke-Handbuch, op. cit., S. 445.
40 M. Engel, ebd., S. 446.
41 Zit. Y. Bonnefoy, op. cit., S. XXXVI.
42 Baudelaire-Gedicht, SW II, op. cit., S. 246.
43 Werke II, op. cit., S. 201.
44 Brief an Cazales, Œuvres complètes, op. cit., S. 1866.
45 Rilke, Tagebücher aus der Frühzeit, hrsg. von Ruth Sieber-Rilke / Carl Sieber, Frankfurt a. M., Insel, 1973, S. 62.
46 Siehe dazu Y. Bonnefoy, op. cit., S. XI.
47 La Musique et les Lettres, Œuvres complètes (Anm. 14), S. 647.
48 Gottfried Benn, Lebensweg eines Intellektualisten. Gesammelte Werke IV, Stuttgart, Klett, 1986, S. 42.
49 F. Nietzsche, Ecce homo. Werke in 3 Bänden, hrsg. von Karl Schlechta, München, Hanser, 1966 [= NW], Bd. II, S. 1135.
50 SW VI, op. cit., S. 1025 und 1033.
51 Ebd.
52 Ebd., S. 1096.
53 Ebd., S. 1097.
54 Y. Bonnefoy, op. cit., S. VIII-IX.
55 Brief (27. September 1867), Zit. Ludwig Lehnen, Mallarmé et Stefan George. Politiques de la poésie à l’époque du symbolisme, Paris, Presses de l’Université Paris-Sorbonne, 2010, S. 103.
56 La Musique et les Lettres, op. cit., S. 647, Übersetz. Goebbel, op. cit., S. 103.
57 Ebd. Übersetz. ebd, S. 105.
58 Ebd.
59 „ scintillante, […] avec certitude “;„ élargie vers l’azur “, Œuvres complètes, op. cit., S. 649, Übersetz. Goebbel, op. cit., S. 109.
60 Zit. L. Lehnen, op. cit., S. 119.
61 La Musique et les Lettres, Œuvres complètes, op. cit., S. 647.
62 Vorrede zu einer Vorlesung aus eigenen Werken, op. cit., S. 1097.
63 „ Daβ die Lüge nötig ist, um zu leben, das gehört selbst noch mit zu diesem furchtbaren und fragwürdigen Charakter des Daseins. “ F. Nietzsche, Nachlaβ, NW III, op. cit., S. 691-692.
64 Versuch einer Selbstkritik, NW I (ebd.), S. 14.
65 Götzen-Dämmerung. Was ich den Alten verdanke, NW II, ebd., S. 1023.
66 „ Bleibt der Erde treu “, sagt Zarathustra (NW II, ebd., S. 280).
67 „ Unerschöpft und unentdeckt ist immer noch Mensch und Menschenerde “, sagt Zarathustra. Ebd., S. 339.
68 Ecce homo, NW II, ebd., S. 1132.
69 NW II, ebd., S. 469.
70 „ Bei Nietzsche wird die Aufsprengung des Ich zum heroischen Befreiungsakt, [zum] Entwurf des Ich zu tragischer Dissonanz […] “. Gerhard Kaiser, Geschichte der deutschen Lyrik von Heine bis zur Gegenwart, Frankfurt a. M., Suhrkamp, 1991, Bd I, S. 338.
71 NW I, op. cit., S. 12.
72 „ […] das Werden, mit radikaler Ablehnung auch selbst des Begriffs ‚Sein‘ […] “. Ecce homo, NW II (ebd.), S. 1111.
73 Rilke, SW II, op. cit., S. 271.
74 Ebd., S. 273.
75 G. Kaiser, op. cit., Siehe dazu Rilkes Brief an Gräfin Sizzo (6. Januar 1923): „ Wie der Mond, so hat gewiβ das Leben eine uns dauernd abgewendete Seite, die nicht sein Gegenteil ist, sondern seine Ergänzung zur Vollkommenheit, zur Vollzähligkeit, zu der wirklich heilen und vollen Sphäre und Kugel des Seins. “Rilke, Briefe, hrsg. von Karl Altheim, Frankfurt a. M., Insel, 1980, S. 806-807. Siehe auch Rilkes Vorrede zu einer Vorlesung aus eigenen Werken, op. cit., S. 1098.
76 Manfred Engel, Rilke-Handbuch, op. cit., S. 52.
77 Paul Valéry, Mauvaises pensées et autres, Œuvres II, hrsg. von Jean Hytier, Paris, Gallimard, (= Bibliothèque de la Pléiade), 1957, S. 1496.
78 Ebd., S. 1554.
79 Ebd., S. 1534.
80 Ebd.
81 Rilke, Briefe, op. cit., S. 269.
82 Œuvres I, op. cit., S. 656: „ point de sens, point d’idée qui ne soit l’acte de quelque figure remarquable, construite de timbres, de durées et d’intensités. “
83 Ebd., S. 1489: „ comme une combinaison infinie se précipite d’un mélange “.
84 Œuvres II, op. cit.: „ une divinité du langage, – qu’illumine la Toute-Puissance de l’Ensemble des Mots “.
85 „ Die Kunst ist der dunkle Wunsch der Dinge. Sie wollen alle Bilder unserer Geheimnisse sein. Gerne lassen sie ihren welken Sinn los, um irgend eine unserer schweren Sehnsüchte zu tragen. […] Das ist das Rufen, das der Künstler vernimmt: der Wunsch der Dinge, seine Sprache zu sein. “Aufzeichnung über Kunst, SW VI, op. cit., S. 1161-1162.
86 „ Les exigences d’une stricte prosodie sont l’artifice qui confère au langage naturel les qualités d’une matière résistante, étrangère à notre âme, et comme sourde à nos désirs. “Variété, Œuvres I, op. cit., S. 480.
87 SW II, op. cit., S. 83.
88 SW I, op. cit., S. 721.
89 Ebd., S. 718.
90 „ Stimmen, Stimmen; Höre, mein Herz, wie sonst nur / Heilige hörten […] “Ebd., S. 687.
91 II. Improvisation aus dem Capreser Winter, SW II, op. cit., S. 13.
92 Œuvres I, op. cit., p. 1510.
93 Hugo Friedrich, op. cit., S. 184;„ Poesie ist eine tief skeptische Kunst “(Ebd., S. 162).
94 SW VI, op. cit., S. 756.
95 „ […] wie ist es möglich zu leben, wenn doch die Elemente dieses Lebens uns völlig unfaβlich sind “. Brief an Lotte Hepner, 8. November 1915, op. cit., S. 510.
96 Jean-Louis Backès, Poésies de Mallarmé, Paris, Hachette, 1973, S. 183.
97 Theodor W. Adorno, Der Artist als Statthalter. In: Noten zur Literatur, Frankfurt a. M., Suhrkamp, 1974, S. 114-126.
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